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Die Politik ist kein Pferderennen

Pferderennen - Foto: iStock.com/winhorse

Von der Politik darf man sich vieles erwarten, aber keinesfalls, dass sie unterhaltsam sein muss. Die Politik, verstanden als das wert- und zielorientierte Organisieren des gemeinsamen und des öffentlichen Lebens, muss Interessen abwägen, Positionen argumentieren, muss das Leben des Einzelnen ebenso im Fokus haben wie das Wohl des Staates. Das ist schwierig genug. Namentlich in Zeiten einer Gesundheitskrise wie der seit 2020 bestehenden Corona-Pandemie. Und insbesondere, wenn sich dazu noch eine Wirtschaftskrise gesellt, die Beschäftigung und Einkommen des Einzelnen ebenso in Frage stellt wie das Beitrags- und das Steueraufkommen für den Staatshaushalt. Damit nicht genug, hat Österreich die Digitalisierung zu meistern, sich innerhalb und mit der Europäischen Union einer globalisierten Welt zu behaupten. Politik bedarf des richtigen Verständnisses.

Der Begriff von der Politik ist – gelinde gesagt – so allgemein gehalten und geläufig, dass das Wort Politik weder zum Verständnis der Vorgänge noch zur Verständigung zwischen Gesprächspartner wirklich dienlich wäre. Daher wird, aus dem englischen Sprachraum kommend, unterschieden: in polity, womit die Institutionen wie etwa das Parlament gemeint ist; in policy, womit Inhalte und Programme gemeint sind; und als dritte Dimension gilt politics, womit das Handeln und Austauschen, das Argumentieren und das Streiten gemeint sind. Worauf der Hinweis auf diese Dimensionen abzielt? Auf den Umstand, dass in der allgemeinen, in der öffentlichen politischen Kommunikation zu viel an politics vorherrscht, also an teils heftig ausgetragenem Parteienstreit. Die Debatten sind über policies zu führen, über die Programme und Konzepte. Daran mangelt es in der öffentlichen Kommunikation, in der noch ein kritikwürdiger Umstand zu verzeichnen ist: Über Politik im allgemeinen so zu sprechen, als wäre dies alles ein Pferderennen.

Wie bei einem Gespräch über Fußball oder Pferderennen werden die Aufstellungen der Parteien betrachtet, werden die Trainer kritisiert, die Kapitäne und Jockeys angehimmelt oder verachtet, werden Wetten über Siege oder Niederlagen abgeschlossen. Es hat sich inzwischen bis in das globale Lexikon Wikipedia herumgesprochen, dass Horce Race Journalism den Wahlkampfzeiten entspricht. Aber auch nicht mehr.

Die verfassungsgemäßen staatlichen Institutionen, die Programme und Debatten sollten nicht samt und sonders unter dem einen Begriff Politik behandelt werden. Und jegliche politische Aktion oder Debatte hat letztlich das Schicksal Einzelner oder des staatlichen Ganzen zum Gegenstand. Das ist kein Pferderennen. Und zugebenermaßen nicht auf den ersten Blick unterhaltsam. Aber es ist bedeutsam. Das muss reichen.