Innenpolitik

Österreichs Neutralität: national gefestigt, international geachtet

Österreich ist und bleibt neutral. Foto: iStock/narvikk - Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs.

Am Nationalfeiertag blickt Österreich auf 70 Jahre immerwährende Neutralität zurück. Politische Reaktionen, die aktuellen Schlussfolgerungen des Europäische‑Rats sowie Meinungsumfragen zeigen, dass die Neutralität nach wie vor fest im nationalen Selbstverständnis der österreichischen Bevölkerung verankert ist und zugleich von den europäischen Partnern respektiert wird.

 

Neutralität als aktives Rechtsprinzip

Staatssekretär Alexander Pröll erinnerte am Donnerstag in einer Dringlichen Anfragebeantwortung imBundesrat zum Thema Neutralität daran, dass Neutralität keineswegs Gleichgültigkeit bedeute. Er formulierte die Maxime der österreichischen Außenpolitik als „Stärke des Rechts“ und „nicht Recht des Stärkeren“ und betonte, dass die Neutralität „nicht das Zurückziehen, sondern das aktive Vermitteln“ sei.

Neutralität und europäische Solidarität schließen einander nicht aus, sie ergänzen sich, erklärte Pröll und verwies darauf, dass Österreich multilateral in der UNO und der OSZE engagiert sei. Er unterstrich, dass Österreich „klar auf der Seite des Rechts, der Freiheit und der Menschenwürde“ stehe und dass die Neutralität keine Passivität sei, sondern ein aktives Eintreten für Frieden, Stabilität und internationales Rechtbedeute.

 

Neutralität als Teil der rot‑weiß‑roten Identität

ÖVP‑Wehrsprecher Friedrich Ofenauer stellte im Vorfeld des Nationalfeiertages in einer Aussendung klar, dass die Neutralität „seit 70 Jahren gute Dienste leistet und ein Garant dafür ist, dass Österreich sich nicht in Konflikte hineinziehen lässt“.

„Wir sind militärisch neutral, nicht aber politisch“, betonte Ofenauer und nennt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Beispiel dafür, dass Österreich „entschieden gegen den Bruch des Völkerrechts“ auftreten müsse.

Er hob hervor, dass die Neutralität „ein wesentlicher Bestandteil der rot‑weiß‑roten Identität seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges“ sei. Wichtig sei aber auch, „dass wer die Neutralität ernst nimmt, diese auch schützen können muss“, so Ofenauer, der auf die aktuellen Investitionen beim Bundesheer verweist. „Bundesministerin Klaudia Tanner an der Spitze des Verteidigungsressorts steht genau dafür und den Ausbau der Verteidigungsfähigkeit Österreichs mit dem Aufbauplan ‘ÖBH 2032+’”.

 

Neutralität von und in Europa anerkannt

Passend zum Nationalfeiertag hielt der Europäische Rat am Donnerstag in seinen Schlussfolgerungen zum Krieg in der Ukraine fest, dass „jegliche militärische Unterstützung sowie Sicherheitsgarantien für die Ukraine unter uneingeschränkter Achtung der Sicherheits‑ und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten und unter Berücksichtigung der Sicherheits‑ und Verteidigungsinteressen aller Mitgliedstaaten erfolgen“.

Damit wird implizit anerkannt, dass Österreichs Neutralität – als Teil seiner Sicherheits‑ und Verteidigungspolitik – bei EU‑Entscheidungen respektiert wird, ohne die solidarische Zusammenarbeit innerhalb der Union zu beeinträchtigen.

 

Neutralität in den Köpfen der Österreicher

Eine aktuelle Befragung liefert ein klares Bild zur gesellschaftlichen Verankerung der Neutralität. Der Politikwissenschaftler Martin Senn führt an der Universität Innsbruck in Kooperation mit dem Außenministerium das „Austrian Foreign Policy Panel Project (AFP3)“ durch. In einer Langzeitstudie wird seit 2023 die Einstellungen der österreichischen Bevölkerung zur Außen- und Sicherheitspolitik erhoben.

80 % der Befragten sehen die Neutralität als Teil der staatlichen Identität Österreichs.

Unter den Über‑60‑Jährigen stimmen sogar 88 % zu, dass die Neutralität ein Identitätsmerkmal ist, während bei den 18‑ bis 29‑Jährigen nur 65 % diese Verbindung sehen.

 

Nur 13 % für NATO-Beitritt

Auch 70 Jahre nach Neutralitätsbeschluss spricht sich eine solide Mehrheit von 59 % der Befragten für die Beibehaltung der Neutralität in ihrer derzeitigen Form aus. 36 % würden sich eine umfassendere Neutralität wünschen. Nur 13 % sind für einen NATO-Betritt und weitere 9 % würden die Neutralität aufgeben, ohne der NATO beizutreten, wird es in einer Aussendung der Parlamentskorrespondenz aus der Studie zitiert.