Innenpolitik
726 Antisemitismus Vorfälle im ersten Halbjahr
Die Antisemitismus‑Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) hat für das erste Halbjahr 2025 (1. Jänner – 30. Juni) 726 antisemitische Vorfälle in Österreich registriert. Damit liegt die Zahl zwar unter den 808 Meldungen des Vorjahres, ist aber deutlich höher als im ersten Halbjahr 2023, das vor dem Hamas‑Massaker in Israel nur 311 Vorfälle verzeichnete. Gereiht nach politischen Hintergründen führt der „links motivierte“ Antisemitismus die Liste an.
„Antisemitischer Tsunami“
IKG‑Präsident Oskar Deutsch bezeichnete die Entwicklung als „antisemitischen Tsunami, der zu einer andauernden Überflutung geworden sei.“ Für Jüdinnen und Juden sei die Lage bedrohlich, aber man halte weiterhin am jüdischen Leben als selbstverständlicher Bestandteil Österreichs und als beste Antwort auf Antisemitismus fest. Dies sei nur dank umfassender Sicherheitsvorkehrungen möglich.
Aufschlüsselung der Vorfälle
- Physische Angriffe: 5
- Bedrohungen: 8
- Sachbeschädigungen: 78
- Massenzuschriften: 203
- Verletzendes Verhalten (z. B. verbale Hetze): 432
Die häufigste Erscheinungsform war israelbezogener Antisemitismus, gefolgt von antisemitischem Othering und Shoah‑Relativierung. In 77 Fällen enthielt die Meldung Aufrufe zu oder die Verherrlichung von Terror gegen Juden.
Linker Antisemitismus führt Liste an
Hinsichtlich der politischen Motive führt laut IKG der „links motivierte“ Antisemitismus die Liste an.
- Links‑motiviert: 202 Vorfälle
- Muslimischer Hintergrund: 195 Vorfälle
- Unklarer weltanschaulicher Hintergrund: 182 Vorfälle
- Rechts‑politisch motiviert: 147 Vorfälle
Der Leiter der Meldestelle Johannan Edelman erklärte, dass im Bericht ausschließlich Meldungen berücksichtigt werden, die eindeutig als antisemitisch verifiziert wurden. Gleichzeitig könne die Meldebereitschaft rückläufig sein, weil Betroffene sich zunehmend zurückziehen und häufig keine Betreuung oder statistische Erfassung wünschen. Edelman wies darauf hin, dass daher von einer hohen Dunkelziffer auszugehen sei.
Zur „Dauerbelastung“ geworden
IKG‑Generalsekretär Benjamin Nägele betonte, dass antisemitische Übergriffe zur Dauerbelastung geworden seien und der Alltag vieler Gemeindemitglieder von einem latenten Unsicherheitsgefühl begleitet werde. Er forderte Politik, Justiz und zivilgesellschaftliche Akteure auf, konsequent gegen jede Form des Antisemitismus vorzugehen.
In den Sommermonaten sei eine Häufung besonders bedrohlicher Vorfälle zu beobachten. Edelman merkte an, dass bereits in den ersten Wochen nach Ende des Berichtzeitraums die Zahl der physischen Angriffe und Bedrohungen die Gesamtzahl der Meldungen des gesamten ersten Halbjahres 2025 überstiege.
Der vollständige Bericht ist auf www.antisemitismus‑meldestelle.at/berichte abrufbar.





