News

Kanzler fordert Distanzierung von Demo am Pogrom-Tag 9. November

Bundeskanzler Karl Nehammer ist "zutiefst erschüttert", dass ausgerechnet am Gedenktag der November-Pogrome 1938 gegen jüdische Mitbürger von Anhängern des FPÖ-Obmanns Herbert Kickl in Wien zu einer Demonstration unter dem Motto "Macht Euch bereit" aufgerufen wird. Davon sollten sich alle Parteien distanzieren, erklärte Nehammer. Foto: Andy Wenzel

Bundeskanzler Karl Nehammer fordert alle Parteien auf, sich von der für 9. November 2024 in Wien angekündigten Demonstration zu distanzieren: Diese steht unter dem Motto „Macht Euch bereit“ und wird von Anhängern des FPÖ-Obmann Herbert Kickl unterstützt. Doch der 9. November ist Gedenktag an die Pogrome 1938.

 

Beginn systematischer Juden-Verfolgung

Damit spricht sich Bundeskanzler Nehammer klar dagegen aus, die Demonstration „Macht Euch bereit“ ausgerechnet am 9. November abzuhalten. Diese erklärte er am Freitag, 25. Oktober, vor Start der Sondierungen für die Bildung einer neuen Bundesregierung. Er wolle das ansprechen, weil es ihn „sehr bewegt“, sagte Nehammer in einem kurzfristig einberufenen Statement im Bundeskanzleramt.

Der 9. November 1938 war, so Nehammer, der Höhepunkt der Pogrome gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Österreich.

 

Der 9. November 1938

Zur Information: Die Erste Republik war zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte, ab 12. März 1938 zogen Truppen der deutschen Wehrmacht, SS und Polizei in Österreich ein. Das Land wurde dem nationalsozialistischen Deutschen Reich angeschlossen. Umgehend wurden zahlreiche österreichische Politiker verhaftet, die systematische Verfolgung jüdischer Bürger setzte ein. Einer der größten – dann zunehmenden – Gewaltexzesse war das Pogrom am 9. November 1938: 30 Juden wurden getötet, 7.800 wurden verhaftet, 4.000 in das Konzentrationslager Dachau verbracht. Genau auf diese Ereignisse bezog sich Nehammer. Österreich gedenkt jährlich in mehrfacher Weise dieser Pogrome und der damit begonnen systematischen Vernichtung jüdischer Menschen.

 

Kanzler erinnert an Ereignisse

Der 9. November 1938 war, so Nehammer, der Höhepunkt der November-Progrome: „Dieser Tag ist daher ein Gedenktag, um an diese fürchterlichen Ereignisse zu erinnern“, sagte Nehammer am Freitag im Bundeskanzleramt vor Journalisten.

Und der Kanzler erinnerte an die Ereignisse: An diesem Tag und in der Nacht seien Einheiten der nationalsozialistischen SA und SS in Österreich, insbesondere in Wien, durch die Straßen gezogen, haben jüdische Geschäfte geplündert, die Synagogen angezündet, jüdische Mitbürgerinnen vergewaltigt, jüdische Mitbürger getötet, verletzt und misshandelt.

Nehammer dazu: Wenn nun „ausgerechnet an diesem Tag“ eine Demonstration unter dem Motto „Macht Euch bereit“ abgehalten werden, stellt sich die Frage: wofür machen sich die Personen dann bereit?

 

„Zutiefst entsetzt und betroffen“

„Ich bin zutiefst entsetzt und betroffen“, erklärte der Bundeskanzler. „Ich halte dies für eine ungeheuerliche Provokation. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie, des Rechtsstaates, der Versammlungsfreiheit und unserer freien Gesellschaft.“

Es ist vor allem eine Provokation der Angehörigen der Opfer der Pogrome.

 

9. November dient dem Gedenken

Eine derartige Demonstration an diesem Gedenktag „ist aus meiner Sicht unerträglich“, erklärte Nehammer: „Ich fordere alle Parteien dazu auf und lade sie ein, sich von dieser Demo zu distanzieren.“ Der 9. November ist für Österreich ein „schmerzlicher Tag“, jedenfalls kein Tag, „an dem man durch die Straßen zieht und schreit, macht Euch bereit“.

Und Nehammer abschließend: „Mir war es wichtig, diese Dinge klarzustellen, bevor die Sondierungsgespräche beginnen.“

Den gleichen Standpunkt hatte auch Wolfgang Sobotka, bis 24. Oktober Präsident des Nationalrats, in seiner an diesem Tag gehaltenen Abschiedsrede vertreten. Geradezu emotional meinte er in seinen Abschiedsworten in der konstituierenden Sitzung des Nationalrats: „Jeder Tag, jeder, ist mir für eine Demonstration recht, aber nicht dieser, nicht der 9. November.“

Bundeskanzler Karl Nehammer ist "zutiefst erschüttert", dass ausgerechnet am Gedenktag der November-Pogrome 1938 gegen jüdische Mitbürger von Anhängern des FPÖ-Obmanns Herbert Kickl in Wien zu einer Demonstration unter dem Motto "Macht Euch bereit" aufgerufen wird. Davon sollten sich alle Parteien distanzieren, erklärte Nehammer. Foto: Andy Wenzel
Bundeskanzler Karl Nehammer ist "zutiefst erschüttert", dass ausgerechnet am Gedenktag der November-Pogrome 1938 gegen jüdische Mitbürger von Anhängern des FPÖ-Obmanns Herbert Kickl in Wien zu einer Demonstration unter dem Motto "Macht Euch bereit" aufgerufen wird. Davon sollten sich alle Parteien distanzieren, erklärte Nehammer. Foto: Andy Wenzel