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Gewessler-Solo landet vor Gerichten

Ohne das erforderliche Einvernehmen mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stimmte Umweltministerin Leonore Gewessler – auch gegen die Stellungnahme der Bundesländer – für das EU-Renaturierungsgesetz. Der Verfassungs- und Gesetzesbruch, so Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, landet vor den Gerichten. Foto: Toschnig und Gewessler nach dem Ministerrat im Dezember 2022. Foto: Bka/Berger

Ohne innerstaatliche Willensbildung hat Umweltministerin Leonore Gewessler dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt. Das hat umgehend rechtliche Folgen: Das Bundeskanzleramt wird eine Nichtigkeitsbeschwerde einlegen, die ÖVP erstattet Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erläuterte die Gründe für das Vorgehen gegen Gewesslers politischen Sololauf.

 

Bundeskanzler informierte noch Ratspräsident

Bundeskanzler Karl Nehammer habe die belgische Ratspräsidentschaft noch in der Nacht vor der Abstimmung davon informiert, dass in Österreich die innerstaatliche Willensbildung für ein Ja zum Renaturierungsgesetz fehlt.

Einerseits gebe es eine aufrechte ablehnende Stellungnahme der Bundesländer, andererseits fehle das Einvernehmen innerhalb der Bundesregierung, namentlich jenes mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, erläuterte Edtstadler in einem Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal.

 

Nichtigkeitsbeschwerde vor Europäischem Gerichtshof

Da Gewessler dennoch am Montag im Rat der Umweltminister in Luxemburg zustimmt, werde Österreich die von Bundeskanzler Nehammer angekündigte Nichtigkeitsbeschwerde einbringen.

 

Gewessler erhält Anzeige wegen Amtsmissbrauchs

Für die ÖVP kündigte der Generalsekretär, Abg. Christian Stocker, eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs an. Stocker wörtlich: „Es besteht der Verdacht, dass Leonore Gewessler mit ihrer Zustimmung zur Renaturierungsverordnung rechtswidrig und wissentlich gegen die klaren Vorgaben des Verfassungsdienstes und gegen die Verfassung handelt – dies begründet Amtsmissbrauch.“

 

Gilt das Recht – oder nicht?

Wie Edtstadler erklärte, gehe es damit nicht um Naturschutz, für den zahlreiche und umfangreiche Maßnahmen ergriffen wurden und weiter gesetzt werden. Es gehe, so Edtstadler, um eine rechtlich noch höherwertige Frage, nämlich Recht einzuhalten: „Die Bundesminister haben dem Bundespräsidenten in die Hand versprochen, sich an die Gesetze zu halten“, sagte Edtstadler.

Das Abstimmungsverhalten Gewesslers sei jedenfalls von der innerstaatlichen Willensbildung – also rechtlich – nicht gedeckt.

Die Stellungahme des Verfassungsdienstes sei „glasklar“, diese könne nicht von Gewesslers mittels Privatgutachten untegraben werden: „Wenn sich jemand über das Recht hinwegsetzt, ist das eine Gefahr für den Rechtsstaat.“

 

Rat ignoriert Informationen

Der Europarechtler Walter Obwexer meinte, die Chancen stünden nicht schlecht, dass der Europäische Gerichtshof den Ratsbeschluss wegen formaler Mängel aufhebt. Immerhin sei der Rat von Österreichs Bundskanzler darauf aufmerksam gemacht worden, dass es an innerstaalicher Zustimmung fehlt: Die Länder hätten sich dagegen ausgesprochen, das Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsminister habe gefehlt. Doch genau über diese Umstände habe sich der Rat mit der Abstimmung Montag hinweggesetzt.

Der Vorsitzende, der belgische Umweltminister hatte dazu übrigens gemeint, diese Bedenken seien eine innerösterreichische Angelegenheit und nicht seine Sache.

Owexer ist Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck.

 

Länder-Nein ist aufrecht

Die ablehnende Stellungnahme der Bundesländer ist aufrecht, auch wenn das Land Wien seine Meinung inzwischen zugunsten eines Ja zur Renaturierungsverordnung geändert habe, meint Verwaltungs- und Verfassungsjurist Peter Bußjäger.

Ohne das erforderliche Einvernehmen mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stimmte Umweltministerin Leonore Gewessler – auch gegen die Stellungnahme der Bundesländer – für das EU-Renaturierungsgesetz. Der Verfassungs- und Gesetzesbruch, so Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, landet vor den Gerichten. Foto: Toschnig und Gewessler nach dem Ministerrat im Dezember 2022. Foto: Bka/Berger
Ohne das erforderliche Einvernehmen mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stimmte Umweltministerin Leonore Gewessler – auch gegen die Stellungnahme der Bundesländer – für das EU-Renaturierungsgesetz. Der Verfassungs- und Gesetzesbruch, so Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, landet vor den Gerichten. Foto: Toschnig und Gewessler nach dem Ministerrat im Dezember 2022. Foto: Bka/Berger