Europa- & Aussenpolitik

So haben die Länder in Europa gewählt. Schlappe für Scholz und Macron.

Europa hat gewählt. Bei der EU-Wahl musste sowohl Präsident Macron in Frankreich als auch Kanzler Scholz in Deutschland herbe Verlust einstecken. Foto: istock/Martin Wahlborg

Zwischen Donnerstag und Sonntag waren rund 360 Millionen Bürger in Europa aufgerufen, die Zusammensetzung des EU-Parlaments neu zu wählen. Spannend war deshalb die Wahl nicht nur in Österreich, sondern auch in den anderen 26 Mitgliedstaaten. Besonders in den beiden starken EU-Mitgliedsstaaten Frankreich und Deutschland kam es zu starken Verlusten der dort aktuell Regierenden. Zur-Sache hat die wichtigsten Wahlergebnisse kompakt zusammengefasst

 

Europa: Starke Rechte in den Niederlanden

Als erstes Land war bereits am Donnerstag in den Niederlande die Bevölkerung zur Wahl aufgerufen. Erst vor wenigen Tagen konnte nach mühsamen Verhandlungen in den Niederlanden eine neue Koalitionsregierung nach den Parlamentswahlen im Herbst 2023 präsentiert werden. Dementsprechend gespannt blickten Beobachter nach Holland, ob der Wahlgewinner und Rechtspopulist Geert Wilders von der Freiheitspartei (PVV) auch bei der EU-Wahl den hohen Zuspruch vom Herbst halten kann.

Ersten Prognosen zufolge konnte die Freiheitspartei auch bei den EU-Wahlen stark zulegen und ihre Mandatszahl von bisher einem Mandat auf sechs Mandate erhöhen. Jedoch gelang Wilders nicht, mit seiner Partei Platz eins zu erobern. Dieser ging an ein Bündnis aus Grünen und Sozialdemokraten.

 

Grüne in Deutschland abgestraft – „Kanzler-Klatsche“ für Scholz

In Deutschland brachte die EU-Wahl laut ersten Prognosen eine herbe Niederlage für die Grünen. Mit rund minus 8 Prozent erreicht die Regierungspartei nur noch 12 Prozent Zustimmung. Auch die beiden anderen Regierungsparteien SPD und FDP können keine Zugewinne erzielen und verlieren 2,5 Prozentpunkt (SPD) und 0,5 Prozent FDP. Die deutsche Bild-Zeitung titelte nach der ersten Prognose von einer „Kanzler-Klatsche“ für Bundeskanzler Olaf Scholz. Alle drei Regierungsparteien können zusammengezählt nur knapp mehr Stimmen erzielen als Wahlsieger CDU/CSU, die auf 29,5 Prozent kommen.

 

Für die Bild-Zeitung brachte die EU-Wahl in Deutschland eine "Klatsche" für SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: Screenshot Zur-Sache/bild.de

Für die Bild-Zeitung brachte die EU-Wahl in Deutschland eine „Klatsche“ für SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: Screenshot Zur-Sache/bild.de

Auch in Deutschland verzeichnen die Rechtsextremen steigende Zustimmung. Die AfD schafft es mit 16,5 Prozent auf den zweiten Platz und lässt alle drei Regierungsparteien hinter sich. Beachtlich auch das erste antreten der ehemaligen Linken Sarah Wagenknecht. Mit ihrem Bündnis Sarah Wagenknecht erreicht sie laut ersten Prognosen 5,5 Prozent und überholt sogar die FDP.

Union auf Platz eins bestätigt

Die Unionsparteien CDU/CSU bleiben bei der Europawahl in Deutschland laut einer Prognose de ARD mit 30 Prozent stärkste Kraft. Den weiteren – auf Umfragen und Hochrechnungen beruhenden – Prognosen zufolge bleibt die Europäische Volkspartei (zu der auch die ÖVP gehört) weiterhin die stärkste Kraft im Europäischen Parlament.

 

Konservative gewinnen in Griechenland

Die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) hat laut ersten Prognosen die EU-Wahl in Griechenland gewonnen. Sie kommt laut Medienberichten auf 30 Prozent der Stimmen. Die linksgerichtete Syriza erreicht rund 17 Prozent, und die sozialdemokratische Pasok erzielt über 12 Prozent.

Von den 21 griechischen Sitzen im Europaparlament gehen acht an die Europäische Volkspartei (EVP), vier an die Europäische Linke (Syriza), drei an die sozialdemokratische S&D-Fraktion (Pasok) und zwei an die rechtsnationale EKR. Die kommunistische KKE erhält ebenfalls zwei Sitze.

