Nachgefragt

Nachgefragt: Im Gespräch mit Norbert Totschnig

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig spricht mit Zur-Sache über das vergangene Jahr und gibt einen Ausblick für das Kommende. Foto: BML/Lendl

Er ist Tiroler, Vater von zwei Kindern und hat Landwirtschaft im Blut: Norbert Totschnig ist als Landwirtschaftsminister die starke Stimme für unsere Bäuerinnen und Bauern. Der Bundesminister wuchs mit sechs Geschwistern auf einem Bauernhof in Osttirol auf und hat 20 Jahre Erfahrung in der Bundes- und Agrarpolitik. Als Brückenbauer versteht er es, wirtschafts-, umwelt- und gesellschaftspolitische Interessen zusammenzuführen. Eine zukunftsorientierte und ausgleichende Haltung prägt seit 20 Jahren seine Arbeit in der Politik.

 

Zur-Sache: Wie wird die quantitativ ausreichende und qualitativ hohe Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gewährleistet?

Norbert Totschnig: Die Lebensmittelversorgungssicherheit hat für mich absolute Priorität! Es sind unsere Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich Essen auf unsere Teller bringen – auch in Krisenzeiten. Doch die gestiegenen Betriebsmittelkosten bringen unsere bäuerlichen Familienbetriebe zunehmend unter Druck. Darum haben wir als Bundesregierung umfassende Unterstützungspakete geschürt. Parallel zu diesen Maßnahmen startet 2023 die neue Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik. Künftig stehen rund 1,8 Mrd. Euro pro Jahr für die Stabilität der heimischen Land- und Forstwirtschaft wie auch für die ländliche Entwicklung zur Verfügung. Die GAP ist ein Zukunftsprogramm für unsere Bäuerinnen und Bauern. Sie bringt Planungssicherheit für Versorgungssicherheit. Laufend aktuelle Infos dazu gibt es auf unserer Plattform www.landwirtschaft.at.

 

Hält die Landflucht an? Wenn ja, wie wird ihr entgegengewirkt? Wie können ländliche Regionen ihre Infrastruktur erhalten.

Während der Corona-Pandemie gab es eine gegenteilige Entwicklung, da hat es vermehrt Menschen von der Stadt in ländliche Gebiete gezogen. Entscheidend für einen starken ländlichen Raum sind beste Lebens- und Arbeitsbedingungen. Darum hat mein Ressort die Initiative „MEINE REGION – Heimat. Zukunft. Lebensraum“ gestartet. Herzstück war eine Dialogtour durch ganz Österreich, wo wir mit Interessierten, Experten und Regionalpolitikern über aktuelle Handlungsfelder und Best practice Beispiele gesprochen haben. Ergebnis ist eine Regionenstrategie, die ich im November vorgestellt habe. Sie enthält Inputs zu drei wesentlichen Bereichen: Erstens, Lebensräume nachhaltig gestalten – etwa lebendige Ortskerne fördern, Bewusstsein bei Baukultur schärfen oder auch landwirtschaftliche Flächen schützen. Zweitens, Lebensräume attraktiv gestalten. Dazu gehört die Sicherung der regionalen Lebensmittelversorgung, der Schutz vor Naturgefahren, verbesserte Betreuungs- und Bildungsangebote oder auch Unterstützung für freiwilliges Engagement. Drittens, Lebensräume leistungsfähig gestalten: Hier geht es darum, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen, holzbasierte Bioökonomie weiterentwickeln oder generell neues Arbeiten und Wirtschaften zu ermöglichen. Mit der Regionenstrategie wollen wir eine Initialzündung für die Weiterentwicklung unserer Regionen geben. Ich lade alle ein, diesen Weg weiter mit uns zu gehen: www.meine-regionen.at.

 

Foto: BML/Lendl

„Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Österreich gut und gestärkt aus diesen Krisen zu führen – und das werden wir auch weiterhin tun!“ Foto: BML / Lendl

 

Die Lebensmittelpreise steigen, die Bauerneinkommen stagnieren. Wieso? Wird das geändert? Wie?

Die Lebensmittelpreise hängen stark von den Energiepreisen ab. Als Bundesregierung haben wir daher umfassende Unterstützungspakete umgesetzt, um die Bevölkerung und die Landwirtschaft zu entlasten. Dazu gehört das 4 Mrd. Euro Entlastungspaket vom Frühjahr ebenso, wie das 28 Mrd. Euro Anti-Teuerungs-Paket mit dem 500 Euro Klimabonus oder der doppelten Familienhilfe im August. Im September haben wir außerdem 9 Mio. Euro für den geschützten Anbau ausgezahlt, also für die Obst- und Gemüseproduktion in Glashäusern. Wie versprochen, haben unsere Betriebe vor Weihnachten auch Unterstützung aus meinem 110 Mio. Euro Versorgungssicherungspaket bekommen. Ohne Strom gibt es keine Lebensmittel. Daher haben wir zusätzlich einen 120 Mio. Euro Stromkostenzuschuss für die Landwirtschaft erarbeitet, der im nächsten Jahr wirksam wird, wie auch die Stromkostenbremse für alle Haushalte.

 

Landwirtschaft steht im Brennpunkt von Umwelt- und Tierschutz. Worin bestehen Leistungen für die Umwelt? Wie werden Tierschutz und Tierwohl beachtet und wahrgenommen?

Österreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Tierwohlstandards. Mit dem neuen Tierwohlpaket, das wir im Sommer beschlossen haben, bauen wir diese Vorreiterrolle weiter aus. Aber Tierwohl ist nicht nur Aufgabe der Produzenten, sondern der gesamten Gesellschaft. Darum sage ich auch immer klar: Wer höhere Standards bestellt, muss sie auch kaufen! Auch im Bereich Umweltschutz gehören wir zur Spitze. Mit 26% Bioflächen sind wir Europameister. Außerdem nehmen fast 80 Prozent unserer Betriebe freiwillig am Agrarumweltprogramm (ÖPUL) teil. Unsere Forstwirtschaft wird international anerkannt. Aktive Waldbewirtschaftung ist aktiver Klimaschutz. Denn ein bewirtschafteter Wald bindet mehr CO2 als ein unbewirtschafteter Wald. Unsere Land- und Forstwirtschaft ist also Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel.

 

Ihr Jahr in drei Worten oder Sätzen

Die Folgen der Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der Klimawandel – wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Österreich gut und gestärkt aus diesen Krisen zu führen – und das werden wir auch weiterhin tun!