News

Nach Kärnten Wahl: SPÖ schlittert in tiefe Krise

Über Pamela Rendi-Wagner und die Bundes-SPÖ braut sich etwas zusammen. Die Kritik an der Parteivorsitzenden nimmt weiter zu. Fotos: Parlamentsdirektion/ Thomas Topf; iStock.com/ Slavica

Die Niederlage der SPÖ bei der Landtagswahl in Kärnten hat alle Erwartungen und Prognosen übertroffen. Die SPÖ im Land des Lindwurms musste 9 Prozentpunkte3 nachgeben und schrumpft auf unter 40 Prozent der Stimmen. Nach dieser katastrophalen Landtagswahl gerät SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner immer stärker unter Druck. Erste Dämme brechen und die „Hackeln“ fliegen immer tiefer. Bleibt die Frage: Wie lange ist Rendi-Wagner noch zu halten?

 

Ernüchternde Wahlbilanz für Rendi-Wagner

Es waren nicht erst die vergangenen drei Landtagswahlen in Kärnten, Niederösterreich und Tirol, die für die Sozialdemokratien zu Niederlagen und Dämpfern führten. Die Serie an Niederlagen für die SPÖ ist länger und geht weiter zurück. Pamela Rendi-Wagner konnte in ihrer bisherigen Ära als Parteivorsitzende nur überschaubar Wahlsiege verbuchen. Pikant: einzig die Landtagswahl im Burgenland im Jahr 2020 sticht hervor, als dort ausgerechnet ihr parteiinterner Widersacher Hans-Peter Doskozil die Landtagswahl mit einem satten Plus gewann. In Eisenstadt durfte sie (mit)jubeln, (auch in Wien gelang im gleichen Jahr ein kleines Plus).

Beide Wahlergebnisse sind aber weniger auf die Performance von Rendi-Wagner im Bund zurückzuführen, sondern auf die regionalen Umstände (etwa der „Wiener Weg“ unter Bürgermeister Michael Ludwig) und die Spitzenkandidaten (Peter Doskozil mit Kontrastprogramm zu Rendi-Wagner). Hingegen wird jede Wahlniederlage der SPÖ von Kommentatoren und den parteieigenen Leuten mit der Parteivorsitzenden in Verbindung gebracht. Einmal mangels Rückenwind von der Bundes SPÖ, dann wegen der Personaldebatten, aber meistens wegen beidem.

 

Debatte in SPÖ weiter sich aus

Der Wahlsonntag in Kärnten hat die Personaldebatte nicht beendet sondern weiter beschleunigt. Während sich Landeshauptmann Peter Kaiser im Wahlkampf eine öffentliche Diskussion um die Vorsitzende verbat, wurde diese von vielen anderen und letztlich auch von ihm selbst in den vergangenen 10 Tagen angeheizt. Es wirkte geradezu so, als versuchten alle in der SPÖ das Feuer mit Leichtbenzin zu löschen. Das kann nicht funktionieren. Der rote Flächenbrand wird immer größer.

Während Kaiser die volle Verantwortung für die verheerende Wahlniederlage auf sich schultert, spricht Rendi-Wagner in Klagenfurt von einer Niederlage, die „schmerzt“, und weist gleich jede Verantwortung von sich. „Das war eine Landeswahl und keine Bundeswahl“, meinte sie gegenüber Medien am Wahlabend in Klagenfurt. Peter Kaiser wird sich darüber weniger freuen. Ihm fehle angesichts der anstehenden Koalitionsverhandlungen in Kärnten „die Lust“, sich jetzt auch noch um die Lage in der Bundes-SPÖ und Zukunft von Rendi-Wagner zu kümmern, erklärte er in einer ersten Reaktion nach der Hochrechnung. Wendet sich hier auch schon ein bisheriger Unterstützer Rendi-Wagners ab?

 

Neue Störfeuer

Schmerzlich dürften weiters für Rendi-Wagner jedenfalls die Reaktionen aus den Ländern werden. Denn die ersten Kommentare ließen am Wahlabend darauf schließen, dass es in der Bundes-SPÖ noch einiges an Gesprächsbedarf gibt und es kein „weiter wie bisher“ geben wird.