 

Konservative Regierungspartei HDZ gewinnt in Kroatien 

Die konservative Regierungspartei HDZ hat laut Exit Polls, die nach Wahlschluss eines Privatsenders veröffentlicht wurden, die EU-Wahl in Kroatien gewonnen. Die Partei von Premier Andrej Plenković erhielt 33,7 Prozent der Stimmen und kann mit sechs Mandate im EU-Parlament rechnen. Die HDZ, Mitglied der EVP, konnte ihre Mandatszahl um zwei Sitze erhöhen.

Das links-liberale Wahlbündnis unter Führung der Sozialdemokraten (SDP) erreichte Medienberichten zufolge 27,8 Prozent und vier Mandate. Jeweils ein Mandat erhielten die rechtsextreme Heimatbewegung (DP) und die links-grüne Oppositionspartei Možemo.

 

Christdemokratischer Sieg in Zypern

Die christdemokratische und konservative Partei Dimokratikos Synagermos (DISY) hat laut ersten Prognosen die Europawahl in Zypern gewonnen und sichert sich zwei der sechs zypriotischen Sitze im EU-Parlament. Auf Platz zwei folgt die ehemalige kommunistische AKEL-Partei. Der 24-jährige Influencer Fidias Panayiotou belegt den dritten Platz. Die rechtsnationalistische ELAM-Partei zieht mit einem Abgeordneten neu ins EU-Parlament ein.

 

Sozialdemokraten verlieren in Malta

Ebenfalls sechs Mandate fürs EU-Parlament waren am Sonntag in Malta zu vergeben. Die sozialdemokratische Regierungspartei Labour hat laut Medienberichten trotz deutlicher Verluste den ersten Platz erreicht und stellt drei Mandate. Laut Prognosen erhält die konservative Nationalist Party zwei bis drei Sitze. Der Vorsprung Labour’s auf die Nationalist Party schrumpfte auf etwa 10.000 Stimmen. Unter den neuen EU-Mandataren befindet sich auch wieder Ex-Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola (Nationalist Party).

 

Le Pen in Frankreich klar voran

In Frankreich hat die Rechtsaußen-Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen einen klaren Sieg errungen. Erste Hochrechnungen verschiedener Institute sehen nach Wahlschluss die Partei bei 31,5 bis 33,3 Prozent der Stimmen. Damit liegt RN weit vor den Verbündeten von Präsident Emmanuel Macron, denen laut Medienberichten rund 15 Prozent der Stimmen prognostiziert werden. Den Sozialisten werden etwa 14 Prozent prognostiziert. Als Reaktion auf die Wahlniederlage löste Wahlverlierer Macron die französische Nationalversammlung auf und rief Neuwahlen aus.

 

Starker Zugewinn für Linke in Finnland

Stark zulegen konnten die Sozialdemokraten in Finnland. Laut ersten Prognosen konnte das Linksbündnis ihren Stimmenanteil um 10,5 Prozentpunkte auf 17,4 Prozent steigern. Für Platz eins reichte dieser Zuwachs allerdings nicht. Dieser geht mit rund 24,5 Prozent an die konservative Sammlungspartei von Ministerpräsident Petteri Orpo. Entgegen dem europäischen Trend konnten die Rechtspopulisten in Finnland nicht Fuß fassen und rutschten mit weniger als 8 Prozent auf den sechsten Platz ab.

 

Oppositionelle Volkspartei in Spanien vorne

In Spanien zeichnet sich nach ersten Prognosen ein knapper Sieg der oppositionellen konservativen Volkspartei PP (Partido Popular) ab. Laut Medienberichten liegen sie knapp vor den regierenden Sozialisten (PSOE). Demnach erreicht die PP 32,4 Prozent der Stimmen und die PSOE 30,2 Prozent, wie am Sonntagabend berichtet wird. Die rechtsextreme Vox-Partei wurde drittstärkste Kraft mit 10,4 Prozent. Die linke Plattform Sumar erreichte mit 6,3 Prozent Platz vier gefolgt von der linksalternativen Podemos mit 4,4 Prozent. Das aus katalanischen, baskischen und galicischen Nationalisten gebildete Bündnis „Ahora Repúblicas“ kam laut Prognose auf 4,3 Prozent

 

Tusk-Partei gewinnt in Polen

Polens Ministerpräsident und Ex-EU-Kommissionspräsident Donald Tusk ging mit seiner Bürgerplattform (PO) am Sonntag als stärkste Kraft hervor. Die liberalkonservative Partei kommt laut Medienberichten auf rund 38,2 Prozent der Stimmen. Die nationalkonservative PiS-Partei (Rechts und Gerechtigkeit) erreichte Platz zwei und kam auf 33,9 Prozent.

