News

Leitkultur: Die Debatte ist eröffnet

Leitkultur und Werte formulieren und kommunizieren: Integrationsministerin Susanne Raab vor dem ersten Gespräch mit Expertinnen und Experten zum Thema "Österreichische Identität und Leitkultur: Werte des Zusammenlebens". Fotos: Christopher Dunker

Ein erstes Gespräch von Expertinnen und Experten im Bundeskanzleramt bildete den Auftakt zum Konzept „Österreichische Identität und Leitkultur: Werte des Zusammenlebens“. Rechtsstaat, Demokratie, Gleichberechtigung und Pressefreiheit sind einige der Eckpunkte, auf die Integrationsministerin Susanne Raab eingangs verwies, als sie diese Initiative aus dem Österreichplan präsentierte.

 

Integration: Befassen mit Werten

Die Diskussion über Werte und deren Inhalte sei in der Integration geläufig, sagte Raab: Dort werde bereits auf drei Ebenen gearbeitet, nämlich Sprachkenntnisse in Deutsch, Arbeit und Wertevermittlung. Nach einem anfänglichen „Aufschrei“ ist es „inzwischen völlig normal, akzeptiert und gewünscht, dass man sich im Prozess der Zuwanderung und Integration mit Werten auseinandersetzt“, erklärte Raab.

Auftakt im Bundeskanzleramt: Expertinnen und Experten beim Gespräch über Werte und Leitkultur

Auftakt im Bundeskanzleramt: Expertinnen und Experten beim Gespräch über Leitkultur

Rechtsstaat, Demokratie, Gleichberechtigung, Pressefreiheit

Bei dem Gespräch der Expertinnen und Experten sollen grundlegende Werte und Prinzipien, die sich aus der Verfassung ableiten, erörtert werden. Dazu gehören das Leben in einem Rechtsstaat und einer Demokratie, die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Freiheit der Presse.

Für Personen, die aus anderen Kulturen oder Sozialisationen kommen, seien diese Werte oftmals keine Selbstverständlichkeit, erläuterte Raab. Es seien Kulturen, in denen Frauen weniger wert seien als Männer und in denen die Presse keine Freiheit genieße.

Susanne Raab: Viele Gesetze sind Ableitungen aus den Grundwerten und Grundprinzipien

Susanne Raab: Viele Gesetze sind Ableitungen aus den Grundwerten und Grundprinzipien

Gesetze ergeben sich aus Grundwerten

Es sei bedeutsam, sich mit diesen Umständen zu befassen, sagte Raab, also mit den Grundwerten und auch mit den Menschenrechten: „Viele Gesetze, die wir in Österreich haben, sind Ableitungen aus diesen Grundwerten.“

Konkret verwies Raab darauf, dass es in Österreich verboten ist, Mädchen genital zu verstümmeln und zwangsweise zu verheiraten. Es sei ebenso verboten, antisemitische Haltungen zu zeigen oder Äußerungen vorzunehmen: „Das ist aber in vielen anderen Ländern nicht verboten.“

 

Leitkultur: Grundkonsens über das Zusammenleben

Ergänzend zu den Gesetzen gehe es weiters um den Grundkonsens im Zusammenleben, wie Raab anhand der Berichte Betroffener darlegte: Ärztinnen berichten, Männer ließen sich nicht von ihnen behandeln; Lehrerinnen berichten, Burschen würden ihnen Respekt verweigern und deren Eltern die Zusammenarbeit. Mädchen dürften nicht am Unterricht in Schwimmen teilnehmen, während hingegen selbsternannte Sittenwächter den Mädchen an der Schule sagen würden, wie sie sich zu benehmen hätten.

Raab dazu: „Hier wird ein klarer Grundkonsens verletzt. Ein derartiges Verhalten auf dem Rücken von Mädchen und Frauen ist inakzeptabel.“

 

Vielfalt als Bereicherung

Dazu die Ministerin wörtlich: „Daher ist es wichtig, dass wir darüber nachdenken, wie wir diese klare Grundhaltung, diesen Grundkonsens auch in Österreich stärken können und in allen Phasen auch der Integrationsarbeit, aber nicht nur dort, verankern können.“ Darum gehe es in der Frage der Leitkultur.

Die Vielfalt Österreichs könne dann eine Bereicherung sein, wenn der von ihr skizzierte Grundkonsens im Zusammenleben eingehalten wird, erklärte Raab: „Für die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund, die in Österreich leben, ist es überhaupt kein Widerspruch, die
österreichische Identität zu leben, die österreichischen Werte mit Leben zu erfüllen ohne die eigenen
Wurzeln zu verleugnen.“

 

Vermittlung – und mögliche Sanktionen

In dem Expertengespräch wurde auch die Umsetzung angesprochen: Wie lassen sich Leitkultur und Grundkonsens vermitteln und weitertragen, wie kann Ärztinnen, Polizistinnen und Lehrerinnen der Rücken gestärkt werden?

Mögliche Hebel für eine wirksame Umsetzung seien Schulsystem und Schulpflicht, die Mitwirkungspflicht der Eltern, aber auch Familien- und Sozialleistungen: „Die Werthaltungen, die unser Zusammenleben tragen, sind klar zu kommunizieren – und es ist zu sanktionieren, wenn sie nicht eingehalten werden.“

Die Formulierung einer österreichischen Leitkultur ist Teil des Österreichplans von Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer.

Zum Wochenauftakt hatte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker eine Umfrage präsentiert, in der sich die Mehrheit klar für Maßnahmen der Integration ausspricht.

Leitkultur und Werte formulieren und kommunizieren: Integrationsministerin Susanne Raab vor dem ersten Gespräch mit Expertinnen und Experten zum Thema "Österreichische Identität und Leitkultur: Werte des Zusammenlebens". Fotos: Christopher Dunker
Leitkultur und Werte formulieren und kommunizieren: Integrationsministerin Susanne Raab vor dem ersten Gespräch mit Expertinnen und Experten zum Thema "Österreichische Identität und Leitkultur: Werte des Zusammenlebens". Fotos: Christopher Dunker