Innenpolitik

Kirche kontra Kickl: FP trifft auf neue Front totaler Ablehnung

Kickl in der Kritik: ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker (l.) argumentiert treffende Kritik an FPÖ-Obmann Herbert Kickl (r.). Aber mit der abgewandelten Gebetszeile aus dem Vater Unser hat sich Kickl eine neue Front völliger Ablehnung eingehandelt: Christen, Theologen wie Laien, lehnen die Instrumentalisierung eines Gebets für politische Werbung als zynisch und lästernd ab. Tageszeitungen wie Heute widmen der Kritik an Kickl breiten Raum. Screenshot: heute.at

Herbert Kickl und die von ihm geführte FPÖ stehen vor einer neu formierten Front völliger Ablehnung. Ausgelöst wurde dies durch die FPÖ selbst. Diese nutzt das Vater Unser für Wahlparolen, was christliche Geistliche und Laien vehement verurteilen. Und die FPÖ grenzt sich nicht ausreichend von den – rechtsextremen – Identitären ab, was wiederum heftige politische Kritik auslöst, denn gegen die Identitären ermittelt jetzt der Staatsschutz.

 

FPÖ-Plakat spielt mit der Bibel

Auslöser der Ablehnung ist das FPÖ-Plakat „Euer Wille geschehe“. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, meinte dazu,  dieser Satz „spielt mit einem Zitat aus der Bibel und dem wichtigsten Gebet der Christen“. Dieses sei vielen Menschen heilig, doch wer damit spielt, bringt ihnen nicht die verdiente Wertschätzung entgegen, sagte Schipka in einer Interview mit Kathpress.

Die FPÖ zieht eine Parallele zum Gebet Vater unser: Euer Wille geschehe. Foto: Screenshot heute.at

Die FPÖ zieht eine Parallele zum Vater Unser: Euer Wille geschehe. (Screenshot heute.at)

Kickl-Parole „gschmacklos“

Den Satz, „Dein Wille geschehe“, aus dem Vater Unser leicht verändert für politische Wahlwerbung zu nutzen, sei „geschmacklos“, erklärte der Abt des Stiftes Lilienfeld, Pius Maurer. Die christliche Religion sei zwar friedlich, müsse sich aber „die taktlose Benützung eines Gebets- und Bibelzitates für Parteipropaganda“ nicht gefallen lassen.

 

„Zynisch-spottende Ankündigung“

Analytisch treffend und scharf kommentierte die Wiener Theologien Regina Polak in der Wochenzeitung „Die Furche“ die FPÖ: Slogans in Anlehnung an das Gebet Vater Unser seien „Blasphemie und zynisch-spottende Ankündigung eines Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie“.

Sachliche und berechtigte Kritik: Kirche zur FPÖ-Parole "Euer Wille geschehe". Screenshot Kathpress

Berechtigte Kritik: Kirche zur FPÖ-Parole „Euer Wille geschehe“. Screenshot Kathpress

„Schamlose Durchsetzung von Machtinteressen“

Kickl und seine Gesinnungsgenossen würden, wie Kathpress Polak zitiert, nicht an religiöse Gefühle appellieren sondern diese verspotten: „Das verächtliche Spiel mit religiösen Assoziationen steht im Dienst der schamlosen Durchsetzung von Machtinteressen“. Dafür werde auch eine assoziative Verbindung mit nationalsozialistischen Vorstellungen – gemeint ist der „Volkswille“ – genutzt. In der Hebräischen Bibel sei mit „Volk“ zudem eine Rechtsgemeinschaft gemeint, keine ethnische.

 

„Spiel mit religiösen Motiven“

Das „Bündnis Demokratie und Respekt“ bekräftigte seine Kritik an Kickl. Diesem Bündnis gehören gesellschaftliche Gruppen und Vertreter des Laienapostolats an. Obmann Stephan Schulmeister sagte, Kickl spiele mit religiösen Motiven, um Menschen aus den Reihen der Volkspartei zu erreichen. Die Vorgangsweise von Kickl erfolge aus „purem Machtkalkül“, erklärte Schulmeister und ergänzte: „Man muss es klar benennen: Diese Plakate sind ein Instrument der Machtpolitik und der Lüge.“

Da Christentum und Rechtsextremismus unvereinbar seien, sei die FPÖ „unwählbar“, argumentiert das Bündnis, das sich unter anderem auf eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz beruft. Diesem zufolge sind völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar.

