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ZIB 2: Das Rendi-Wagnersche Meinungskarussell

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Foto: Florian Schrötter

In der ZIB2 am Dienstagabend gab SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dem Moderator Martin Thür ein Interview, nachdem die SPÖ-Vorsitzende ein solches Interview in der Woche zuvor noch abgelehnt hatte. Das wurde kontrovers diskutiert. Rendi-Wagner erklärte im Interview ihre Aussagen zu Öffnungsschritten und Lockdowns, setzte neue Maßstäbe für moralische Anforderungen an Politiker und legte für sich selbst die Latte tief, wie Thür bemerkte.

 

Lockdown – oder doch nicht?

Als erstes Thema wurde die Strategie der SPÖ in Sachen Pandemiebekämpfung behandelt. Innerhalb der SPÖ gab es dazu verschiedene Meinungen, die weit auseinandergingen. Rendi-Wagner wurde Anfang April dafür kritisiert, keine geeinte Parteilinie zu finden. Im Fokus steht dabei ein Konflikt zwischen Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil:

Doskozil mit einem progressiven Kurs für Öffnungen, Rendi Wagner mit einem restriktiven Kurs. Die Parteichefin ließ es mehrmals zu einem öffentlich ausgetragenen Konflikt kommen. So forderte sie, dass man den damaligen Ost-Lockdown auf das gesamte Land ausweitet. Wie die Situation in den Krankenhäusern und das Infektionsgeschehen zeigen, war dies schlussendlich nicht nötig. Explizit fragte Thür etwa nach einer Entschuldigung Rendi-Wagners in Richtung Doskozil.

Zudem fragte Martin Thür die Politikerin und Medizinerin, ob sie sich beim Ost-Lockdown geirrt habe. Doskozil wurde von Pamela Rendi-Wagner hart kritisiert, die Zahlen zeigen aber deutlich, dass sich das Infektionsgeschehen im Burgenland nach den Öffnungen weiter entspannt hatte. Rendi-Wagner erkannte ihrerseits im ZiB-Interview keinen Irrtum darin, strengere Maßnahmen und einen Lockdown gefordert zu haben.

Im Interview drehte sich Rendi-Wagner karussellartig von ihrer Lockdown-Linie ab und sprach sich aktiv für Öffnungen aus.

 

Rücktritt bei Anklage – oder doch nicht?

Die Chefin der größten Oppositionspartei wurde zu den Vorwürfen gegen den Bundeskanzler gefragt. Dabei bekräftigte Rendi-Wagner ihre Aussage, dass sie selbst bei einer Anklage zurücktreten würde. Martin Thür bemerkte, dass der Bundeskanzler durchaus unschuldig sein kann.

Der Moderator konfrontierte Rendi-Wagner mit dem Beispiel des ehemaligen Salzburger SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden, der unter Anklage im Amt war. Für Rendi-Wagner ein eindeutiger Fall: Der Bürgermeister der viertgrößten Stadt Österreichs müsse nicht wegen der Anklage zurücktreten, weil er kein „oberstes Organ“ sei.

Mit dem Fall des Kärnter Landeshauptmanns Peter Kaiser konfrontiert, gab Rendi-Wagner an, dass sie keinen Rücktrittsgrund sähe. Kaiser wurde von der WKStA als Beschuldigter geführt, es kam aber zu einer Diversion. Also einer Art außergerichtlichen Einigung – keine Verurteilung, aber auch kein Freispruch. Für Rendi-Wagner eindeutig kein Rücktrittsgrund.

 

Überzeugende Mehrheit hinter sich – oder doch nicht?

Befragt wurde auch Rendi-Wagners zu ihrem Anspruch für ihre Wiederwahl auf dem nächsten SPÖ Parteitag. Darauf antwortete die Politikerin, dass ihre Hürde bei 71,4 % der Stimmen läge.

Ein derartiges Ergebnis wäre für eine Wahl zum Parteivorsitz ein sehr schlechtes. Bei der Wahl zum Parteivorsitz werden nicht selten bis zu 99 % der Stimmen erreicht. Ihre Vorgänger an der SP-Spitze wurden oft mit weit mehr als 90 % zum Parteivorsitzenden gewählt. Christian Kern zuletzt mit 97 %. Bei Werner Faymann sprach man schon bei 83 % von einer „Ohrfeige für Faymann“.

Eine Zustimmung von 71,4 % wäre ein historisch schlechtes Ergebnis für einen SPÖ-Parteivorsitz, wie Thür anmerkte. Nur Bruno Kreisky erreichte weniger Zustimmung – in einer Kampfabstimmung. Martin Thür schloss das Interview mit der Bemerkung „Eine nicht ganz hohe Latte“.