 

Sozialisten in Portugal vorne

In Portugal konnten die Sozialisten (PS) laut ersten Prognosen mit 31,4 Prozent der Stimmen den ersten Platz erreichen. Damit liegen sie knapp vor der regierenden konservativen Demokratischen Allianz (AD), die auf 30,6 Prozent kommt. Die rechtsextreme Partei Chega, die bei der Parlamentswahl im März noch über 18 Prozent erreichte, fiel auf 9,2 Prozent . Der dritte Platz ging mit 9,8 Prozent an die liberale Iniciativa Liberal (IL).

 

In Schweden gewinnen die Sozialdemokraten

Neben Portugal erreichen auch in Schweden laut ersten Prognosen die Sozialdemokraten den ersten Platz. Sie erhalten laut Medienberichten fünf der 21 schwedischen Sitze. Die bürgerlich-konservative Moderaterna-Partei von Ministerpräsident Ulf Kristersson folgt mit vier Mandaten. Sowohl die Grünen als auch die sozialkonservative Partei Schwedendemokraten sichern sich jeweils drei Sitze. Die Linkspartei und die liberale Zentrumspartei gewinnen jeweils zwei Plätze, je ein Mandat geht an die Christdemokraten und die Liberalen.

 

Liberale verlieren in Dänemark – Sozialisten gewinnen

Die liberale Venstre-Partei in Dänemark hat laut ersten Trends bei der EU-Wahl deutlich an Stimmen verloren. Sie fiel um 9,6 Prozentpunkte auf 13,9 Prozent, was den Verlust von zwei ihrer vier Sitze im EU-Parlament bedeuten könnte. Im Gegensatz dazu konnte die sozialistische Volkspartei zulegen und erreichte 18,4 Prozent, was ihr drei statt zwei Sitze einbringen würde. Die Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Mette Frederiksen blieben stabil bei 15,4 Prozent und behielten ihre drei Sitze. Die Rechtspopulisten verloren ebenfalls und kamen auf 6,5 Prozent. Insgesamt hat Dänemark 15 Sitze im Europaparlament.

 

Überraschung in der Slowakei

In der Slowakei hat Medienberichten zufolge die liberale Partei Progressive Slowakei (PS) überraschend die meisten Stimmen erhalten. Sie gewann mit 27,8 Prozent und sicherte sich sechs Sitze im EU-Parlament. Die linkspopulistische Smer-SD von Regierungschef Robert Fico, auf den im Mai ein Attentat verübt wurde, musste eine Niederlage hinnehmen und erreichte 24,8 Prozent, was fünf Sitze bedeutet. Die rechtsextreme Republika erhielt 12,5 Prozent und zwei Sitze. Jeweils einen Sitz sicherten sich die christdemokratische KDH und die sozialdemokratische Hlas-SD.

 

Meloni gewinnt in Italien

Die Regierungspartei Fratelli d’Italia (FdI) von Premierministerin Giorgia Meloni hat in Italien laut Exitpolls mit 27 bis 31 Prozent die EU-Wahl gewonnen. Die Sozialdemokraten (PD) landeten mit 21,5 bis 25,5 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. Somit setzte sich innerhalb der Regierungskoalition Melonis Partei durch. Die Lega Nord von Verkehrsminister Matteo Salvini und Forza Italia von Außenminister Antonio Tajani erhielten jeweils zwischen 7,5 und 9,5 Prozent der Stimmen.

 

Ex-Premier Babis gewinnt in Tschechien

Die oppositionelle liberale Protestbewegung ANO des früheren Premiers Andrej Babiš hat die EU-Wahl in Tschechien gewonnen. ANO erhielt 26,1 Prozent der Stimmen, wie Medien Montagnacht berichten. Auf Platz zwei folgte das Drei-Parteien-Wahlbündnis Spolu des konservativen Regierungschefs Petr Fiala mit 22,3 Prozent, wie das Tschechische Statistikamt (CSU) am Sonntagabend mitteilte. Auch die Bürgermeisterpartei (STAN) mit 8,7 Prozent, die Piraten mit 6,2 Prozent und die rechtspopulistische Partei der Direkten Demokratie (SPD) mit 5,7 Prozent ziehen ins Europaparlament ein. Überraschend gelang dies auch den Gruppierungen Schwur und Motoristen mit 10,3 Prozent sowie der von den Kommunisten geführten Gruppierung Stačilo! mit 9,6 Prozent.

