Nachgefragt
Nachgefragt: Im Gespräch mit Klaudia Tanner
Durch die COVID-19 Pandemie und den Krieg in der Ukraine hat das Österreichische Bundesheer einen erstarkten Rückhalt in der Bevölkerung bekommen. An der Spitze des Verteidigungsministeriums steht mit Klaudia Tanner eine große Unterstützerin des Bundesheeres, unter derer Führung nicht nur das Budget erhöht wurde, sondern auch die Vergütung für die Grundwehrdiener. Zur-Sache traf die Verteidigungsministerin um über die zukünftigen Herausforderungen in Sachen Landesverteidigung zu sprechen.
Zur-Sache: In Österreichs Bundesheer werden in den nächsten Jahren hohe Beträge investiert. Auf welche Herausforderungen sind diese Investitionen die Antwort? Und worin liegen die Schwerpunkte?
Klaudia Tanner: Das Jahr 2023 steht voll und ganz im Zeichen der Umsetzung und Abarbeitung des Aufbauplanes 2032. Hier haben wir auf Grundlage des Streitkräfteprofils und des Risikobildes Schwerpunkte ausgearbeitet. Natürlich haben wir auch die Sicherheitslage berücksichtigt, die sich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine europa- und weltweit drastisch verändert hat. Die Schwerpunkte, die wir dabei gebildet haben, sind unter anderem die Mobilität zu Lande und zu Luft, hier sprechen wir unter anderem von geschützten Fahrzeugen und Transportfähigkeiten oder auch über die Modernisierung der Hubschrauberflotte. Schutz und Wirkung der Soldatinnen und Soldaten ist auch ein Punkt, wo wir investieren müssen.
Das betrifft den Individualschutz bis hin zu moderner Ausrüstung und Aufrüstung von Munition und Waffen. Und als dritten und letzten Punkt haben wir die Autarkie unserer Kasernen. Um helfen zu können, müssen wir im Krisenfall handlungsfähig sein und dazu braucht es Kasernen, die auch bei einem Stromausfall im Betrieb bleiben können. Aber auch der Cyber-Bereich soll ausgebaut und moderner gestaltet werden. Wir müssen jetzt einiges beschaffen und investieren. Denn die Hauptaufgabe ist und bleibt die militärische Landesverteidigung, die gerade jetzt und mehr denn je weltweit an Bedeutung gewonnen hat, und diese gilt es entsprechend zu stärken.
Das Bundesheer bietet vielfältige Möglichkeiten qualifizierter Ausbildung. Wie erfahren junge Menschen davon? Wie sollen junge Menschen für das Bundesheer gewonnen werden?
Die Umfassende Landesverteidigung muss wieder ins Zentrum der Gesellschaft rücken und dazu gehört neben der militärischen Landesverteidigung auch die geistige. Und hier beschäftigen wir eine Vielzahl an Informationsoffiziere, die in die Schulen gehen, bei Berufs- und Weiterbildungsmessen oder auch bei Tage der offenen Türen über die vielfältige Welt des Bundesheeres informieren. Wir haben ja erst letztes Jahr unseren Bundesheer-Shop auf der Mariahilferstraße eröffnet, um näher bei den Menschen zu sein und ihnen die Berührungsängste und Skepsis gegenüber dem Bundesheer zu nehmen.
Hier kann man sich von Montag bis Samstag über die Bandbreite des Bundesheeres informieren. Weiters stehen wir intensiv mit dem Bildungsministerium in Kontakt, um gemeinsame Maßnahmen auszuarbeiten, wie wir noch näher an die Menschen herantreten können und über unser Bundesheer zu informieren. Denn das Bundesheer bietet ja immerhin von einer Lehre bis Pilot verschiedenste Möglichkeiten. Wir müssen nichtsdestoweniger in diesem Bereich noch besser werden und daran arbeiten wir laufend und werden dies auch verstärkt im nächsten Jahr tun.
