Innenpolitik

Teenager Terroristen: Experte fordert zum Handeln auf

Prof. Dr. Florian Hartleb ist Professor für internationale Beziehungen an der Modul Universität Wien. Sein Buch „Teenager Terroristen“ präsentiert und diskutiert er am Dienstag, 30. September um 18.30 am Campus Tivoli in Wien. Foto: Enrico Lill

Jüngste Fälle belegen es: Bereits Teenager werden zu Terroristen. Dass und warum es so ist, hat der Politikwissenschafter Florian Hartleb analysiert. Er diskutiert das Thema nächste Woche an der Politischen Akademie mit dem Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier und Staatsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner. Empfehlung an die Politik inbegriffen.

 

Buch zu Teenager Terroristen

Prof. Dr. Florian Hartleb ist seit 1. September 2025 Professor für internationale Beziehungen an der Modul Universität Wien. Soeben ist sein Buch „Teenager Terroristen“ erschienen. Es trägt den Untertitel: „Wie unsere Kinder radikalisiert werden – und wie wir sie schützen können“. Hartleb gehört zu den gefragtesten Terrorismusexperten im deutschsprachigen Raum. Seine Thesen wird er am Dienstag, 30. September um 18.30 am Campus Tivoli in Wien vorstellen und diskutieren.

Zur-Sache fragte bei Hartleb nach:

Wie kommt es zu Radikalisierung?

Zur Sache: Die Beschreibung der Ursachen, die zu Teenager Terroristen führen, ist zu einem guten Teil auch Gesellschaftskritik, oder?

Florian Hartleb: Ich beobachte seit Jahren, dass islamistische Radikalisierung bei Jugendlichen nicht im luftleeren Raum entsteht. Es sind Identitätskrisen, das Gefühl von Ausgrenzung und die Verlockung digitaler Echokammern, die extremistische Ideologien anziehend machen.
Das ist auch eine gesellschaftliche Herausforderung – ohne dass wir die jungen Menschen von ihrer persönlichen Verantwortung entbinden.

 

Fehlen Jugendzentren?

Zur Sache: Sie sprechen wiederholt Jugendzentren an. Die fehlen doch, oder? Ist das Zeitalter der Jugendzentren abgelaufen? Oder haben Staat und Gesellschaft das Interesse daran (und das Verständnis dafür) verloren?

Florian Hartleb: Gerade deshalb brauchen wir wieder starke Jugendzentren und offene Treffpunkte. Vielerorts sind diese Strukturen ausgedünnt, während kommerzielle Angebote boomen und Jugendliche in die sozialen Medien abwandern.
Wenn wir diese Räume nicht zurückerobern, überlassen wir die Ansprache der Jugend jenen, die Hass und Gewalt predigen.

 

Verlust des Vertrauens

Zur Sache: Beginnend in den späten sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat zumindest eine Generation nahezu sämtliche Institutionen mit Kritik behandelt bzw. dekonstruiert, auf Interessen reduziert und so weiter. Darf man sich da wundern, wenn die Jugend zu diesen kein Vertrauen mehr fasst?

Florian Hartleb: Zugleich sehe ich, dass eine Generation seit den 1960ern Institutionen immer weiter dekonstruiert hat.
Heute spüren viele Jugendliche vor allem Misstrauen gegenüber Politik, Medien und traditionellen Gemeinschaften – und islamistische Gruppen füllen dieses Vakuum mit klaren, einfachen Antworten.

 

Aufruf an die Politik

Zur-Sache: Sie schreiben auch, das Buch sei ein Aufruf an die Politik. An wen in der Politik? Gesetzgeber? Kommunen? Andere?

Florian Hartleb: Mein Appell richtet sich an Kommunen, Bildungspolitik und den Bund:
Wir müssen präventiv handeln – durch langfristige Förderung offener Jugendarbeit, durch politische Bildung in den zunehmend islamistisch geprägten Schulen, wie ich es in Wien sehe, und durch wirksame Programme gegen islamistische Propaganda. Tools wie Tik-Tok spielen hier eine unfassbar wichtige Rolle, wie wir spätestens nach dem vereitelten Anschlag auf das Taylor-Swift -Konzert wissen sollten. Der islamistische Hassprediger wirkt in Berlin und spricht gezielt Jugendliche an, deswegen spreche ich ja auch von Teenagerterrorismus.
Nur so können wir verhindern, dass Extremisten die Lücken füllen, die unsere Gesellschaft selbst hinterlässt.

Anmeldung HIER

Florian Hartleb: Teenager Terroristen - Wie unsere Kinder radikalisiert werden - und wie wir sie schützen können. Verlag Hoffmann und Campe; 224 S.

Florian Hartleb: Teenager Terroristen – Wie unsere Kinder radikalisiert werden – und wie wir sie schützen können. Verlag Hoffmann und Campe; 224 S.

Prof. Dr. Florian Hartleb ist Professor für internationale Beziehungen an der Modul Universität Wien. Sein Buch „Teenager Terroristen“ präsentiert und diskutiert er am Dienstag, 30. September um 18.30 am Campus Tivoli in Wien. Foto: Enrico Lill
Prof. Dr. Florian Hartleb ist Professor für internationale Beziehungen an der Modul Universität Wien. Sein Buch „Teenager Terroristen“ präsentiert und diskutiert er am Dienstag, 30. September um 18.30 am Campus Tivoli in Wien. Foto: Enrico Lill