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NS-Täter verlieren Ehrenzeichen

NS-Tätern und verurteilten Personen kann künftig auch nach ihrem Tod ein österreichisches Ehrenzeichen aberkannt werden. Der Verfassungsausschuss verabschiedete am Dienstag die Regierungsvorlage für die Novellierung des Ehrenzeichengesetzes. Bild: Screenshot/Präsidentschaftskanzlei

Wurde eine Person strafrechtlich verurteilt oder war sie in einer NS-Organisation führend tätig, kann ihr auch nach ihrem Tode ein verliehenes Ehrenzeichen aberkannt werden. Diese neue Regel beschloss der Verfassungsausschuss des Nationalrats.

 

Gesetzeslücke geschlossen

In Österreich ist es bisher nicht möglich, einer Person nach deren Ableben ein Ehrenzeichen abzuerkennen.

Dies galt lange Zeit als Gesetzeslücke und wurde insbesondere von der Israelitischen Kultusgemeinde kritisiert. Denn nach 1945 wurden wiederholt Personen mit Ehrenzeichen bedacht, die NS-Täter waren.

Das ist ab 1. Jänner 2024 anders: Ehrenzeichen können künftig bei strafrechtlichen Verurteilungen automatisch – von Gesetzes wegen – aberkannt werden. Über die Aberkennung bei Personen, die eine führende Rolle in der NSDAP oder NS-Vereinigungen hatten, soll ein Beirat aus Historikern und Juristen entscheiden. Dies ist die wesentliche neue Regelung des Bundes-Ehrenzeichengesetzes.

 

Werte und Verantwortung

Zu diesem Beschluss im Verfassungsausschuss des Nationalrates sagte ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl:  „Es ist ein Gebot der Verantwortung, dass die höchsten Auszeichnungen des Staates auch an einen hohen Maßstab des Werteverständnisses gebunden sein sollen.“ Denn, so Gerstl: „Für uns ist klar, dass weder Nationalsozialisten noch verurteilte Kinderschänder Träger eines österreichischen Verdienst- bzw. Ehrenzeichens sein dürfen.“

Der Beschluss fiel aufgrund einer Regierungsvorlage, die Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und Vizekanzler Werner Kogler im Jänner im Ministerrat eingebracht und dann öffentlich im Juni nochmals erläutert hatten.

Positive Reaktion von Karoline Edtstadler auf X, als Verfassungsministerin zuständig für Ehrenzeichen und engagiert gegen Antisemitismus.

Positive Reaktion von Karoline Edtstadler auf X, als Verfassungsministerin zuständig für Ehrenzeichen.

 

NS-Täter lieferte Anlass

Der Anlass für diese neue Regelung ist der Fall Hans Globke. Der deutsche Jurist  war engster Mitarbeiter des deutschen Kanzlers Konrad Adenauer (1949-1963) und hatte 1956 in Wien die zweithöchste Anerkennung der Republik erhalten, das „Große Goldene Ehrenzeichen am Band für Verdienste um die Republik Österreich“.

Erst nach dem Tod von Globke im Jahr 1973 wurde öffentlich bekannt, dass er als Jurist wesentlich an antisemitischen Gesetzen der NS-Diktatur mitgewirkt hatte: Er war Co-Autor der NS-Rassengesetze und hatte durchgesetzt, der jüdischen Bevölkerung den Stempel „J“ in die Pässe einzufügen. Aufgedeckt wurde Fall Hans Globke durch den Journalisten und Redakteur der Kleinen Zeitung, Christian Weniger.

NS-Tätern und verurteilten Personen kann künftig auch nach ihrem Tod ein österreichisches Ehrenzeichen aberkannt werden. Der Verfassungsausschuss verabschiedete am Dienstag die Regierungsvorlage für die Novellierung des Ehrenzeichengesetzes. Bild: Screenshot/Präsidentschaftskanzlei
NS-Tätern und verurteilten Personen kann künftig auch nach ihrem Tod ein österreichisches Ehrenzeichen aberkannt werden. Der Verfassungsausschuss verabschiedete am Dienstag die Regierungsvorlage für die Novellierung des Ehrenzeichengesetzes. Bild: Screenshot/Präsidentschaftskanzlei