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Beleidigende Tweets aus SPÖ-Umfeld: Was das linke Momentum Institut zu Hass gegen Politikerinnen zu sagen hat

Foto: iStock/ altmodern

Das von der Gewerkschaftlichen Solidarität Privatstiftung mitfinanzierte Momentum Institut beschäftigte sich in einer Untersuchung mit Hassnachrichten gegen Politikerinnen – zu den Tweets gegen ein Regierungsmitglied erhielt Zur-Sache auf Anfrage jedoch nur eine allgemein gehaltene Antwort. Unter dem Tweet eines ehemaligen SPÖ-Politikers tummeln sich Wortspenden angeblicher Sozialdemokraten, die beleidigende und sexistische Äußerungen gegenüber einer Ministerin enthalten. 

 

Ausgangspunkt für die als Entgleisung empfundenen Äußerungen in Richtung der Ministerin war der Tweet des ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Eugen Freund. Freund postete ein Foto von Karoline Edtstadler bei einem TV-Auftritt und kommentierte dazu „ohne Worte“. Das nahmen einige seiner Follower zum Anlass, sexistische Statements zur Ministerin zu veröffentlichen.

Nicht jeder Twitter-Nutzer sprang auf diesen Zug auf, eine Nutzerin fragte Freund, was seine unqualifizierte Äußerung solle, und forderte ihn auf, den Tweet löschen.

Größtenteils fanden sich jedoch unter Freunds Tweet Aussagen wie die folgenden:

  • Nicht nur der verächtliche Blick! Auch diese unsäglichen Ohrgehänge, die Türkisinnen tragen. Unsäglich!!!“
  • „Das ist doch die Frau mit dem „Eidechsenblick ungerührter Mittelmäßigkeit“….“
  • „Die Hölle friert ein .. sorry, aber wie kam diese Person zu einem Kind?!“
  • „Wenn mich jemand so ansieht mit diesen kalten toten Augen, dann wird mir ganz gruselig im Rücken!“
  • „Jede Domina könnte sich von Edtstadler eine Scheibe abschneiden! Da kommt einem das fürchten!“

 

Zu diesen Tweets sandte Zur-Sache eine Anfrage an das Momentum Institut, das auch zu Hass gegen Politikerinnen forscht und diese Woche eine Studie veröffentlichte; die Fragen lauteten unter anderem:

  • Wie stehen Sie zu Kommentaren in Bezug auf das Erscheinungsbild von Politikerinnen?
  • Halten Sie Kommentare über Äußerlichkeiten von Politikerinnen im politischen Diskurs für legitim?
  • Würden Sie diese Tweets als Hass gegen eine Politikerin definieren?
  • Wie würden Sie „Sexismus“ definieren?
  • Ist ein Tweet wie jener von Eugen Freund aus Ihrer Sicht sexistisch? Wenn nein, warum nicht?
  • Wie bewerten Sie die Tatsache, dass Eugen Freund die offen sexistischen und herabwürdigenden Kommentare unter seinem Tweet unkommentiert lässt, während er auf einen Kommentar zu seiner Karriere sehr wohl ausführlich eingeht? Hätte Freund hier nicht zur Mäßigung aufrufen müssen?
  • Gibt es aus Ihrer Sicht sexistische Äußerungen in allen politischen Parteien/im gesamten politischen Spektrum?

Gemessen an dem Anspruch, den das Momentum-Institut an sich selbst stellt, nämlich: „Wir erarbeiten und verbreiten konkrete und konstruktive Vorschläge für eine nachhaltige und gerechtere Gesellschaft.“ fiel die Antwort auf die Fragen eher spärlich aus:

 

Allgemeines Statement des Momentum Instituits

Der wissenschaftliche Leiter des Instituts, Prof. Leonard Dobusch, gab nämlich auf die Zur-Sache Anfrage folgendes Statement ab: „Politikerinnen und Politiker bekommen viel Aufmerksamkeit und sind oft Zielscheibe heftiger Kritik. Gerade bei Politikerinnen kommt dazu aber eine spezifische Form von Mysogynie, indem das Aussehen, die Sexualität oder das Geschlecht an sich herabgewürdigt werden. Von dieser Form von Frauenhass sind Politikerinnen aller Parteien betroffen, wie unsere Befragung zeigt.“

Im Bezug auf die Fragestellung zu Hass gegen Ministerin Edtstadler erklärte Dobusch im Hinblick auf die Forschungen des Instituts: „Wir haben Parlamentarierinnen befragt, nicht Ministerinnen, können daher zu Regierungsmitgliedern keine Aussage treffen.“

Abschließend betonte Dobusch: „Und nein, Kommentare zum Äußeren von Politikerinnen sind nicht legitim, sie helfen auch nicht einer sachlichen Debatte. Und gerade Politiker sollten ihre Worte überlegt wählen.“ Ob damit auch Eugen Freund gemeint ist, wurde von Dobusch nicht weiter präzisiert.

 

Institut geht auf keine der Fragen ein

Auf keine der gestellten Fragen geht das Momentum Institut offenbar explizit ein. So bleibt offen, ob eine Aussage wie „Die Hölle friert ein“ in diesem Kontext als Hass gegen eine Politikerin sieht. Eine Begründung, warum man Hass gegen Parlamentarierinnen bewerten kann, gegen eine Ministerin aber nicht, fehlt ebenfalls.

 

„Geschlechtergerechtigkeit, von der die Genossen immer sprechen?“

Eine klare Meinung zu den zitierten Tweets hat hingegen die VP-Abgeordnete im Wiener Landtag, Laura Sachslehner. Sie sieht hinter Freunds Tweet und den folgenden Entgleisungen ein Problem der SPÖ und meint gegenüber Zur-Sache: „Die Scheinheiligkeit der SPÖ kennt keine Grenzen.“

Besonders kritisch sieht dies Sachslehner, weil es ihrer Beobachtung zufolge in der Vergangenheit immer wieder Fälle von verbalem Sexismus in der SPÖ gab, sich die Partei jedoch jedes Mal durchwegs in Schweigen hüllte: „Während man sich selbst gerne ständig echauffiert, wird offener Sexismus in der Partei einfach geduldet. Es ist höchst an der Zeit, dass die SPÖ sexistischen Aussagen und Verhalten in der eigenen Partei endlich den Riegel vorschiebt, oder ist das die Geschlechtergerechtigkeit, von der die Genossen immer sprechen?“

Landtagsabgeordnete Laura Sachslehner prangert Sexismus in der SPÖ an. Foto: ÖVP Wien

Landtagsabgeordnete Laura Sachslehner prangert den Umgang der SPÖ mit Sexismus an. Foto: ÖVP Wien

 

Fälle von Sexismus in der SPÖ

Denn auch in der SPÖ selbst ist das Thema präsent. So kam es 2018 – ausgelöst vom Tiroler SPÖ-Parteiobmann – zu einer Debatte um Sexismus in der Partei. Aber zu keiner Konsequenz. Die ÖVP hatte in einem Fall von Sexismus zur gleichen Zeit umgehend durchgegriffen und den Betreffenden aus dem Nationalratsklub ausgeschlossen.

In einem weiteren Fall „gefiel“ dem Oberösterreichischen SPÖ-Landesparteigeschäftsführer ein sexistischer Tweet, der die Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberländer als „Dummerl“ bezeichnete. Für die OÖVP-Frauen ein Fall von Sexismus, der Konsequenzen nach sich ziehen sollte.

Die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bemerkte einst in einem Interview zum Prozess um den gescheiterten Grünen Nationalrat Peter Pilz, dass keine Partei frei von Sexismus wäre.