Kommentare

Grüß Gott, Herr Abgeordneter!

Die Mehrheit grüßt in Österreich lieber mit "Grüß Gott" als "Guten Tag", berichtet die Kronen-Zeitung. Foto: PeopleImages

Der Abgeordnete der SPÖ, Kai Jan Krainer, hat mit einer barschen Zurechtweisung im Parlament eine erhebliche Aufregung ausgelöst. Er lässt sich die Begrüßung „Grüß Gott“ verbieten. In Wien heiße es „Guten Tag“. Krainer wurde teils mit Empörung kritisiert. Wiens Bürgermeister Ludwig (SPÖ) konnte die Sache noch zurechtbiegen. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt.

 

Was ist passiert und wie kam es zur Aufregung?

Vorige Woche sagte der Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich im U-Ausschuss des Nationalrats „Grüß Gott“. Das brachte ihm, wie ÖVP-Abg. Corinna Scharzenberger berichtete, eine Zurechtweisung des SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer ein. Denn Krainer sagte, in Wien werde nicht mit „Grüß Gott“ gegrüßt sondern mit „Guten Tag“.

„Wer ‚Grüß Gott‘ sagt, wird von der SPÖ verbal angegriffen“, erklärte dazu Scharzenberger. „Dass SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer nun offenbar allen Menschen in Wien die Grußformel ‚Grüß Gott‘ verbieten will, ist eine massive Grenzüberschreitung und zeigt, wie abgehoben die SPÖ agiert“, meinte Scharzenberger weiter. Diese Bevormundung ist vollumfänglich abzulehnen und muss dazu führen, dass sich die noch verbliebenen vernünftigen Kräfte in der SPÖ von ihrem Parteifreund distanzieren, so die Nationalratsabgeordnete der Volkspartei: „Wir lassen uns von der SPÖ sicher nicht verbieten, ‚Grüß Gott‘ zu sagen!“

 

"Grüß Gott und schönen Guten Morgen" sagte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in der TV-Pressestunde.

„Grüß Gott und schönen Guten Morgen“ sagte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in der TV-Pressestunde.

Parteikollege um Beruhigung bemüht

Die Wogen der öffentlichen Empörung über Krainer schlugen hoch. Doch einer seiner bedeutenderen Parteikollegen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, war indes – indirekt – um Beruhigung bemüht. Er war am Sonntag Gast in der Pressestunde des ORF, und zur Begrüßung sagte er prompt: „Grüß Gott und einen schönen guten Morgen“.

Das ist eine deutliche Korrektur zur Aussage Krainers.

Mehrheit bleibt bei Grüß Gott

Die Kronen-Zeitung machte aus der Affäre am Wochenende noch die „Frage des Tages“. Sie lautete: Nach Politi-Streit: Sagen Sie lieber „Grüß Gott“ als „Guten Tag“?

Die Antworten der über 20.000 Teilnehmer fallen eindeutig aus: 80 % sagen lieber „Grüß Gott“ als „Guten Tag“.

Die Kronen-Zeitung veröffentlichte allerdings auch Leserbriefe dazu. In einem davon heißt es, Herr Krainer lasse sich nicht mit „Grüß Gott“, sondern mit „Guten Tag“ begrüßen. Und dann fragte der Leserbriefschreiber: „Wie abgehoben ist diese Person? Weiß er nicht, dass den Leuten der ganze U-Ausschuss, der absolut nichts bringt, auf die Nerven geht?“

 

Nachgeschmack bleibt

Damit könnte die Sache erledigt sein, doch ein schaler Nachgeschmack bleibt.

Krainers Zurechtweisung zeugt von einem totalitären Anspruch. Seine Denkweise, also jene seiner Partei, sollte offenbar für die ganze Stadt Wien gelten. Total. Und die Menschen hätten sich bereits in der Begrüßung an die vorgegebenen Formen und Formeln – Guten Tag – zu halten. So etwas kennt die Geschichte nur aus totalitären Diktaturen. Im Übrigen behauptet gerade die SPÖ in Wien, die Stadtluft mache frei. Ja, aber offenbar nicht frei genug, um sich zur Begrüßung an historisch-kulturell überlieferte Höflichkeit – Grüß Gott – zu halten.