Europa- & Aussenpolitik

Konferenz mit Afghanistan-Nachbarländern für Hilfe und Stabilität vor Ort

Foto BMEIA/Gruber

Das Ziel der Regierung für Afghanistan ist klar: Die Region durch Hilfe vor Ort stärken und Migrations-Herausforderungen in und mit den Nachbarländern lösen. Am Montag nahmen Außenminister Alexander Schallenberg und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) an einer Afghanistan-Konferenz teil. Zugeschaltet waren mit Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan auch drei Nachbarländer Afghanistans. Im Gespräch soll ein genaues Bild über die Lage in der Region entstehen, um noch bessere und zielgerichtete Maßnahmen vor Ort setzen zu können. Beispielsweise soll der Einsatz der 18 Millionen Euro Hilfsgelder detailliert geplant werden.

Neben Österreich nahmen an der Konferenz die EU-Staaten Dänemark, Deutschland und Griechenland teil. Mit weiteren Nachbarländern Afghanistans steht die Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz im bilateralen Austausch. „Die Menschen brauchen klar unsere Hilfe“, meinte Schallenberg unter Hinweis auf die Machtübernahme in Afghanistan durch die Taliban und den unmittelbar bevorstehenden Abzug internationaler Kräfte aus Kabul.

 

Konferenz hilft dabei, Hilfe präzise zu koordinieren

In Afghanistan besteht eine komplexe Krisensituation, die die Region sowie die internationale Gemeinschaft vor große Herausforderungen stellt. Neben großen Migrationsströmen erwarten internationale Hilfsorganisationen eine humanitäre Krise in Afghanistan. Außerdem droht durch die Machtübernahme der radikalislamischen Taliban ein Erstarken des Terrorismus in und aus der Region.

Um diese Herausforderung bestmöglich zu adressieren, setzt die österreichische Regierung in der Krisenbekämpfung auf einen „vor Ort“-Ansatz: Durch gezielte Maßnahmen und Kooperationen in Afghanistan und mit den Nachbarländern sollen etwa Migrationsströme schon in den Nachbarländern abgefangen werden und nicht erst an den EU-Außengrenzen. Durch Kooperationen mit den lokalen Sicherheitsbehörden und gezielte Unterstützung von Hilfsorganisationen soll zudem Stabilität in die Region gebracht werden. In Afghanistan soll kein „schwarzes Loch der internationalen Sicherheitspolitik“ entstehen.

All das brachten die beiden zuständigen Minister Schallenberg und Nehammer in eine Konferenz mit den Nachbarländern mit ein. Durch den Austausch mit den Nachbarländern sollen sich zudem drei Punkte ergeben, die für die weitere Krisenbewältigung essentiell sind, wie Außenminister Schallenberg ausführte:

  • Ein genaues Bild der Lage vor Ort
  • Eine Einschätzung zur Sicherheits- und Migrationspolitik
  • Der Bedarf an Hilfsgütern und -mitteln soll eruiert werden

 

Nehammer fordert Handeln auf EU-Ebene

Die Relevanz solcher internationaler Konferenz stellten beide Minister noch einmal in den Mittelpunkt und pochten auf eine rasche UNO-Geberkonferenz. Ein solche sei etwa vor einem Jahr unmittelbar nach der Explosionskatastrophe in Beirut abgehalten worden, im Falle Afghanistans wird dies von der Regierung noch vermisst.

Innenminister Nehammer formulierte zudem deutliche Kritik am Verhalten der zuständigen EU-Kommissarin: Ylva Johansson würde eher einzelne Mitgliedsstaaten wie Griechenland für deren Migrationskurs kritisieren, anstatt sich für Lösungen und Hilfe vor Ort einzusetzen. Nehammer verortet Johansson politisch in einem „linken Spektrum“. Für Nehammer müsse es Ziel der gesamten EU sein, gegen illegale Migration, organisierte Kriminalität und Schlepperei vorzugehen. Es liege an der EU, ein starkes Zeichen zu setzen, um Migrationsströme in die EU zu verhindern.

Für Nehammer ist es aufgrund der verfügbaren Informationen klar, dass Schlepper die Situation und das Elend der Menschen in der Region ausnützen würden, um „unendlich viel Geld“ mit dem „unendlichen Leid der Menschen“ zu verdienen. Deswegen brauche es koordinierte Hilfe vor Ort und eine Stabilisierung der Region. Dazu müsse man mit den Staaten in der Region auf Augenhöhe kommunizieren und als Partner verstanden werden.

Als wichtigsten Partner in Europa sieht Nehammer hier Dänemark an. Die dänische Regierung führt, wie auch die Österreichische, einen strikten Migrationskurs und ist zudem für Nehammer ein strategischer Partner innerhalb der EU, wenn es um den Kampf gegen illegale Migration geht.

 

Die Minister Nehammer und Schallenberg bei der Konferenz mit den Nachbarländern Afghanistans Foto: BMEIA/Gruber

Die Minister Nehammer und Schallenberg bei der Konferenz mit den Nachbarländern Afghanistans. Foto: BMEIA/Gruber

 

Hilfe über den Landweg durch Partner vor Ort

Die Konferenz fand zudem im zeitlichen Vorfeld zum endgültigen Rückzug der US-Truppen vom Flughafen in Kabul statt. Das bedeute, dass ab morgen die Taliban de facto die Kontrolle über den Flughafen einnehmen werden. Für die Evakuierung von Menschen mit einem österreichischen Aufenthaltstitel (bspw. Rot-Weiß-Rot Card) oder Österreicher, die sich noch in Afghanistan befinden, bedeutet dies, dass der Luftweg nicht mehr zur Verfügung steht.

Diese Herausforderung bewältigt die Regierung durch Verstärkung der Botschaften in Anrainerstaaten und gezielte Kooperationen mit den Nachbarländern. So wurden bereits über 110 Menschen über den Landweg außer Landes gebracht, hier dankte Schallenberg explizit Pakistan für die Unterstützung.

Die Lage bei der Evakuierung beschrieb Schallenberg zudem als komplex: Täglich würden sich weitere Menschen melden, die telefonisch angeben, einen Aufenthaltstitel für Österreich zu haben – verifizieren ließe sich das jedoch nur im persönlichen Kontakt. Ein Kriseninterventionsteam aus Österreich behandle derartige Fälle direkt in Usbekistan. Schallenberg betonte, die Bundesregierung werde „nichts unversucht zu lassen“, um den Personen mit österreichischem Aufenthaltstitel auch den Schutz zu gewähren, den sie brauchen.