Arbeitsmarkt brummt, Reformdialog startet
In Österreich nehmen Industrie und Tourismus wieder an Schwung auf, die Anzahl an Beschäftigten steigt an. Arbeitsminister Martin Kocher präsentierte positive Zahlen zum Arbeitsmarkt, benannte am Mittwoch neuerlich die Probleme der Langzeitarbeitslosigkeit und kündigte den Start eines Reformdialogs zur Arbeitslosenversicherung Neu an. Dies wurde von ÖVP-Klubobmann und Sozialsprecher August Wöginger umgehend begrüßt: „Wegen der positiven Dynamik ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Reformdialog zur Arbeitslosenversicherung.“
„Wir stehen gut da“
Die Arbeitsmarktzahlen für den August ergeben laut Kocher folgendes Bild: 286.000 Personen sind beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gemeldet. Das sind etwas mehr als Ende Juni und eine Folge des üblichen saisonalen Anstiegs, der sich in den nächsten Monaten fortsetzen werde. Kocher wörtlich: „Im Vergleich zu 2019 stehen wir gut da. Wir liegen ungefähr 7.000 Arbeitslose höher, als noch 2019. Die Jahre davor hatten wir eine noch höhere Arbeitslosenzahl. Und voriges Jahr waren sogar 85.000 Menschen mehr arbeitslos. Zudem sind rund 61.000 Personen in Schulungen.“
Die Lage erscheint dennoch etwas widersprüchlich, denn derzeit ist mit 114.000 offenen Stellen ein Rekordniveau zu verzeichnen. Zugleich seien rund 9.000 offene Lehrstellen zu besetzen. Die Kurzarbeit ist in der Phase 5 ab Juli, so Kocher, unerwartet stark zurückgegangen: 49.900 Personen waren für diese Kurzarbeit vorangemeldet, vor allem im Reiseverkehr und in der Stadthotellerie, teils in der verarbeitenden Industrie.
Lage im Tourismus besser als voriges Jahr
Die Dynamik am Arbeitsmarkt bezeichnete Kocher als „gut“. Im Tourismus sei die Lage „noch viel besser“ als im vergangenen Jahr. Einige Bundesländer hätten das Niveau des Jahrs 2019 erreicht – das waren Kärnten und Salzburg sowie Ober- und Niederösterreich. Die weitere Entwicklung hänge vor allem von der Pandemielage und etwaigen Einschränkungen ab.
Reformdialog startet
Zu den weiterhin bestehenden strukturellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt – etwa, Arbeitskräfte zu finden – merkte Kocher an, dass die Corona-Joboffensive bis Ende des Jahres 2022 fortgesetzt und das Programm Sprungbrett mit 1. Oktober „richtig“ starten werde. Jetzt sei aufgrund der allgemeinen Lage und der Dynamik am Arbeitsmarkt der geeignete Zeitpunkt, um den Reformdialog über eine Arbeitslosenversicherung neu zu starten. Ein ausgewogenes Reformpaket sollte folgende Ziele erreichen: Mehr Menschen in Beschäftigung, die Einkommen besser absichern und die Vermittlung beschleunigen. „Das wäre ein recht großer Schritt“, so Kocher, denn das jetzige Modell „stammt im Wesentlichen noch aus 1949“. Daher bestehe „hier gibt es Potential, die Dinge an die heutige Arbeitswelt anzupassen“.
Paket bis 2022
Was ist Kocher wichtig bei diesem Reformdialog? Dazu der Arbeitsminister: „Es geht mir um eine faktenbasierte Diskussion, eine breite Einbindung der verschiedenen Gruppen. Das Parlament wird natürlich in jeder Phase dieses Prozesses eingebunden sein. Wichtig ist, dass wir differenziert diskutieren. Das Ziel ist, bis Dezember ein Zwischenergebnis zu berichten und im 1. Quartal 2022 ein konkretes Paket vorzulegen, das dann ins Parlament kommen soll.“
Wöginger bekräftigt die drei Ziele
In einer ersten Stellungnahme begrüßte ÖVP-Sozialsprecher und Klubobmann August Wöginger den Reformdialog, vor allem den Umstand, dass die Neugestaltung der Arbeitslosenversicherung fakten- und evidenzbasiert unter enger Einbindung von Expertinnen und Experten und den Sozialpartnern erfolgen soll. Wesentlich sei, auch „über den österreichischen Tellerrand zu blicken und internationale Best-Practice-Beispiele heranzuziehen“. Der breit angelegte Reformprozess soll noch vor Jahresende erste Zwischenergebnisse liefern, 2022 soll dann die gesetzliche Ausarbeitung erfolgen.
„Die Arbeitslosenversicherung neu soll das Einkommen von arbeitslos gewordenen Menschen besser absichern. Unser oberstes Ziel ist es, Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen und die Vermittlung arbeitslos gewordener Menschen zu beschleunigen. Denn Erwerbstätigkeit ist ein wichtiges Mittel für Wohlstand und Fortschritt. Der von Arbeitsminister Kocher breit angelegte Reformprozess ist der richtige Schritt zu einem verbessersten Modell der Arbeitslosenversicherung“, erklärte Klubobmann Wöginger.