Regierung
Die Corona-Entscheidung. Was hinter den Kulissen geschah
Dass es die Bundesregierung sprichwörtlich locker angehen wird war bereits am Wochenende bekannt. Die Stimmen nach Rücknahme der Corona-Maßnahmen kamen nicht nur aus der Politik und den Ländern. Auch die Wirtschaft, der Handel oder die (Nacht-)Gastronomie adressierten ihren Wunsch nach Lockerungen an die Bunderegierung. Zur-Sache erklärt, was sich im Hintergrund abspielte, wer welche Position einnahm und wie es zu den Lockerungen kam.
Stabile Corona-Zahlen als Grundlage
Bundekanzler Karl Nehammer ließ schon seit Tagen außer Zweifel, dass es weitere Lockerungen braucht. Dies wurde auch am Wochenende dem Koalitionspartner und den Ländern signalisiert. Ein entsprechender Vorschlag wurde vorbehaltlich der Expertenmeinungen, aber auf Basis der Infektionsentwicklung der letzten Tage und Daten des Prognosekonsortiums im Kanzleramt ausgearbeitet.
Mit involviert für die Bundesländer war Landeshauptmann Markus Wallner, denn es ging neben den Lockerungen auch um den weiteren Umgang mit Gratistests, Impfpflicht oder Quarantäneregeln.
Mit einem fertigen Vorschlag von Nehammer als Diskussionsgrundlage kam es am Dienstagnachmittag zur entscheidenden Videokonferenz der Regierungsspitze. Es ging um die Vorbereitung des Corona-Gipfels am Mittwoch, aber vor allem um die Abstimmung einer einheitlichen Vorgehensweise innerhalb der Regierung.
Zugeschaltet per Video waren: Kanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, Bildungsminister Martin Polaschek und die Doppelspitze von Gecko, Katharina Reich und Rudolf Striedinger. Beide Letztgenannte hatten ein druckfrischen Sonder-Report dabei, der die aktuelle Einschätzung der Gecko-Experten darlegen soll.
Mückstein bremst
Zu diesem Zeitpunkt stand die grundlegende Stoßrichtung Nehammers, nämlich dass es Öffnungen geben muss, bereits außer Streit. Uneinig war man sich aber noch über das Ausmaß der Lockerungen.
Für den Kanzler war klar, dass angesichts der nicht ausgelasteten Krankenhauskapazitäten und nach Erreichen des Peaks der Omikronwelle die geltenden Einschränkungen der Bevölkerung auf Dauer nicht mehr zumutbar und auch nicht mehr begründbar sind. Öffnen so weit es geht, Vorsicht wo sie noch erforderlich ist, war Nehammers Botschaft an seine Regierungsmitglieder.
Auf der Bremse war zu diesem Zeitpunkt noch der Gesundheitsminister. Umfassende Öffnungen waren trotz stabiler Situation an den Krankenhäusern für ihn noch ein no-go. Es sollte weiterhin an einigen Regeln festgehalten werden, ist Mückstein überzeugt
Corona Kommission mit optimistischer Einschätzung
Die politischen Positionen waren klar, fehlte nur noch die entscheidende Einschätzung die beiden Gecko-Vertreter mit ihrem Sonder-Report. Und die lieferten schließlich in ihrem Expertenpapier das zentrale Argument für weitere, umfangreiche Lockerungen.
Die Experten von GECKO gehen nämlich davon aus, dass nach Überschreiten des Peaks und einer klaren Abflachung der Dynamik durch Lockerungsmaßnahmen keinen signifikanten Einfluss auf die Intensivbettenbelegung zu erwarten sei.
Somit war klar: Der Zugang von Nehammer, die Bevölkerung nicht mehr länger in diesem Ausmaß einzuschränken, wird von den Expertinnen und Experten von Gecko mit einer wissenschaftlichen Einschätzung untermauert.
Einigung auf umfangreiche Lockerungen
So wurden nach Einlenken des Gesundheitsministers die einzelnen Lockerungen fixiert. In zwei Schritten: Ab kommenden Samstag wird überall von den 2G Regeln auf 3G umgestellt. Die komplette Öffnung erfolgt am 5. März (Zur-Sache berichtete).
Das fertige „Öffnungsdokument“ als Arbeitsvorlage für den Corona-Gipfel am Mittwoch wurde noch durch ein paar Stellen in den betroffenen Ministerien zum finalen Check durchgereicht und über Landeshauptmann Markus Wallner in die Länder „auf Reise“ geschickt.
Acht von neun Länder stimmen zu
Alle Beteiligten waren über den Vorschlag der Bundesregierung vor der Corona-Sitzung am Mittwoch bereits im Bilde. Nehammer begründete in der Sitzung mit den Ländern ausführlich die nächsten Schritte (siehe Zur-Sache Bericht). Sitzungsteilnehmern zufolge verlief die Sitzung sehr unaufgeregt und konstruktiv. Erleichterung über die weiteren Öffnungen war in der Sitzung spürbar, auch wenn sich alle Sitzungsteilnehmer einig waren, dass weiterhin Vorsicht geboten ist und man sich vor allem für den nächsten Herbst vorbereiten muss.
Der Vorschlag Nehammers stieß letztlich in den Ländern auf breite Zustimmung. Acht von neun Bundesländer unterstützten den Plan. Wien scherte (erneut) aus.