Innenpolitik

Neue Bedingungen für Beschlagnahme von Handys

Die Justiz benötigt für die Strafverfolgung den Zugriff auf Daten, aber die Beschlagnahme von Handys soll jetzt verfassungskonform neu geregelt werden, kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler an. Foto: BMF/ Finanzpolizei

Die bisherigen Regeln für die Beschlagnahme von Mobiltelefonen waren teilweise verfassungswidrig, nun werden neue Bedingungen geschaffen. Dies kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler an. Volkspartei und Grüne brachten einen Initiativantrag ein. Sollten SPÖ und Neos mitgehen, werden die neuen Bedingungen am 11. Dezember im Nationalrat beschlossen. Gerade noch zeitgerecht. Hier die Details.

 

Alte Regeln für neue Technik

Ministerin Edtstadler brachte es bei einer Debatte des Juristentages, abgehalten im Parlament, auf den Punkt: „Ich habe immer gesagt, die geltenden Regelungen für Sicherstellungen sind nicht auf der Höhe der Zeit“.

Was ist gemeint? Die Exekutive kann bei Verdacht etwa Tatwaffen beschlagnahmen. Da der Staatsanwaltschaft aber auch ein Mobiltelefon als solche gilt, etwa für Verabredungen, können auch Handys beschlagnahmt werden. Doch während ein Messer immer ein Messer ist, ist ein Handy immer mehr als nur ein mobiles (Funk-) Telefon. Nämlich auch ein Speicher von persönlichen Daten. Daher hat der Verfassungsgerichtshof einige Regeln als verfassungswidrig aufgehoben und der Regierung ein Frist bis zum Jahresende 2024 gesetzt, neue zu schaffen.

Karoline Edtstadler: schrankenlose Auswertung von Handys ist rechtswidrig. Foto: Thomas Topf

Karoline Edtstadler: schrankenlose Auswertung von Handys ist rechtswidrig. Foto: Thomas Topf

Schrankenlose Auswertung rechtswidrig

Auch Edtstadler verwies vor rund 200 Juristinnen und Juristen – einmal mehr – darauf, dass „die schrankenlose Auswertung von Smartphones eindeutig grundrechts- und menschenrechtswidrig sei. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof „ist Richtschnur und Wegweiser“ für neue Bedingungen.

 

Zeitgerechter Beschluss möglich

Diese sollen nun geschaffen werden. Mit dem am Mittwoch eingebrachten gemeinsamen Antrag von ÖVP und Grünen sei ein weiterer wichtiger Schritt erfolgt, um die Sicherung von Datenträgern wie Handys oder Laptops zu regeln, sagte Edtstadler: “Der parlamentarische Prozess kann nun in Gang gesetzt werden. Damit ermöglichen wir eine rechtzeitige Beschlussfassung am 11. Dezember im Nationalrat”, betont Edtstadler.

Juristentag lud in das Parlament zur Debatte über die Sicherstellung von Datenträgern.

Juristentag lud in das Parlament zur Debatte über die Sicherstellung von Datenträgern.

Mehrheit mit SPÖ und Neos

Die Volkspartei und die Grünen suchen dafür jetzt eine parlamentarische Mehrheit. Edtstadler: “Es gilt daher, nun auf Basis des vorliegenden Antrags mit SPÖ und NEOS eine Mehrheit zu finden. Der weitere parlamentarische Prozess sollte auch genützt werden, um Expertinnen und Experten beizuziehen, um eine Lösung im Dezember – und somit vor Ablauf der Frist des VfGH – beschlussfähig zu machen.”

Eine neue Regelung zur Sicherstellung von Handys und zum Schutz der Beschuldigtenrechte ist dringend notwendig, bekräftigte Edtstadler: „Mit dem nun eingebrachten Antrag kommen wir einer grundrechtskonformen Sicherstellung von Datenträgern einen bedeuteten Schritt näher. Es gilt jetzt gemeinsam mit SPÖ, NEOS und Expertinnen und Experten weiter an dieser wichtigen Materie zu arbeiten”, so Edtstadler.

Änderung nach Begutachtung

Das Justizressort hat wegen Kritik am ersten Entwurf für die Beschlagnahme die ursprünglich dreiwöchige Frist für die Begutachtung um zwei Monate verlängert. Hier die wichtigsten Änderungspunkte nach dem Begutachtungsverfahren im Überblick:

  • Einführung einer neuen Ermittlungsmaßnahme für die “Beschlagnahme von Datenträgern und Daten”, die eine vorherige gerichtliche Entscheidung verlangt. Dadurch wird im Sinne des VfGH-Erkenntnisses die Sicherstellung von Gegenständen von der Sicherstellung von Datenträgern, die potenziell sensible Daten enthalten, getrennt.
  • Erhöhung der Begründungspflicht für die Anordnung der Staatsanwaltschaft und die gerichtliche Entscheidung. Verpflichtung zur Einschränkung des Datenzugriffs durch Umschreibung der Datenkategorien, Zeitraum und Dateninhalte.
  • Ausdrückliche gesetzliche Verankerung der Möglichkeit der Beschlagnahme von Daten “in der Cloud”.
  • Nichtigkeitssanktionen von Ergebnissen einer Auswertung, wenn die Ermittlungsmaßnahme nicht rechtmäßig angeordnet und bewilligt wurde.
  • Sicherstellung einer erhöhten Transparenz; Beteiligungsmöglichkeiten von Beschuldigten und Opfern bei der Selektion von erheblichen Tatsachen; erhöhter Rechtsschutz.
  • Stärkung der unabhängigen Aufsicht, in dem die Befugnisse der bzw. des Rechtsschutzbeauftragten der Justiz auch in Bezug auf die neuen Ermittlungsmaßnahmen ausgebaut werden.
  • Neuregelung des Beginns und der Beendigung des Ermittlungsverfahrens.
  • Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung, Herabsetzung der Höchstdauer eines Ermittlungsverfahrens.
  • Verschärfung der Regelungen im Dringlichkeitsverfahren vor den Journalrichterinnen und Journalrichtern.
  • Verbesserungen im Bereich des Opferschutzes.
  • Verbesserung der Rechtsposition der Opfer im Bereich der Entschädigung.
  • Neue Regelungen betreffend die Beschlagnahme, Ausfolgung und Verwertung insbesondere von Vermögenswerten im Fall von “Kryptowährungen”.
  • Veröffentlichungspflicht der rechtskräftigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte.
Die Justiz benötigt für die Strafverfolgung den Zugriff auf Daten, aber die Beschlagnahme von Handys soll jetzt verfassungskonform neu geregelt werden, kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler an. Foto: BMF/ Finanzpolizei
Die Justiz benötigt für die Strafverfolgung den Zugriff auf Daten, aber die Beschlagnahme von Handys soll jetzt verfassungskonform neu geregelt werden, kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler an. Foto: BMF/ Finanzpolizei