 

Ungarn: Orban lässt Federn, bleibt aber stärkste Kraft

In Ungarn musste die regierende Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban Stimmenverluste in Kauf nehmen, bleibt aber mit 44 Prozent unangefochten stärkste Kraft und holt elf Mandate. Überraschend stark schnitt die neue Oppositionspartei „Respekt und Frieden“ (TISZA) von Péter Magyar ab und erreichte aus dem Stand heraus 31 Prozent und erreicht laut Medienberichten sieben Mandate. Das oppositionelle Bündnis Demokratische Koalition (DK) – Sozialisten (MSZP) – Parbeszéd (Dialog) sicherte sich knapp zwei Mandate, während die rechtsextreme Partei „Mi Hazánk“ (Unsere Heimat) ein Mandat erhielt.

 

Rechtskonservativer Sieg in Slowenien

Beim südlichen Nachbar Slowenien hat die rechtskonservative Oppositionspartei SDS die EU-Wahl gewonnen. Mit 30,8 Prozent der Stimmen sicherte sich das EVP-Mitglied vier Sitze im Europaparlament, wie nach Auszählung fast aller Stimmen Medien berichten. Die regierende Freiheitsbewegung (GS) unter Premierminister Robert Golob erzielte bei ihrem ersten Antreten auf europäischer Ebene 22,1 Prozent und zwei Mandate. Die außerparlamentarische Grünpartei Vesna schaffte einen Überraschungserfolg und belegte mit 10,5 Prozent den dritten Platz, was ihr einen Sitz einbrachte. Die mitregierenden Sozialdemokraten (SD) und die oppositionelle christdemokratische NSi erreichten jeweils ein Mandat mit 7,7 bzw. 7,69 Prozent der Stimmen.

 

Konservative  gewinnen  in Estland

In Estland hat die konservative Isamaa (EVP) mit 21,50 Prozent der Stimmen die EU-Wahl  für sich entschieden. Die Sozialdemokraten (SDE) erreichten 19,30 Prozent und belegten den zweiten Platz. Auf Platz drei landete die liberale Estnische Reformpartei (Renew) von Regierungschefin Kaja Kallas mit 17,90 Prozent, wie Medien berichten. Die Rechtspopulisten der EKR (ID) kamen auf 14,90 Prozent, gefolgt von der Estnischen Zentrumspartei (Renew) mit 12,40 Prozent. Damit stellen die konservative EVP, die Sozialdemokraten und die liberale Renew-Fraktion künftig jeweils zwei Europaabgeordnete. Die rechtspopulistische Fraktion ID wird einen estnischen EU-Abgeordneten entsenden.

 

Lettland: liberal-konservative gewinnen

In Lettland hat das  liberal-konservative Bündnis Jaunā Vienotība (EVP)  mit 25,1 Prozent der Stimmen gewonnen. Die rechts-konservative Nationale Vereinigung (EKR) folgt mit 22,08 Prozent. Auf Platz drei liegt die Liste aus Grünen und der Partei der Regionen mit 8,18 Prozent, gefolgt von den grünen Sozialdemokraten mit 7,42 Prozent und der sozialdemokratischen, prorussischen Saskaņa mit 7,14 Prozent. Die rechtspopulistische LPV erhielt 6,16 Prozent.

 

Konservative gewinnen auch in Litauen

Die konservative TS-LKD (EVP) hat in Litauen laut Medienberichten 21,33 Prozent der Stimmen erhalten und damit gewonnen. Dahinter folgen die Sozialdemokraten mit 18 Prozent. Der Bund der Bauern und Grünen Litauens kam auf 9,13 Prozent, vier weitere Kleinparteien liegen zwischen 5,41 und 5,96 Prozent.

 

Knappes Rennen in Luxemburg

Ein knappes Ergebnis brauchte die EU-Wahl in Luxemburg. Die christdemokratische CSV, angeführt von Regierungschef Luc Frieden, hat die EU-Wahl laut vorläufigen Endergebnissen knapp für sich entschieden. Mit 22,9 Prozent der Stimmen konnte die CSV ihre Position behaupten und wird weiterhin zwei Abgeordnete ins Europäische Parlament entsenden. Dicht dahinter folgten die Sozialdemokraten der LSAP, die 21,7 Prozent der Stimmen erhielten und einen Abgeordneten stellen werden. Die liberale DP, die zusammen mit der CSV die Regierungskoalition bildet, erzielte 18,3 Prozent und sicherte sich ebenfalls ein Mandat. Die Grünen (Déi Gréng) und die nationalkonservative ADR schnitten mit jeweils 11,8 Prozent der Stimmen ab und erhalten jeweils einen Sitz im Europäischen Parlament.