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Tag der Fahne, Tage der Arbeit

Statue vor dem Parlamentsgebäude in Wien: Pallas Athene, Göttin der Weisheit. Foto: iStock.com/ donstock

Zehn Jahre lang war der 26. Oktober der Tag der Fahne, der österreichischen. Erst seit 1965 ist der 26. Oktober der Nationalfeiertag, gewidmet der Republik und dem Patriotismus, nicht dem Nationalismus. Im Blick zurück gibt es viel zu feiern, mit dem Blick nach vorne viel zu arbeiten, denn die Bundeshymne ist wahr geworden.

 

Aus der Isolation in die Europäische Union

Nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg war Österreich wie kaum ein Land auf sich allein gestellt. Das führte nach 1918 über gemeinsames Scheitern in eine Katastrophe, nach 1945 hingegen in die Neutralität. Es folgten Jahre der Gemeinsamkeit in den staatstragenden Angelegenheiten. Fünf Jahrzehnte, bis 1995, sollte es dauern, ehe Österreich mit dem Beitritt zur Europäischen Union einem Staatenverbund angehört, der politisch und ökonomisch bedeutsam ist. Hier halten wir jetzt, mitten in Europa, mitten in einer vielfachen Krise. Die Umstände der Zeit bestätigen zwei Zeilen der Bundeshymne, denn diese meinen zu Österreich: Heiß umfehdet, wild umstritten – liegst dem Erdteil du inmitten.

 

Österreich – Knotenpunkt, Schnittstelle, Brücke

In Tat und Wirklichkeit: Österreich liegt in der Mitte des europäischen Erdteils. Im Zentrum des Zustroms an Asylwerbern und an illegaler Migration. Am Knotenpunkt von Gaspipelines und Gaslagern. An der Schnittstelle der politischen und ökonomischen Beziehungen zu Ost- und Südosteuropa. An den Pässen zwischen Nord und Süd. An den Brücken zwischen Ost und West. Das schafft Möglichkeiten. Das stiftet Verantwortung, für Land und Leute, zudem über das Land hinaus.

 

Demokratisch und stabil

Maß und Mitte zu halten machte Österreich zu einem Ort von Demokratie, zu einem Hort der Stabilität. Einige Personen verlieren jedoch in ihrer Geschäftstüchtigkeit das Augenmaß. Andere wiederum sind von derart überhitzter oppositioneller Kampfeslust, dass die Redewendung „heiß umfehdet, wild umstritten“ mehr als übertroffen wird. Von beidem hatten und haben wir genug, im doppelten Sinn. Es gibt weiterhin keinen Bedarf danach.

 

Neuer Bedarf nach Maß und Mitte

Die Regierung und das Parlament machen seit Pandemie und Krieg einen auf 7/24 und der jüngste Europäische Rat machte die Nacht zum Tag. Anders war in Brüssel ein Gleichklang in der Antwort auf äußerst schwierige Energiefragen nicht zu schaffen. Und nur so gelang in Budapest und in Berlin ein Fortschritt in der humanitären Frage, ausbeutende Schlepperei einzudämmen. Und nur so, namentlich mit viel an Arbeit durch Regierung und Nationalrat, wird es gelingen, in stürmischen Zeiten die soziale Balance zu wahren. Die Länder und Gemeinden tragen das Ihre dazu bei. Aber Maß und Mitte zu wahren gilt es auch für die Sozialpartner in den Lohnrunden. Wenn diese zu heiß laufen, sind wie stets schmerzhafte Verbrennungen die unerwünschte Nebenwirkung. Die dann keiner gewollt hat.

Österreich – heiß umfehdet? Ja, immer wieder. Und wie ging’s aus? Gut – weil einige kühlen Kopf bewahrten.