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Bürokratie an einem einfachen Joghurtbecher erklärt
Ein oststeirischer Joghurt-Direktvermarkter hat angekündigt, seine Produktion endgültig einzustellen. Der Grund: Bürokratie, wiederholte behördliche Beanstandungen und hohe Strafen wegen geringfügiger Verstöße. Der Bauernbund-Abgeordnete Andreas Kühberger kritisiert die Vorgangsweise der Behörden scharf und fordert die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „Beraten statt Strafen“.
Bauernbund kritisiert zu hohe Bürokratie
„Dieser Betrieb war wiederholt behördlichen Beanstandungen wegen Bagatellverstößen und in weiterer Folge hohen Strafen ausgesetzt. Das geht sich in der bäuerlichen Direktvermarktung, wo in der Regel alle Arbeitsschritte von der Familie durchgeführt werden, einfach nicht mehr aus“, erklärt Kühberger. Konkret wurde eine Geldstrafe von 500 Euro verhängt, weil mögliche Allergene auf einem Joghurt-Becher nicht ausreichend gekennzeichnet gewesen sein sollen. „Dass in einem Joghurt Milch enthalten ist, sollte sich von selbst erklären. Es ist aber vor allem ärgerlich, dass der Landwirt bereits bei dieser erstmaligen Beanstandung die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommt“, zeigt sich Kühberger verärgert.
So geht Bürokratie.
Bereits 2023 wurde der Betrieb wegen einer zu kleinen Schriftgröße von 0,2 Millimetern in der Zutatenliste mit 1.000 Euro bestraft. Trotz Umstellung auf Bio und externem Gutachten kam es erneut zu Beanstandungen. „Das Produkt wurde nach einigen kleineren Anpassungen als verkehrsfähig zugelassen“, so Kühberger. Die erneute Strafe führte jedoch dazu, dass der Direktvermarkter den Joghurt-Verkauf in regionalen Supermärkten einstellte. Künftig will er sich auf Käseproduktion und Ab-Hof-Verkauf konzentrieren.
Kühberger: Praxis „Beraten statt Strafen“ fehlt
Kühberger fordert ein ausgewogenes Vorgehen: „Dort, wo es notwendig ist, weil es wirklich um Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen geht, sagen wir nichts gegen die Strenge der Behörden. Aber bei derartig geringen Vergehen, die meist nur eine Formalität betreffen, darf es nicht sein, dass mit aller Vehemenz gleich gestraft wird. Vielmehr muss die Praxis ‚Beraten statt Strafen‘ endlich bei Lebensmittelkontrollen Einzug halten.“
Obwohl der Grundsatz bereits 2014 im Lebensmittelsicherheitsgesetz und 2019 im Verwaltungsstrafgesetz verankert wurde, sieht Kühberger Defizite in der Umsetzung. „Die Ausführung liegt bei den Bezirkshauptmannschaften, und da könnte die Handhabung unterschiedlicher nicht sein“, kritisiert er.
Bäuerliche Direktvermarkter unter Druck
Für kleine bäuerliche Betriebe sei „Beraten statt Strafen“ essentiell, betont Kühberger: „Von der Urproduktion angefangen über die Verpackung und den Vertrieb sind es bei der Direktvermarktung in der Regel die Mitglieder unserer Bauernfamilien, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Die Ressourcen sind dadurch allerdings stark begrenzt, Stückpreise deutlich höher. Gerade deshalb muss die Behörde Fingerspitzengefühl an den Tag legen und darf die bäuerliche Direktvermarktung nicht mit der industriellen Lebensmittelproduktion über einen Kamm scheren.“ Wenn schon Bürokratie, dann mit Bedacht.
Kritik an Gesundheitsminister Rauch
Um Klarheit über die Bürokratie zu schaffen, richtete Kühberger eine Parlamentarische Anfrage an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Dabei wollte er wissen, wie der Minister die Verhältnismäßigkeit solcher Strafen beurteile und wie groß der Anteil relevanter Verstöße sei, die tatsächlich die Lebensmittelqualität oder -sicherheit betreffen. Die Antwort des Ministers bezeichnet Kühberger als enttäuschend: „Nach wie vor wissen wir nicht, wie der Gesundheitsminister plant, ‚Beraten statt Strafen‘ endlich in die Praxis umzusetzen. Stattdessen sind unsere Direktvermarkter weiterhin stets der Gefahr ausgesetzt, Opfer willkürlicher Entscheidungen zu werden.“ Die das Resultat von Bürokratie sind.
Kühberger fordert klare Vorgaben, bei welchen Vergehen eine Beratung ausreicht: „Die gesetzliche Grundlage ist prinzipiell vorhanden. Der Gesundheitsminister – oder sein Nachfolger – wäre gut beraten, die Umsetzung des Prinzips ‚Beraten statt Strafen‘ schleunigst voranzutreiben. In manchen Fällen ist die Beratung beim ersten Vergehen sinnvoller als die sofortige Strafe – ansonsten laufen wir Gefahr, unsere so geschätzte bäuerliche Direktvermarktung zu verlieren“, mahnt Kühberger.
Die neue Europäische Kommission wurde verpflichtet, den Umfang an bürokratischen Regeln um einen Viertel zu vermindern. Die Forderungen danach wurden erst jetzt wieder etwa von der Industriellenvereinigung bekräftigt.
Einen Bericht über die Initiative gegen Bürokratie in der Land- und Forstwirtschaft finden Sie HIER.