Wien Energie: Dokument belegt drohenden Versorgungsausfall

Ein internes Dokument der Wien Energie belegt, wie nahe am Abgrund der Energieversorger der Stadt Wien vor einer Woche gestanden ist. Ohne die Hilfen des Bundes wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass es für zwei Millionen Stromkunden dunkel geworden wäre. Die Stromversorgung war demnach alles andere als sicher, wie die Stadt Wien ständig behauptet hat.

 

„Das rote Debakel“ prangert in roten Großbuchstaben von der Titelseite der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „profil“. Am Cover zu sehen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. „Wie Bürgermeister Ludwig das Milliarden-Risiko der Wien Energie verheimlichte“, setzt das Magazin auf Seite eins fort. Als wäre die Aufregung, die Marathonsitzungen, die Hilfen des Bundes und die schlechte Kommunikation der Stadt Wien zur wirtschaftlichen Notlage der Wien Energie nicht dramatisch genug, brachte das Nachrichtenmagazin in der Berichterstattung zu den Entwicklungen der vergangenen Tage ein pikantes Detail.

 

„Strom- und Gaskunden wären zu kündigen“

Laut dem „profil“ vorliegenden Unterlagen, sah man bei der Wien Energie sehr wohl die Gefahr eines Versorgungsausfalles, wenn nicht die Liquidität sichergestellt werden würde. So zitiert das Magazin aus einer Präsentationsunterlage der Wien Energie, die am vorletzten Sonntag beim abendlichen Energiegipfel mit der Bundesregierung im Kanzleramt Thema war.

Auf einer Präsentationsfolie, die in der Fußzeile mit dem Vermerk „streng vertraulich“ versehen ist und mit 27. August 2022 datiert ist, werden die „Konsequenzen bei Nicht-Eintreten des Schutzschirmes“ aufgezählt.

In den Szenarien heißt es wörtlich: „Wien Energie wird an der Börse gesperrt und kann keine weiteren Geschäfte tätigen“. Falls es keine Hilfen geben würde, könne „Wien Energie kann die Verpflichtungen gegenüber den KundInnen nicht mehr einhalten und 2 Mio. Strom- und Gaskunden wären zu kündigen, da sie nicht mehr belieferbar sind.“

Die Situation der Wien Energie war demnach weit dramatischer als von den Eigentümervertretern bisher (gebetsmühlenartig) behauptet.

 

Eine als "streng vertraulich" eingestufte Unterlage der Wien Energie sah die Versorgungssicherheit für 2 Mio. Kunden in Gefahr. Entgegen den Aussagen von SPÖ-Bürgermeister Ludwig und Stadtrat Hanke. Foto: Screenshot Zur-Sache / profil.at

Eine als „streng vertraulich“ eingestufte Unterlage der Wien Energie sah die Versorgungssicherheit für 2 Mio. Kunden in Gefahr. Entgegen den Aussagen von SPÖ-Bürgermeister Ludwig und Stadtrat Hanke. Foto: Screenshot Zur-Sache / profil.at

Tagelange Dementis aus dem Rathaus

Finanzstadtrat Peter Hanke meinte bereits am vorigen Montagabend und noch bevor die Verhandlungen mit dem Finanzministerium für eine Milliarden-Finanzspritze so richtig begonnen haben, in der ZIB2, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet sei.

Hanke sagte im Interview: „Mir ist natürlich wichtig in diesem Moment klar zu sagen, die Versorgungssicherheit für zwei Millionen Kundinnen und Kunden ist gegeben.“

Auch SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig betonte einen Tag später in einer Pressekonferenz und ebenfalls noch bevor das Hilfspaket vom Bund geschnürt war ausdrücklich, dass die Versorgungssicherheit nicht in Gefahr sei: „Die Versorgungssicherheit war, ist und wird immer gesichert sein!“ Mit diesem Satz eröffnete er die Pressekonferenz.“ (siehe Bericht von Zur Sache)

 

Viele offene Fragen

Es gilt genau aufzuklären, zu welchem Zeitpunkt Stadtrat Hanke und Bürgermeister Ludwig (beide SPÖ) über die schweren wirtschaftlichen Probleme des Wiener Landesenergieversorgers informiert waren und weshalb sie in der Öffentlichkeit das Gegenteil von dem behauptet haben, was die Wien Energie der Bundesregierung am Krisen-Gipfel offenbarte. Dass Ludwig bereits mehr und viel früher wusste, belegen seine zwei 700 Millionen-Kredite, die er per „Notvergabe“ bereits im Juli und nach Bekanntwerden der Notlage Wien Energie gewährte. (Zur-Sache berichtete)