Enthüllung über Identitäre

Der Generalsekretär der ÖVP, Abg. Christian Stocker, forderte von der FPÖ neuerlich, sich von den Identitären zu distanzieren. Anlass dafür war eine Reportage des Fernsehsenders RTL. Dessen Reporter hatten vier Monate unter anderem verdeckt in Wien recherchiert. Dabei wurden Angehörige der Szene aufgenommen, die etwa den Holocaust an Juden leugneten und einen Massenmord an Moslems forderten. Das Material wurde diese Woche bekannt, die Direktion Staatschutz und Nachrichtendienst (DSN) leitete Ermittlungen ein. Doch die FPÖ distanziert sich nicht.

 

FP-Haltung „inakzeptabel und entlarvend“

An die Adresse von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: „Es ist nicht akzeptabel, dass sich FPÖ-Hafenecker nicht von den Identitären distanziert. Die auf Video aufgezeichneten Aussagen der Identitären, in denen das Ausmaß des Holocausts geleugnet und sogar Massenmord gutgeheißen wird, müssen für jeden demokratischen Politiker vollkommen inakzeptabel sein und eine nicht überschreitbare rote Linie darstellen. Diese ungeheuerliche Entgleisung als Einzelfall zu verurteilen und das große Ganze, nämlich die Identitäre Bewegung, zu unterstützen, ist inakzeptabel und entlarvend.“

Hafenecker hatte lediglich die Äußerungen zurückgewiesen, das sei zu wenig, meint Stocker.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und AfD-Fraktionsführerin Alice Weidel 2023 in Wien: Verstärkte Zusammenarbeit vereinbart. In Deutschland bleibt die AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Bild: Screenshot SZ

Herbert Kickl und AfD-Fraktionsführerin Alice Weidel 2023 in Wien: Verstärkte Zusammenarbeit vereinbart. Die AfD bleibt unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Bild: Screenshot SZ

„FPÖ unter Kickl eine rechtsextreme Partei“

Wer in unserem Staat Verantwortung tragen will, wird weder dieser Verantwortung noch der Geschichte unseres Landes gerecht, wenn hier keine klare Trennlinie gezogen wird, erklärte Stocker weiter. „Da Herbert Kickl die Identitären seit Jahren verteidigt und unterstützt, erwarte ich mir von ihm höchstpersönlich eine klare Distanzierung von den Identitären und ihrer Ideologie sowie den im Video getätigten Aussagen“, fordert Stocker.

Die FPÖ war unter den Vorsitzenden Strache und Hofer in dieser Hinsicht schon deutlich weiter, ergänzte Stocker: „Man hatte sich von den Identitären distanziert. Diese Brandmauer zwischen Identitären und FPÖ wurde von Kickl gezielt und bewusst niedergerissen. Für Herbert Kickl waren die Identitären keine gefährliche Gruppierung, sondern ein ‚unterstützenswertes Projekt‘ sowie eine ‚NGO von rechts‘.“

Sollte Herbert Kickl hier nicht unverzüglich reagieren, muss man davon ausgehen, dass eine Organisation, die den Holocaust verharmlost, für den FPÖ-Parteichef auch nach wie vor ein ‚unterstützenswertes Projekt‘ ist“, so Stocker weiter, der abschließend betont: „Dass der FPÖ-Generalsekretär Hafenecker trotz allem nicht dazu bereit ist, die Haltung der FPÖ zu den Identitären zu überdenken, zeigt wieder einmal ganz klar, dass die FPÖ unter Kickl zu einer rechtsextremen Partei geworden ist.“

Kickl in der Kritik: ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker (l.) argumentiert treffende Kritik an FPÖ-Obmann Herbert Kickl (r.). Aber mit der abgewandelten Gebetszeile aus dem Vater Unser hat sich Kickl eine neue Front völliger Ablehnung eingehandelt: Christen, Theologen wie Laien, lehnen die Instrumentalisierung eines Gebets für politische Werbung als zynisch und lästernd ab. Tageszeitungen wie Heute widmen der Kritik an Kickl breiten Raum. Screenshot: heute.at
Kickl in der Kritik: ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker (l.) argumentiert treffende Kritik an FPÖ-Obmann Herbert Kickl (r.). Aber mit der abgewandelten Gebetszeile aus dem Vater Unser hat sich Kickl eine neue Front völliger Ablehnung eingehandelt: Christen, Theologen wie Laien, lehnen die Instrumentalisierung eines Gebets für politische Werbung als zynisch und lästernd ab. Tageszeitungen wie Heute widmen der Kritik an Kickl breiten Raum. Screenshot: heute.at