Die sonst wenig auffallende SPÖ-Chefin aus Vorarlberg, Gabriele Sprickler-Falschlunger, schoss gleich noch am Sonntagabend einen Pfeil vom Bodensee Richtung Neusiedlersee. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil richtete sie aus, es sei ihr „vollkommen unverständlich, wie man so unsolidarisch sein kann und jedes Mal vor einer Wahl eine parteiinterne Diskussion befeuert“.

Dort war man nach der Hochrechnung aus Kärnten bemüht, in Deckung zu bleiben. Von Medien auf die Auswirkungen des Wahltages auf den Bund angesprochen, wurde in Eisenstadt nur ein kurzes „kein Kommentar“ abgegeben. Doskozil schwieg aber dennoch nicht. Denn ausgerechnet an dem für die SPÖ so wichtigen Kärntner Wahlwochenende lächelte der burgenländische Landeshauptmann von der Titelseite des Profil. Im Blattinneren nahm er in einem ausführlichen Profil-Interview Stellung und erklärte umfassend seine Art von sozialdemokratischer Politik. Er störte somit erneut die angestrebte Parteiruhe in der SPÖ. Solidarität schaut anders aus.

Auch der in Salzburg wahlkämpfende SP-Spitzenkandidat David Egger äußerte sich zum Wahlergebnis. Er will zwar keine Personaldiskussion im Bund, meinte aber dennoch, dass die SPÖ in Asylfragen einen „Schlingerkurs“ fahre. Auch das ist Rendi-Wagner nicht dienlich, denn es zeigt, dass sich die Kritik an ihr nicht nur an der Art ihrer Führung der SPÖ richtet, sondern besonders auch inhaltlich. Viele in der Partei werfen ihr vor, kein Kapital aus der aktuellen Stimmung zu schlagen.

 

Einhelliges Medienecho

Die heimischen Medien sind sich weitgehend einig, dass die Luft für Rendi-Wagner immer dünner wird. Ob sie diesen Sturm auch überlebt?

Die Tageszeitung Die Presse kam in der Montag-Ausgabe zu folgenden Befund: „Das ‚Window of opportunity‘ für Pamela Rendi-Wagners innerparteiliche Gegner scheint nun, nach der Kärnten Wahl und vor der Salzburg Wahl, gekommen.“

Der Kurier meint, „dass es um die SPÖ-Chefin nun wirklich eng wird“.

Und die Salzburger Nachrichten sehen mit Blick auf die in wenigen Wochen stattfindende Landtagswahl in Salzburg die Lage für Rendi-Wagner nicht besser sondern dramatischer werden. Die Zeitung sieht dort die SPÖ „meilenweit davon entfernt, der ÖVP die Nummer-eins-Position streitig zu machen. Viel wahrscheinlicher ist ein Abrutschen hinter die FPÖ auf Platz drei.“

 

Alle warten auf Ludwig

Entscheidend für die politische Zukunft von Pamela Rendi-Wagner dürfte aber wieder einmal Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig sein. Bisher hielt er standhaft an Rendi-Wagner fest. Auch nach der Kärnten-Wahl war die Wiener SPÖ bemüht, eine Personaldebatte in Abrede zu stellen.

Dennoch dürfte sich Ludwig bereits mit Szenarien befassen, wenn Rendi-Wagner nicht mehr zu halten ist, oder vielleicht sogar von selbst hinschmeißt, was allerdings aufgrund der vergangenen Personaldebatten um ihre Person weniger zu erwarten ist. Funktionäre der Wiener-SPÖ berichten von Aussagen des Bürgermeisters, die zumindest auf Überlegungen über einen Plan B vermuten lassen. Dabei kommt immer wieder der Name Doris Bures als Nachfolgerin Rendi-Wagners ins Spiel (Zur-Sache berichtete).

Es wird sich zeigen, ob in der SPÖ die nächste Wahlniederlage abgewartet wird. Es ist offen, ob es erst nach der Salzburg Wahl am 23. April und somit rund um den 1. Mai zu einem Showdown um die Führungsspitze in der SPÖ kommt, oder ob Pamela Rendi Wagner doch schon vorher den „Iden des März“ zum Opfer fällt und früher gehen muss.