Innenpolitik

„Bürgerliche suchen das Gemeinsame“

Bettina Rausch, Präsidentin der Politischen Akademie der ÖVP: "Was uns verbindet, sind nicht die Interessen Einzelner, sondern die Werte Vieler. Kurz zusammengefasst: Ein christlich-humanistisches Menschenbild." Foto: Philip Monihart

Wie gesellschaftlicher Zusammenhalt wieder gestärkt werden kann, wird die Politische Akademie in nächster Zeit intensiv beschäftigen. Für Bettina Rausch, Abgeordnete und Bereichssprecherin für Demokratie und Wertefragen, habe die Volkspartei als bürgerliche Partei die besten Voraussetzungen für Antworten auf diese Herausforderung: Die ÖVP sei schon gegründet auf den „Werten Vieler“ statt auf den „Interessen Einzelner“. Im Gespräch mit Zur-Sache erläutert die Präsidentin der Politischen Akademie die Beweggründe für diesen Akademie-Schwerpunkt, der am 26. September startet.

 

Wie steht es um das politische Klima?

Zur-Sache: Spaltung und Polarisierung sind Begriffe, die heute oft verwendet werden, um das politische und auch gesellschaftliche Klima zu beschreiben. Empfinden Sie das auch so?

Bettina Rausch: Leider ja. Wir erleben Klimawandel nicht nur in ökologischer Hinsicht als globale Erwärmung, sondern auch gesellschaftlich als immer hitzigere Auseinandersetzungen. Beides ist gefährlich, beides ist von Menschen beeinflusst und beides bedroht unsere Lebensgrundlagen – das Klima unseres Planeten und den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Politik und Medien tragen dazu bei, die Stimmung anzuheizen?

Wie vieles sind auch Politik und Medien differenziert zu betrachten. Aber es ist ein bisschen wie die Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei war. Spiegeln Politik und Medien die Stimmung in der Gesellschaft wider oder heizen sie die Polarisierung an? Es wird wohl ein wenig von beidem sein, wie kommunizierende Gefäße.

Aber ich finde schon, dass Politikerinnen und Politiker eine besondere Verantwortung haben, eine Vorbildfunktion. Ich bin ja Parlamentarierin aus Leidenschaft. Und das Parlament soll durchaus ein Ort der Auseinandersetzung sein – im positiven Sinn: Als Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ideen, verschiedenen Zugängen, mit den Meinungen anderer. In der Realität geht es leider zu sehr um Angriffe und Untergriffe, um Fundamentalopposition.

 

Gemeinsame Basis an Werten als Voraussetzung für Demokratie

Und wie kommen wir da wieder raus? Welche Rezepte haben Sie, um politische Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu verbessern?

Wer behauptet, dafür ein einfaches Patentrezept zu haben, ist ein Scharlatan. Auf der Politischen Akademie versuchen wir, jene Mechanismen aufzuzeigen, die zu Spaltung führen und die Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielen. Immerhin ist eine gewisse gemeinsame, außer Streit stehende Basis an Werten und Umgangsformen einer Gesellschaft die Grundvoraussetzung für Demokratie. Wir versuchen weiters, Erklärungen für Phänomene der Polarisierung zu finden. Wir wollen tiefer gehen, als nur Trolle und Bots festzustellen. Für dieses Vorhaben, die Ursachen und die Folgen kommunikativer und sozialer Prozesse auf Höhe der Zeit zu erkennen, suchen wir den Austausch mit Denkerinnen und Denkern in Österreich und darüber hinaus in ähnlichen demokratischen Systemen.

Letztendlich geht es um das Tun jeder und jedes Einzelnen. Politische Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt kann man nicht verordnen – nur fördern und vorleben. Als Volkspartei haben wir dafür die besten Voraussetzungen. Und auch Verantwortung.

