Kommentare

„Justiz kann nur gut bleiben, wenn man bei Fehlleistungen hinschaut“

Grafik: Zur-Sache

„Wir haben ein hervorragendes Justizsystem“, stellte Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss zu Beginn der Pressekonferenz am Dienstag fest. Hanger betonte dabei, dass es aber auch „erlaubt sein muss, auf einzelne Fehlleistungen in diesem System hinzuweisen.“ Konkret führte er zwei Beispiele an, die seiner Ansicht nach eine „politische Befangenheit der WKStA“ belegen.

 

„Abstrakte Relevanz“

Fehlleistungen erkennt Hanger etwa in der Prioritätensetzung der WKStA und in der Einteilung der Chats für den U-Ausschuss durch den leitenden Oberstaatsanwalt der WKSTA, Matthias Purkart. Der Untersuchungsausschuss soll nämlich nur jene Unterlagen und Chat-Protokolle erhalten, die für dessen Gegenstand zumindest „von abstrakter Relevanz“ seien könnten. Purkhart habe Chats daher anhand einer von ihm erkannten „abstrakten Relevanz“ an den Untersuchungsausschuss weitergeleitet. Auf die Frage, was denn „abstrakte Relevanz“ bedeute, antwortete Hanger, dies könne mit „eventuell von Bedeutung sein“ übersetzt werden.

 

Politische Befangenheit

Der konkrete Vorwurf von ÖVP-Hanger an Purkart: Der Oberstaatsanwalt der WKSTA habe Akten, die für Hanger keine Relevanz für den Untersuchungsgegenstand darstellen und eine „reine Seifenoper“ beliefern würden, jedoch als „relevant“ kategorisiert. Andererseits habe Purkart jedoch durchaus relevante Nachrichten nicht als solche eingestuft. Als Beispiel dafür verwies Hanger auf die Nachricht von ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (SPÖ) an Thomas Schmid im Zusammenhang mit den schrittweisen Personalentscheidung für die ÖBAG: „Jetzt next step, deine Bestellung und dann setzen wir das um was wir besprochen haben.“ Diese, seines Erachtens wesentliche Nachricht, habe Purkart aber als nicht relevant kategorisiert, erklärte Hanger.

Aus diesem Grund, so Hanger, sei bei dem Oberstaatsanwalt der WKSTA, Matthias Purkart, eine „politische Befangenheit“ zu vermuten. Hanger fordert zugleich Justizministerin Alma Zadic (Grüne) auf, sich diesen Fall genauer anzusehen.

 

Überarbeitung

Hanger nimmt auch eine „Überarbeitung“ des WKStA-Oberstaatsanwalts Purkart war: Dieser sollte in seiner Arbeit eine Priorität „auf die Bekämpfung von Korruption“ legen und nicht auf „Wortklauberei bei einer Aussage des Bundeskanzlers im U-Ausschuss“.

 

Häupls „bewusste Erinnerungslücke“

Als zweiten Beleg für Beispiele politischen Befangenheit in der justiziellen Vorgangsweise präsentiert Hanger eine „bewusste“ Erinnerungslücke von Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in einer Wiener Untersuchungskommission. Konkret ging es um die Befragung Häupls im Untersuchungsausschuss zum Krankenhaus Nord, wobei unter anderem Auftragsvergaben zu überprüfen waren. Auf die Frage der Vorsitzenden im U-Ausschuss nach einem Gespräch Häupls mit Stadträtin Sonja Wesely (SPÖ) über die Bauzeitverlängerung, antwortete dieser:

„Telefongespräche unter zwei Personen sind noch ärger als Vieraugengespräche. Ich werde Ihnen diese Frage nicht beantworten.“

Nach der Feststellung der Vorsitzenden, Häupl könne nicht einfach eine Frage nicht beantworten, außer er erinnere sich nicht mehr, erklärte dieser prompt: „Gut, ich nehme die Rüge zu Kenntnis, ich kann mich nicht erinnern“.

Hier erkennt ÖVP-Hanger ein klares Messen nach zweierlei Maß der WKStA und fragt: „Wieso lässt man das so charmant stehen und warum wurde hier die WKSTA nicht tätig?“

 

Politische Befangenheit

Hanger fasste am Ende der Pressekonferenz zusammen, dass Österreich ein „hervorragendes Justizsystem“ hat. Um dieses Justizsystem in dieser Qualität erhalten zu können habe er aber zwei Dinge aufgezeigt, die eine klare politische Befangenheit belegen. „So kann es nicht sein, dass für den WKStA-Oberstaatsanwalt ein Chat einfach nicht relevant ist und tausende andere Chats schon. Ich bitte daher die Justizministerin, hier aktiv zu werden“, so der VP-Abgeordnete. Und Hanger weiter: „Wieso geht man bei Häupl so locker damit um, wenn er offensichtlich die Unwahrheit sagt? Diese Frage möchte ich in den Raum stellen.“

 

Das Justizministerium weist in einer Aussendung diese Kritik zurück: Die Staatsanwaltschaft sei gesetzlich dazu verpflichtet, jeder Anzeige nachzugehen. Die Staatsanwaltschaft habe in einem Fall eine Anzeige erhalten (zu Bundeskanzler Kurz), in dem anderem jedoch nicht (Aussage von Ex-Bürgermeister Häupl).