Die Frauenquote unter den Soldaten steigt. Welche Anreize wurden beziehungsweise werden in Zukunft geschaffen, um Dienst und Beruf im Heer für Frauen attraktiv zu gestalten?
Wir haben hier ja schon einiges in Gang gesetzt. Wir haben darunter unseren Frauenförderungsplan aufgestellt, die Zugangsregelungen für Frauen angepasst, um ihnen den Eintritt in das Bundesheer zu erleichtern. Wir haben aber auch Mentorinnen die interessierten Frauen auf ihrem Weg zu einer Karriere beim Bundesheer begleiten. Wir wollen auch vermehrt auf Informationsoffizierinnen setzen, um zu informieren. Derzeit evaluieren wir unseren Förderungsplan, um noch besser zu werden, um so den Beruf ‚Soldatin‘ näher an die Frau zu bringen. Wir arbeiten aber auch laufend an neuen Projekten, um das Heer schmackhafter für Frauen zu machen.
In der Ukraine herrscht Krieg. Was ändert sich dadurch für Österreich und für die Sicherheitspolitik Europas?
Fakt ist, der 24. Februar hat die Welt auf den Kopf gestellt. Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich dadurch drastisch verändert und verschlechtert. Mit Krieg auf europäischen Boden hat niemand gerechnet. Viele europäische Staaten haben aber dadurch erkannt, wie wichtig es ist das eigene Land im Falle des Falles selbstständig verteidigen zu können. Viele Staaten haben ihr Verteidigungsetat erhöht und deutlich aufgestockt. Auch in Österreich hat man endlich erkannt, dass militärische Landesverteidigung wichtig für die Sicherheit der Bevölkerung sowie für den Schutz unserer Neutralität ist.
Daher haben wir unser Landesverteidigungsbudget wesentlich aufgestockt. Bis 2032 werden wir Investitionen in der Höhe von 16,6 Milliarden Euro investieren und das ist ein historischer Schritt für das Bundesheer. Für mich als Verteidigungsministerin war aber von Anfang an klar, dass unser Bundesheer moderner gestaltet werden muss und es einiges zum Aufholen gibt, damit es überhaupt einsatzfähig sein und auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechend reagieren kann. Daher liegt unser Schwergewicht in den nächsten Jahren auf Investitionen sowie die richtige Ausgestaltung des Bundesheeres – nicht zum Selbstzweck, sondern für die Sicherheit Österreichs.
Das Bundesheer war bei der Pandemie von Massentests über Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur bis zu Impfungen mit Assistenzleistungen überall präsent. Hat dies die Wahrnehmung und die Einschätzung des Heeres in der Bevölkerung verändert?
Ja, das auf jeden Fall. Das Bundesheer ist mehr denn je ins Zentrum der Gesellschaft gerückt. Das Vertrauen in die Institution Österreichisches Bundesheer hat massiv zugenommen, da liegen wir bei 70 Prozent! Aber nicht nur durch die Unterstützung unserer Soldatinnen und Soldaten und Bedienstete in der Covid-Pandemie hat sich die öffentliche Meinung verändert, sondern unter anderem auch durch die Leistungen unserer Militärexperten, die die Öffentlichkeit auf all unseren Kanälen sowie Fernsehen, Radio und Zeitung laufend über die Entwicklungen in der Ukraine informieren. Und das kommt bei den Menschen richtig gut an und wird auch dementsprechend gewürdigt – nicht nur national, sondern auch international!
Ihr Jahr in 3 Sätzen:
Es war ein herausforderndes, aber für die Zukunft des Bundesheeres ein positives Jahr voller Fortschritte. Wir haben die größte Budgeterhöhung des Bundesheeres erzielt! Das lässt mich als Verteidigungsministerin auf eine optimistische Zukunft für das Bundesheer und besonders auf das Jahr 2023 blicken!