Innenpolitik
Mutmaßlicher Informationskauf aus BVT: Razzia bei Oppositions-Politiker
Vergangene Woche fand im Zuge der Ermittlungen zu einem Leak im damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der laut Medienberichten einzelne Abgeordnete mit einbezieht, eine Hausdurchsuchung bei einem Mitarbeiter der FPÖ statt. In den Berichten ist von einem „Agenten-Thriller“ die Rede: Der Vorwurf lautet, dass Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Informationen an einzelne Abgeordnete verkauft haben sollen. Von der „Crème de la Crème“ der Aufdecker der Nation schreibt etwa die „Kronen Zeitung“, „Die Presse“ schreibt, „ein Teil der Informationen ist offenbar Oppositionspolitikern zugekommen“.
Vergangene Woche fand in Wien eine Hausdurchsuchung beim ehemaligen FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein statt. Jenewein saß bis 2019 für die FPÖ im Nationalrat, leitete unter anderem die FPÖ-Fraktion im BVT-U-Ausschuss und arbeitet nun im Klub der Freiheitlichen Partei. Bei der Hausdurchsuchung sollen sechs Beamte mehrere elektronische Geräte sowie USB-Sticks und Smartphones beschlagnahmt haben.
Krone: „Crème de la Crème bisher „sauberer“ Aufdecker der Nation“
Anlass der Hausdurchsuchung ist der Verdacht des Informationsverkaufs aus dem ehemaligen BVT. Teils hochrangige BVT-Beamte sollen laut Medienberichten Informationen verkauft haben, die sie aus beschlagnahmten Telefonen – auch aus Ministerien – hatten. Die Abnehmer der Informationen waren laut den Recherchen des Standards neben dem flüchtigen Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek auch Staaten wie Russland sowie einzelne Politiker aus Österreich.
In einigen Medien kursieren in der aktuellen Causa jedoch keine konkreten Namen zu den weiteren möglichen politischen Akteuren neben Jenewein. Die „Kronenzeitung“ spricht allgemein von der „Crème de la Crème“ der Aufdecker der Nation und von „bekannten“ Gesichtern. Die „Kronenzeitung“ schreibt zugleich über „lautes Schweigen“ bei der „sonst immer angriffigen“ Opposition zu dieser Sache.
Komplize: „Beinahe die gesamte Opposition mit Informationen versorgt“
Laut “Der Presse“ gibt es eine Aussage eines Komplizen eines der Verdächtigen, die die Ermittler hinsichtlich des Informationskaufs durch Politiker hellhörig gemacht hat. Demnach sagte dieser aus, dass der nun Verdächtigte „beinahe die gesamte Opposition mit Informationen versorgt hat“ und er könne sich nicht vorstellen, „dass er das gratis gemacht hat“.
Wie „Die Presse“ am Montag ebenfalls berichtete, gebe es eine Notiz auf dem Handy des verdächtigen ehemaligen BVT-Mitarbeiters. Darin ist von „Laufender Unterstützung HJJ“ die Rede. HJJ entspricht den Initialen des FPÖ-Politikers Hans-Jörg Jenewein.
Jeneweins Anwalt, der auch die FPÖ in Verfahren vertritt, ließ der „Presse“ mitteilen, dass er „nie jemanden zu einer Straftat verleitet“ oder „für Informationen Geld angeboten oder bezahlt“ habe. Außerdem sei zu betonen, dass es sich um kein Korruptionsdelikt handelt. Gegen Jenewein wird wegen des Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch ermittelt.
Standard: Jenewein hatte „Respekt anderer Fraktionen“
Jeneweins politische Rolle um diese Causa wird in einem im Standard am Montag veröffentlichten Bericht weiter kontextualisiert. Demnach sei Jenewein weiterhin „Stratege und Taktiker“ seiner Partei, mit einem guten Netzwerk im Sicherheitsbereich. Im BVT-Untersuchungsausschuss habe er als „wichtigster Verteidiger“ des jetzigen Klubobmanns der FPÖ, Herbert Kickl, fungiert. Unter Kickl als Innenminister fand die breit kritisierte Razzia im BVT statt. Wegen der Umstände, wie es zur Razzia gekommen war und wegen der Erkenntnisse des BVT-U-Ausschusses, der weitere Missstände im BVT offengelegt hat, setzte der jetzige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) eine umfassende Reform der Behörde um.
Was Jenewein im Zuge seiner Arbeit im BVT-U-Ausschuss erlangte, ist laut Standard der „Respekt anderer Fraktionen“. Demnach hätten Stephanie Krisper (Neos), Peter Pilz (Jetzt) und Kai Jan Krainer (SPÖ) „alle eine gute Gesprächsbasis mit Jenewein“.
FPÖ kritisiert nach Hausdurchsuchung Justiz
Der Verdacht, der an einzelne Politiker gerichtet wird, wiegt laut den Recherchen der „Krone“, des „Standard“ und der „Presse“ schwer. Sie sollen sich mit „Kunden“ wie dem mittlerweile international gesuchten, flüchtigen Marsalek eingereiht haben, um gegen Bezahlung an sensible Informationen über Regierungsmitarbeiter zu kommen. Dabei soll etwa eine Abfrage von einem Dienstcomputer 1.500 € „gekostet“ haben.
Jeneweins Partei, die FPÖ, die in der Vergangenheit mehrmals Angriffe anderer Parteien auf die Justiz vermutete und diese kritisierte, reagierte prompt auf die Hausdurchsuchung: Mit Kritik an der Justiz, konkret der Staatsanwaltschaft.