Gegenseitiger Respekt und ehrliche Diskussion: Betinna Rausch, ÖVP-Bereichssprecherin für Demokratie und Wertefragen, beim Festakt "50 Jahre staatsbürgerliche politische Bildung" am 1. Juli im Parlament. Foto: Parlament/Rauchenberger

Gegenseitiger Respekt und ehrliche Diskussion: Bettina Rausch, ÖVP-Bereichssprecherin für Demokratie und Wertefragen, beim Festakt „50 Jahre staatsbürgerliche politische Bildung“ am 1. Juli im Parlament. Foto: Parlament/Rauchenberger

Zu den Unterschieden politischer Bewegungen

Warum hat gerade die Volkspartei die Voraussetzungen für eine Politik des Zusammenhalts?

Dafür sind zwei Gründe zu nennen. Bürgerliche suchen das Gemeinsame. Die Volkspartei ist eine bürgerliche Partei, die Suche nach dem Gemeinsamen liegt schon in der Gründungsgeschichte: Wir sind eine soziale Integrationspartei. Was uns verbindet, sind nicht die Interessen Einzelner, sondern die Werte Vieler. Kurz zusammengefasst: Ein christlich-humanistisches Menschenbild.

Andere politische Strömungen gründen geradezu auf Spaltung. Auf Klassenkampf, auf der Überlegenheit von Nationen oder Nationalitäten, auf der Einteilung der Menschen in moralisch Gute und moralisch Böse. Uns Bürgerlichen ist all das wesensfremd.

Das führt zum zweiten Argument, warum gerade die Volkspartei geeignet ist, Gemeinsamkeit und Zusammenhalt neu zu beleben: Bürgerliche Politik entsteht am Schnittpunkt von Freiheit und Verantwortung. Der Mensch ist auf Freiheit angelegt, doch sie muss in Verantwortung wahrgenommen werden. In Verantwortung für das eigene Tun, in Mitverantwortung für Mitmenschen, für die Lebensgrundlagen.

Und wie findet man dann dieses Gemeinsame in der Gesellschaft?

Wohlmeinend aufeinander zuzugehen und einander zuzuhören ist sicher ein wichtiger erster Schritt. Und sich mit anderen Meinungen, anderen Zugängen, anderen Einstellungen auseinandersetzen, mit Respekt und ehrlichem Interesse diskutieren. Das ist nicht leicht, aber es lohnt sich. An der Politischen Akademie wollen wir das leben und laden dazu ein, auch und gerade interessierte Persönlichkeiten aus Politik und Medien. Diese beiden Bereiche, Politik und Medien, haben die größtmögliche Meinungsfreiheit – und damit die höchste Verantwortung, wenn sie diese beruflich ausüben und darin letztlich der Gesellschaft verpflichtet sind.

Betinna Rausch: "Ich bin ja Parlamentarierin aus Leidenschaft. Und das Parlament soll ein Ort der Auseinandersetzung sein - im positiven Sinn." Foto: Parlament/Rauchenberger

Bettina Rausch: „Ich bin ja Parlamentarierin aus Leidenschaft. Und das Parlament soll ein Ort der Auseinandersetzung sein – im positiven Sinn.“ Foto: Parlament/Rauchenberger

Campus-Opening am 26. September

Die Politische Akademie lädt am 26. September zum Campus Opening: Zum Auftakt der Programm-Präsentation spricht die Wissenschaftlerin Barbara Zehnpfenning über „Philosophie des Bürgerlichen“.

Die Österreich-Gespräche der Politischen Akademie beginnen am 6. Oktober. Sie stehen unter dem Titel „Was hält uns zusammen?“ Die Gespräche werden jeweils mit einer Ministerin oder einem Minister geführt. Die ersten Stationen sind in Wien am 6. Oktober, in Linz am 10. Oktober und in Feldkirch (Vbg.) am 11. Oktober.

Bettina Rausch, Präsidentin der Politischen Akademie der ÖVP: "Was uns verbindet, sind nicht die Interessen Einzelner, sondern die Werte Vieler. Kurz zusammengefasst: Ein christlich-humanistisches Menschenbild." Foto: Philip Monihart
Bettina Rausch, Präsidentin der Politischen Akademie der ÖVP: "Was uns verbindet, sind nicht die Interessen Einzelner, sondern die Werte Vieler. Kurz zusammengefasst: Ein christlich-humanistisches Menschenbild." Foto: Philip Monihart