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Transparenz-Skandal um Wiener U-Kommission

Zur Sache

Der Transparenz-Skandal der Wien Energie geht weiter und zieht Kreise bis in die Untersuchungs-Kommission, die auf Antrag von ÖVP und FPÖ noch heuer starten soll. Anlass: Wiens Bürgermeister gewährte der Wien-Energie im Alleingang ein Darlehen über 1,4 Milliarden-Euro. Nun gibt es Probleme beim Einsetzungsantrag für die Kommission. Darüber und letztendlich über den Prüfumfang der U-Kommission entscheidet nämlich der SPÖ-Abgeordnete Thomas Reindl. Dieser versucht, so viele Punkte des Antrags wie möglich zu streichen. Zur-Sachte hat den Sachverhalt zusammengefasst: 

 

SPÖ-Vorsitzender bestimmt inhaltlichen Umfang der Kommission

Da Wien Land und Gemeinde zu gleich ist, gibt es sowohl eine Untersuchungskommission auf Gemeindeebene gemäß §59a ff Wiener Stadtverfassung und einen Untersuchungsausschuss für Angelegenheiten des Landtags gemäß §129 c ff WStV. Da die Causa Wien Energie fast ausschließlich über die Gremien des Gemeinderates abgehandelt wurde, fällt sie in den Kompetenzbereich der Gemeinde. Also in Zuständigkeit der U-Kommission.

ÖVP und FPÖ haben deshalb einen Antrag auf Einsetzung einer U-Kommission eingebracht. Über den Einsetzungsantrag entscheidet der Vorsitzende des Gemeinderates, Thomas Reindl. In diesem Fall wichtig: Thomas Reindl ist Abgeordneter der SPÖ. Die Oppositionsparteien befürchteten bereits vor zwei Monaten eine Einschränkung des Antrags. Diese Befürchtung wurde nun Realität. Denn Reindl möchte einige für den Sachverhalt wichtige Punkte streichen lassen. Der Klubobmann der ÖVP Wien, Markus Wölbitsch, zu den Vorgängen: „Es ist mehr als offensichtlich, dass es auch weiterhin starke Bestrebungen seitens des Vorsitzenden und somit der SPÖ gibt, die notwendige Aufklärung der Causa Wien Energie zu verhindern“.

Zum Vergleich: Im Bund entscheidet der Verfassungsgerichtshof bei Streitigkeiten als Schiedsinstanz über den inhaltlichen Umfang des U-Ausschusses im Parlament. Die Wiener Regierungskoalition lehnte jedoch eine – ähnlich angelegte – Entscheidungskompetenz des Landesverwaltungsgerichtes Wien bei der Reform vergangenes Jahr ab. Nun liegt die Entscheidung beim Vorsitzenden, gegen die es keinen Rechtsschutz gibt.

 

Juristische Sonderfragen

Aus der Causa Wien Energie hat sich ein juristisch komplexes Konstrukt entwickelt. Die SPÖ versucht konstant, die juristischen Sonderfragen zu ihren Gunsten auszulegen und beruft sich auf verschiedene Gutachten. Bemerkenswerterweise nur auf jene Gutachten, die vom Vorsitzenden in Auftrag gegeben wurden.

Das Tauziehen um juristischen Sonderfragen wurde medial aufbereitet – etwa in der Tageszeitung Kurier: Juristisches Gezerre um die Causa Wien Energie | kurier.at.

 

Ignoranz statt Transparenz der Wiener Stadtregierung

Gibt es einen Willen zu Aufklärung und mehr Transparenz: Fehlanzeige. Denn der SPÖ-Vorsitzende meinte nun, dass die U-Kommission die Fragen des Darlehensvertrags zwischen dem Land Wien und dem Bund nicht behandeln könne, da sie in die Kompetenz eines U-Ausschusses fallen würden. Dabei beruft er sich auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten des Juristen Bernd-Christian Funk. Jenes sorge, wie so oft, weniger für Klarheit, sondern erst recht für Streit, heißt es im Artikel des Kurier. „Anscheinend soll der Bürgermeister, der im Zentrum des Finanzskandals rund um die Wien Energie steht, bestmöglich geschützt werden“, so Wölbitsch.

 

Gutachten prüft Einsetzungsantrag

Dagegen wehrt sich strikt die Wiener Volkspartei. Denn laut eines einschlägigen Kommentars zur Wiener Stadtverfassung können sehr wohl einzelne Punkte, die grundsätzlich in die Landeskompetenz fallen würden, im Rahmen einer U-Kommission behandelt werden.

