Europa- & Aussenpolitik

Hattmannsdorfer fordert Stahl‑ und Aluminium‑Schutzschirm

Geht es nach den Vorstellungen von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, soll die europäische Stahlindustrie viel stärker geschützt werden. Foto: iStock/davit85

Um Schlüsselindustrien und Millionen Arbeitsplätze in Europa zu sichern, fordert Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer einen EU-Schutzschirm für die Stahl‑ und Aluminiumindustrie.

Die europäische Stahlindustrie bereitet Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer Sorgen und er schlägt Alarm. Aufgrund der geopolitischen Entwicklungen gerate der europäische Zahl- und Aluminiummarkt immer stärker unter Druck. Weltweit liegen die Überkapazitäten im Stahlsektor bereits bei über 600 Millionen Tonnen – das Fünffache der gesamten EU‑Nachfrage – und sollen bis 2027 auf 721 Millionen Tonnen anwachsen, heißt es in einer Aussendung des Wirtschaftsministeriums am Montagmorgen. Während die USA und Kanada ihre Märkte durch hohe Zölle abschotten, bleibt Europa ein offener Zielmarkt.

 

Globale Überkapazitäten und europäische Verluste

Seit 2018 hat die EU mehr als 30 Millionen Tonnen Stahlkapazität verloren, die Auslastung der verbleibenden Werke sank 2024 auf nur 67 %. Infolge dessen gingen rund 30.000 Arbeitsplätze verloren. Direkt beschäftigt die Branche in Europa fast 300.000 Menschen, doch über 2,5 Millionen Arbeitsplätze hängen indirekt von der Stahl‑ und Aluminiumproduktion ab.

„Unsere Stahl‑ und Aluminiumindustrie ist ein Herzstück der europäischen Wirtschaft und das Rückgrat vieler Schlüsselbranchen. Doch sie steht durch chinesische Überproduktion und amerikanische Zollpolitik unter massivem Druck. Europa braucht einen Schutzschirm, um Arbeitsplätze, Investitionen und unsere Wettbewerbsfähigkeit abzusichern“, betont Hattmannsdorfer.

 

Stahl: Wesentliche Bedeutung für Österreich

Auch Österreich ist von den Auswirkungen betroffen. Jährlich werden 7–8 Millionen Tonnen Rohstahl und 600.000 Tonnen Aluminium verarbeitet. Diese beiden Sektoren sichern etwa 20.000 Arbeitsplätze und erzeugen eine Wertschöpfung von über 10 Milliarden Euro – rund 8 % der gesamten Industrieproduktion des Landes.

„Ohne Stahl und Aluminium gibt es keine europäische Autoindustrie, keinen Maschinenbau, keine Luftfahrt und keine Energiewende. Jeder direkte Arbeitsplatz in der Stahlindustrie schafft acht weitere entlang der Wertschöpfungskette. Wer diese Grundlagen aufs Spiel setzt, gefährdet nicht nur hunderttausende Jobs, sondern die industrielle Zukunft Europas“, warnt Hattmannsdorfer.

 

Hattmannsdorfers Vorschläge 

Der Wirtschaftsminister hat auch eine klare Vorstellung, wie der Stahlmarkt in Europa besser geschützt werden kann und legte am Montag einen 7-Punkte-Plan vor.

  1. Europäischer Schutzschirm: Schutzklausel für Stahl und Aluminium, mit reduzierten Importquoten, erhöhten Zöllen und ohne Befristung.
  2. Faire Wettbewerbsbedingungen: Importzölle auf ein Niveau wie in den USA und Kanada anheben.
  3. CBAM schließen und EU-ETS reformieren: Die Reform des Carbon Border Adjustment Mechanism muss sicherstellen, dass Wettbewerber keine Schlupflöcher mehr nutzen können. Der EU-Emissionshandel darf die Transformation durch Entzug von Finanzmitteln, die für direkte Investitionen in Dekarbonisierungsprojekte notwendig sind, nicht behindern (Stichwort „Freizuteilung“).
  4. Planungssicherheit für Investitionen: Verlässliche EU-Regeln für grünen Stahl und Aluminium, damit Unternehmen Milliardeninvestitionen tätigen können.
  5. Industriesouveränität stärken: „Made in Europe“ muss Leitprinzip bei öffentlichen Aufträgen und EU-Förderungen werden.
  6. Verlängerung kostenloser CO₂-Zertifikate, solange die Umstellung der Industrie auf CO₂-arme Technologien realistisch noch Zeit braucht
  7. Dekarbonisierung flankieren: Massive Investitionen in CO₂-freie Produktion brauchen eine klare industriepolitische Unterstützung durch Brüssel. Seien es der rasche Infrastrukturausbau, ein moderner EU-Emissionhandel der Investitionen ermöglicht und nicht hemmt oder wettbewerbsfähige Energiepreise, die EU muss rasch den entsprechenden Rahmen schaffen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf ab, die Industriesouveränität Europas zu stärken, Arbeitsplätze zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der Schlüsselbranchen langfristig zu sichern. Der Minister fordert die EU‑Institutionen nun auf, die genannten Schritte zügig zu prüfen und umzusetzen, bevor die globalen Überkapazitäten die europäische Produktion weiter unter Druck setzen.

„Europa darf nicht länger als Absatzmarkt für ausländische Überkapazitäten sein. Wir brauchen einen klaren europäischen Schutzschirm. Nur so sichern wir unsere industrielle Souveränität, schaffen Investitionssicherheit für Stahl und Aluminium und bringen den Standort Österreich und Europa zurück auf der Überholspur“, so Hattmannsdorfer.

Lesetipp: Nach Zoll-Deal drängt Hattmannsdorfer noch mehr auf Stärkung