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Darum geht’s in der Debatte zur Menschenrechtskonvention

Die Menschenrechtskonvention ist Grundlage auch für Gerichtsurteile. Genau über diese sollte debattiert werden, fordern mit Bundeskanzler Christian Stocker ein Drittel der EU-Regierungschefs. Anlass sind die aktuellen Herausforderung der Migration, konkret die Abschiebung schwer straffällig gewordener Migranten. Die Konvention bleibt unberührt, es geht um die Anwendung. Zur-Sache präsentiert einige Klarstellungen und den Link zum Offenen Brief – denn die Debatte wird fortgesetzt.
Österreich bleibt bei Bekenntnis zu Menschenrechtskonvention
Die Europäische Menschenrechtskonvention ist eine tragende Säule der Rechtsstaatlichkeit und steht in Österreich sogar im Verfassungsrang, heißt es dazu aus dem Bundeskanzleramt. Österreich zählt zu den stärksten Unterstützern von Völkerrecht, Rechtsstaatlichkeit und internationaler Gerichtsbarkeit.
Weder die Bedeutung der Menschenrechte noch die Unabhängigkeit und Autorität des EGMR werden in Frage gestellt, bekräftigt das Bundeskanzleramt.

Gerichtssaal am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Foto: EuGh
Abschiebung straffälliger Migranten
Bei diesem europäischen Vorstoß, der von einem Drittel der EU-Regierungschefs unterstützt wird, geht es darum, den Herausforderungen unserer Zeit adäquat entgegenzutreten und innovative Lösungen anzudenken. Dies gilt insbesondere, wenn es um die Abschiebung straffälliger Migranten geht. Tatenloses Zusehen kann nicht die Lösung sein. Die Bürger in Europa erwarten sich zurecht Lösungen. Es muss in Rechtsstaaten und stabilen Demokratien möglich sein, so eine Diskussion zu führen.
Gerichte müssen auf Anforderungen antworten
Zugleich geht es bei diesem Vorstoß auch darum, die Gerichte und ihre Entscheidungen zu stärken. Die Auslegung des Konventionsrecht im Bereich der Migration – konkret durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – muss an die Herausforderungen und Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts angepasst werden.
Internationales Recht entwickelt sich weiter, nicht zuletzt durch breite Diskussion und politischen Diskurs. Die rechtlichen Hindernisse bei Abschiebungen von Migranten, die schwere Straftaten begangen haben, sind nicht erklärbar.
Der offene Brief geht zurück auf eine Initiative der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und wird neben Bundeskanzler Christian Stocker von den Regierungschefs aus Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen unterstützt.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (imBild beim Europa-Forum Wachau 2023) initiierte den Offenen Brief zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs. Foto: Bka/Tadic
Der Brief der Regierungschefs
Und das schreiben die Regierungschefs in ihrem von der italienischen Regierung verbreiteten Offenen Brief zur Auslegung und Anwendung der Menschenrechtskonvention:
Die Interpretation der Menschenrechtskonvention durch den Gerichtshof begrenze inzwischen die Möglichkeit der Staaten, politische Entscheidungen innerhalb ihrer Demokratien zu treffen. Gerichtentscheidungen würden mit Kriminellen die falschen Personen schützen und für die Staaten hohe Begrenzungen aufbauen, eigenständig über Auslieferung zu entscheiden.
Da die Sicherheit und die Stabilität ihrer Staaten höchste Priorität hat, wünschen sie mehr Möglichkeiten, über Auslieferungen krimineller Nicht-Staatsangehöriger entscheiden zu können. Vor allem gehe es um Gewalt- und Drogenverbrechen, denn diese hätten jeweils ernste Folgen für die Opfer. Weiters um Personen, die Gast- und Aufenthaltsrechte für Kriminalität oder die Verbreitung von Unsicherheit nutzen.
Die Sensibilität des Themas sei ihnen bewusst, schreiben die neun Regierungschefs. Aber sie handeln für die Sicherheit ihrer Demokratien, auch wenn ihnen gelegentlich das Gegenteil vorgeworfen wird. Sie wollen jedenfalls ihr demokratisches Mandat dafür nutzen, ein neues und offenes Gespräch über die Interpretation der Europäischen Menschenrechtskonvention zu führen: „Es muss das richtige Gleichgewicht wieder hergestellt werden.“
