Innenpolitik

Kritik mit absurden Annahmen und irreführenden Berechnungen

Kritik an der Steuerreform beruht auf teils absurden Annahmen. Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Die ökosoziale Steuerreform wird breit begrüßt, von einzelnen Stimmen ertönt Kritik. Einen bemerkenswerten Fall von absurden Annahmen und irreführenden Berechnungen liefert das Momentum-Institut, abgedruckt in „Heute“.

Mehrheit erhält ein Plus

Die unentgeltlich verbreitete Tageszeitung „Heute“ präsentiert in ihrer Ausgabe vom 5. Oktober auf Seite 5 insgesamt 20 Beispiele, wie sich die Steuerreform auf unterschiedliche Personen, Familien und Haushalte auswirkt. Der Untertitel lautet: „Das ‚Momentum Institut‘ hat für ‚Heute‘ die Folgen der Öko-Steuerreform berechnet.“

Präsentiert werden 20 Beispiele, wobei sich bei 14 Beispielen ein deutliches Plus, also eine Entlastung für die Personen ergibt, lediglich bei 6 der dargestellten Beispielen ergibt sich ein Minus, also eine Belastung. Die Tabelle steht dennoch unter dem Titel „Verlierer der Steuerreform“. Obwohl sich darunter mehrheitlich Gewinner der Steuerreform befinden. Wenn ein Titel und der Artikel nicht zusammenpassen, wird von einem redaktionellen Fehler gesprochen. Wahrer Schönheitsfehler: Sämtliche Entlastungsfaktoren, wie die Senkung der zweiten und dritten Lohnsteuerstufe, die Senkung der KV-Beträge oder die Anhebung des Familienbonus auf 2.000 Euro werden schlichtweg ignoriert. Diese steuerlichen Faktoren spielen bei der Berechnung der „Verlierer Steuerreform“ keine Rolle.

Die Negativ-Beispiele haben es in sich, enthalten sich doch teils absurde Annahmen und lösen damit irreführende Berechnungen aus.

Zu hoher Verbrauch an Heizöl

Eines lautet: „Lebenspartner aus Hollabrunn, 2 Kinder. Mit 2 Benzinern fahren sie 40.000 km im Jahr. Das 120-Quadratmeter-Haus braucht für Warmwasser und Heizung eine Öl-Therme (4.000 l/Jahr) – minus 236,01 Euro.“ – Hier kann der Zeitungsleser nur staunen, denn: Dieser Haushalt verbraucht mit 4.000 Litern eindeutig mehr Heizöl, als ein Check zeigt. Dieses Haus sollte mit 2.300 bis 3.300 Litern Heizöl auskommen, auch wenn es aus dem vorigen Jahrhundert ist. Also: Hier wurde mehr an Heizöl eingesetzt, als unter zeitgemäßen Bedingungen üblicherweise verbraucht wird.

Ein weiteres Negativ-Beispiel lautet: „Ehepaar aus dem Waldviertler Gmünd ist stolz auf 5 Kinder. Sie haben einen Diesel und einen Benziner für 50.000 km im Jahr. Für das Haus mit 140 Quadratmeter brauchen sie 5.000 l Öl. – minus 123,51 Euro.“ – Das löst Staunen aus: Der Heizöl-Verbrauch sollte laut Energiecheck zwischen 2.700 und 3.900 Litern betragen. Interessant wäre es auch, die Einkommenssituation des Paares zu kennen, denn zusammen mit Familienbonus für 5 Kinder, steht hier jedenfalls eine deutliche Entlastung zu Buche.

Ein anderes Beispiel: „Pensionistenpaar aus Wien wohnt auf 70 Quadratmeter, fährt mit Diesel 30.000 km und heizt mit Fernwärme. Sie haben einen Nebenwohnsitz in Tirol (70 Quadratmeter), den sie mit Öl (2.000 l)heizen. – minus 207,13 Euro.“– Der Nebenwohnsitz würde laut Energiecheck die 2.000 Liter Heizöl bei ganzjähriger Nutzung verbrauchen, aber die ist wohl unwahrscheinlich, wenn jemand eigentlich in Wien wohnt. Es verwundert dann doch, dass gerade ein eher links-orientiertes Institut sich Sorgen um die Zweitwohnsitzbesitzer macht, die jährlich 30.000 Kilometer zurücklegen. Ob diese Zielgruppe stärker von einem regionalen Klimabonus profitieren sollte, kann man diskutieren.

Energie- und Mobilitätsberatung erforderlich

Was bleibt also von diesen konstruierten negativ-Beispielen? Diese vom Momentum-Institut erdachten Haushalte benötigen dringend

  • Energieberatung, um Energie effizienter einzusetzen und Energiekosten für Heizung und Warmwasser zu senken
  • Mobilitätsberatung, um die jährlichen Kilometerleistungen von 30.000 bis 50.000 Kilometer zu vermindern und die Mobilität klimafreundlicher zu gestalten. Ein durchschnittlicher Pkw fährt in Österreich 14.000 Kilometer pro Jahr, eine in Österreich lebende Person legt in einem Jahr durchschnittlich 9.000 Kilometer zurück.

Die angeblichen Negativ-Beispiele des Momentum-Instituts beruhen auf geradezu absurd hohen Annahmen an Ölverbrauch und Kilometerleistung. Das löst irreführende Berechnungen aus.

Analyse der Steuerreform berücksichtigt Entlastung nicht

Und überhaupt: Im Untertitel zur Tabelle des Momentum-Instituts heißt es nämlich: „Entlastungen durch niedrigere Lohnsteuer und Sozialabgaben werden nicht dargestellt.“ Doch die niedrigere Lohnsteuer ist ein Kern der Steuerreform, von der im Titel die Rede ist! Und die niedrigeren Sozialabgaben sollen jene Einkommensbezieher entlasten, deren Einkommen so niedrig ist, dass es kaum oder überhaupt nicht unter die Einkommens- bzw. Lohnsteuer fällt.

Ein Hinweis fehlt dem Artikel in „Heute“: Das Momentum-Institut wird von Zuwendungen aus dem Umfeld des Österreichischen Gewerkschaftsbundes mitfinanziert – obwohl es sich eher Sorgen um die Besserverdiener und Zweitwohnsitzbesitzer macht. Von den Sorgen der Menschen sind diese Berechnungen jedenfalls weit weg.