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Kopfschütteln in Landwirtschaft: EU stellt Geflügelhöfe mit Industriebetrieben gleich

Hunderte heimische Schweine- und Geflügelhöfe sind von der neuen EU-Industrieemmissionsrichtlinie betroffen. Somit werden kleine Betriebe großen Industrieanlagen gleichgestellt. Der Ärger darüber ist groß. Foto: istock/ArtMarie

Die EU-Industrieemissionsrichtlinie ist ein Instrument zur Regulierung von Emissionen von Industrieanlagen, wie zum Beispiel von Kraftwerken und Raffinerien. Das Ziel ist, die Verschmutzung von Boden, Wasser und Umwelt einzudämmen und die Methan- und Ammoniakemissionen zu mindern. Nun setzte das  europäische Parlament einen Schritt, der bei der ÖVP für Kopfschütteln und Ärger sorgt.

 

Denn nach dem Beschluss in Straßburg sollen in Zukunft auch Schweine- und Geflügelhöfe unter die neue Richtlinie fallen. Heißt in der Praxis: kleine Bauernhöfe werden Industrieanlagen gleichgestellt. Ermöglicht wurden diese zusätzlichen Auflagen an Bürokratie und an Kosten mit Stimmen der europäischen Grünen, Sozialdemokraten und großen Teilen der Liberalen. Die ÖVP ortet einen Anschlag auf die kleinstrukturierte Landwirtschaft.

 

EU: Geflügelhof = Raffinerie

Der Europaabgeordnete Alexander Bernhuber, dort Agrarsprecher der ÖVP, reagiert deutlich:

„Unsere Schweine- und Geflügelhöfe sind keine Industrieanlagen – das war von Anfang ein großer Fehler, so verschiedene Bereiche in eine Richtlinie zu packen. Es ist ein massiver Anschlag auf die heimische, kleinstrukturierte Landwirtschaft, dass jetzt in den Verhandlungen die Schwellenwerte gesenkt wurden und damit künftig auch für kleinere Schweine- und Geflügelbetriebe dieselben Regeln gelten wie für Industrieanlagen.“

 

Linke Mehrheit verhinderte Änderungen

Dass Änderungsanträge des ÖVP-Abgeordneten und seiner Fraktion verhindert wurden, zeigt für Bernhuber eine traurige Realität: das Anliegen der Landwirtschaft, von Bürokratie entlastet zu werden, ist noch immer nicht bei allen Entscheidern angekommen ist.

„Die Verlierer des heutigen Tages sind unsere Familienbetriebe und zukünftige Hofübernehmer, die jetzt mit zusätzlichen Auflagen und Kosten zu kämpfen haben und denen die Planungssicherheit für wichtige Umbauten im Sinne der tierfreundlichen Haltung genommen wird“, ärgert sich Bernhuber.

 

Umweltkommissar mit Eingeständnis

Das skurrile am Parlamentsbeschluss ist vor allem die Tatsache, dass noch vor der Abstimmung der zuständige Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius in einer Wortmeldung  eingestand, dass eine rasche Überarbeitung in den kommenden Jahren nötig sei und der Agrarbereich vom Industriesektor getrennt geregelt werden müsse.

„Kurz vor der entscheidenden Abstimmung ein solches Eingeständnis vorzulegen ist ein deutlicher Beweis dafür, dass diese Richtlinie in vielen Bereichen schlecht verhandelt wurde. Die bevorstehende Überarbeitung muss genützt werden, um die Schwellenwerte anzupassen und unsere landwirtschaftlichen Betriebe von unnötigen bürokratischen Belastungen zu befreien“, macht Bernhuber Tempo.

 

Hunderte heimische Betriebe betroffen

Eine Ausweitung der Richtlinie auf Rinderhaltung, wie von der Kommission vorgeschlagen, ist bereits im Rahmen der Verhandlungen mit dem Rat der Mitgliedstaaten am „Nein“ des Parlaments gescheitert. Die Tierhaltung von Geflügel und Schweinen fällt aktuell bereits unter die Richtlinie, allerdings nur Großbetriebe ab 40.000 Geflügelplätzen oder 2.000 Mastschweineplätzen.

Die nun beschlossenen Werte für die Landwirtschaft bedeuten eine Reduktion der Schwellenwerte von bis zu 73 Prozent bei Schweinen und mehr als 76 Prozent bei Geflügel und würden damit in Österreich mehrere hundert Betriebe zusätzlich betreffen.

Der Parlamentsbeschluss muss noch vom Rat der Mitgliedstaaten formell bestätigt werden und dann nach Inkrafttreten innerhalb von zwei Jahren von den Mitgliedsstaaten national umgesetzt werden.