Zusätzlich hat die Wiener Volkspartei ein Gutachten in Auftrag gegeben und den Einsetzungsantrag prüfen lassen. „Dieses Testat kommt zu einem klaren Ergebnis, dass der im Einsetzungsantrag umschriebene Untersuchungsgegenstand den inhaltlichen Anforderungen der Wiener Stadtverfassung entspricht“, stellt Klubobmann Wölbitsch klar.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Untersuchungsgegenstand sonst mehrheitlich der Sphäre der Gemeindekompetenz zuzurechnen ist.

 

Ludwig überweist heimlich Geld – an allen Gremien vorbei

Zusätzlich solle auch die Frage der Informationsweitergabe an die offiziellen Gremien von Finanzstadtrat Hacker und Bürgermeister Ludwig nicht von Bedeutung für die U-Kommission sein. Das meint jedenfalls Reindl.

Argument dafür sei, dass „keine generelle Informationspflicht als Bringschuld“ bestehe – so sehe es zumindest die SPÖ. Demgegenüber steht klar die Regelung der Notverordnungskompetenz des Bürgermeisters. Denn § 92 der Wiener Stadtverfassung (WStV) regelt nämlich, dass die vom Bürgermeister allein getroffenen Entscheidungen „unverzüglich dem zuständigen Gemeindeorgan zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen“ sind.

 

Offizielles Gutachten steht noch aus

Wer wegen der zahlreichen Gutachten den Überblick verliert, kann sich auf das einzige Rechtsgutachten freuen, welches laut Stadtverfassung auch gesetzlich vorgesehen ist. Es soll in den nächsten Wochen fertiggestellt werden, um endlich Klarheit zu schaffen.

Dieses Gutachten wird von drei Richtern erstellt, die als Schiedsgremium der U-Kommission bestellt worden sind. Der SPÖ-Vorsitzende der U-Kommission muss sich zwar von Gesetzeswegen nicht an ihre Empfehlungen halten. Es wäre ihm aber dringend anzuraten, heißt es in der Wiener ÖVP.

 

Reform der Wiener Untersuchungskommission von Neos gebremst

Die Untersuchungskommission sollte voriges Jahr reformiert werden, doch galten SPÖ und Neos als Bremser der Reform. Jetzt aber rühmen sich die Neos in Social Media-Botschaften als jene Fraktion, die die U-Kommission erst „möglich gemacht“ hat. der Verfassungssprecher der ÖVP-Wien, Patrick Gasselich fordert eine Erklärung „für die Lüge der Wiener Neos“.

Seine Begründung: Die Wiener Neos, selbst ernannte „Transparenzpartei“, hätten voriges Jahr bei der Reform der U-Kommission gebremst und waren „Steigbügelhalter für die SPÖ“, sagt Patrick Gasselich. Die Änderungen seien „alles andere als ein demokratiepolitischer Meilenstein“, da es bei weitem keine Angleichung an die Regeln im Nationalrat gäbe. Jetzt versuchen die NEOS offenbar „ihr Versagen mit dreisten Lügen noch schönzureden“, so Gasselich.

Bei der Reform der Wiener Untersuchungsausschüsse sei klar, dass es sich nicht um einen großen Wurf, sondern eher um ein demokratiepolitisches Armutszeugnis handle. Von Anfang an forderte die ÖVP Wien mehr Transparenz, etwa mittels einer Angleichung der Regeln in der Wiener U-Kommission an jene des U-Ausschusses im Nationalrat.

 

Gasselich: „Ehrliche Regierungsarbeit sieht jedenfalls anders aus“

Für die Abgeordneten im Rathaus solle offenbar nicht das Gleiche wie im U-Ausschuss des Nationalrates möglich sein, erklärt Gasselich. Und das vor dem Hintergrund, dass SPÖ und NEOS im Bund die weitgehenden Regelungen nützen und vor allem die Abgeordneten Stephanie Krisper (Neos)  und Kai Jan Krainer (SPÖ) diese oftmals auch überziehen, erklärt Gasselich.

„Diese Reform geht somit nicht über eine Minimalvariante hinaus. Bei der SPÖ wundert dieses Verhalten nicht. Für die NEOS ist diese „Reform“ jedoch äußerst peinlich. Ehrliche Regierungsarbeit sieht jedenfalls anders aus“, der Verfassungssprecher.

Trotz massiver Behinderung der Reform und trotz der Ablehnung des Einsetzungsantrags werben die Neos aktuell mit dem Slogan: „U-Kommission zur Causa Wien Energie – Wir haben’s möglich gemacht!“ (siehe Foto im Tweet)

Die Wiener Volkspartei setzt sich weiterhin für mehr Transparenz und die Aufklärung des Sachverhalts ein. „Wir werden dafür sorgen, dass alle Fakten auf den Tisch gelegt werden. Die Wienerinnen und Wiener haben ein Recht darauf zu erfahren, wie mit ihrem Steuergeld umgegangen wurden“, Wölbitsch.

 

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