Europa- & Aussenpolitik

Migrationsstudie: Auch 2023 droht Zustrom nach Europa

Nach 2022 rechnet man laut Migrationsausblick des ICMPD auch dieses Jahr mit weiteren vertriebenen Menschen aus der Ukraine in Europa. Foto: Stock / Joel Carillet

Das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) rechnet in seinem am Mittwoch veröffentlichten „Migration Outlook Report 2023“ mit einem anhaltenden Migrationsdruck nach Europa. Zum einen rechnet man mit bis zu vier Millionen Menschen aus der Ukraine. Zum anderen geht man in einer weiteren Prognose auch davon aus, dass die Migration aus Nordafrika und dem Nahen Osten zunehmen wird. Pikantes Detail: mit Unterstützung von Russland.

 

Krieg wird weiter Menschen nach Europa vertreiben

Seit der russischen Invasion im Februar 2022 haben rund 7,9 Millionen Ukrainer ihr Land Richtung Europa verlassen. 4,9 Millionen wurden im Rahmen der EU-Regelung des vorübergehenden Schutzes oder ähnlicher Regelungen in anderen europäischen Ländern registriert. Das ICMPD prognostiziert in seinem Migrationsausblick, dass diejenigen, die letztes Jahr angekommen sind, 2023 in größerer Zahl in den EU-Arbeitsmarkt eintreten werden, nachdem der vorübergehende Schutz bis März 2024 verlängert wurde, wie es am Mittwoch in einer Medienmitteilung heißt.

Da nicht mit einem schnellen Ende des Krieges gerechnet wird, und geschätzt 18 Millionen Menschen in der Ukraine dringende humanitäre Hilfe benötigen, geht das ICMPOD davon aus, dass 2023 bis zu weitere vier Millionen Menschen aus der Ukraine Richtung Westen aufbrechen werden.

 

Neue Fluchtroute via Russland 

Russland erhöht aber auch an einer anderen Stelle den Migrationsdruck auf Europa. Mit dem Plan, die Anzahl der Flüge von Nordafrika und dem Nahen Osten nach Kaliningrad, das an Polen grenzt, zu erhöhen, wird auch mit einem Anstieg der Migration gerechnet – abseits der bisher bekannten Fluchtrouten über das Mittelmeer oder den Westbalkan gerechnet.

Der Bericht prognostiziert auch, dass der sich verschärfende wirtschaftliche Abschwung in Europa den Arbeitskräftemangel nicht ausgleichen und die EU-Diskussionen über legale Migrationsoptionen, einschließlich befristeter Arbeitsvisa und Mobilitätspartnerschaften, wie sie 2022 zwischen einigen EU-Staaten und Drittländern wie Indien und Marokko abgeschlossen wurden, beschleunigen wird.

 

Spindelegger: Partnerschaften nehmen Druck

„Die wachsende Zahl von Partnerschaften zwischen der EU und Drittländern ist eine sehr positive Entwicklung, die die Ursache der illegalen Migration angeht, aber Möglichkeiten in den Ausreiseländern und legale Wege in EU-Länder bietet. Solche Partnerschaften und eine konstruktive Haltung zu Visaregelungen werden dazu beitragen, den Druck auf die südlichen und östlichen Einreiseländer zu verringern“, erklärt  Michael Spindelegger, Generaldirektor des ICMPD.

 

Insgesamt werden im Bericht zehn Bereiche zum Thema Migration angesprochen bzw. thematisiert, auf die in Europa 2023 geachtet werden sollte:

1. Hoher Migrationsdruck in Zeiten globaler Polykrisen
2. Schwerpunkt auf den westlichen Balkanstaaten und den Migrationsrouten
im zentralen Mittelmeer
3. Eine mögliche zweite Flüchtlingswelle aus der Ukraine
4. Die Arbeitsmarktintegration von Ukrainern und Ausstiegsstrategien aus dem vorübergehenden Schutz
5. Die Arbeit an Instrumenten zur Bewältigung der Instrumentalisierung von Migration
6. Die Debatte über Visaregelungen in der EU und darüber hinaus
7. Die Auswirkungen der globalen Angebots- und Lebenshaltungskostenkrise auf die Migration
8. Wirtschaftlicher Abschwung, Arbeitskräftemangel und die Diskussion über legale Migrationswege in Europa
9. Eine wachsende Zahl von Migrationspartnerschaften zwischen EU-Mitgliedstaaten und außereuropäischen Partnern
10. Die letzte Gelegenheit, den Pakt zu Migration und Asyl abzuschließen