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Stocker verlangt Aufklärung der Pietätlosigkeit

Christian Stocker, Abgeordneter und Generalsekretär der ÖVP, verlangt Aufklärung über die Herstellung der heimlichen Tonaufnahme mit Christian Pilnacek. Foto: Screenshot ZiB2 ORF

Der verstorbene Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, wird anhand eines heimlich aufgenommenen Gesprächs nach seinem Tod in die politische Debatte um behauptete Interventionen hineingezogen. Das ist „pietätlos“, sagt ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: Tonaufnahmen eines Verstorbenen nachträglich zu veröffentlichen „ist ein neuer Tiefpunkt der politischen Kultur“. Er fordert volle Aufklärung der Vorgänge.

 

Pilnacek war Auskunftsperson

Christian Pilnacek hat seine im Februar 2021 erfolgte Suspendierung als höchstrangiger Beamter des Justizministeriums rechtlich bekämpft, aber den Ausgang des Verfahren nicht mehr erlebt. Pilnacek verstarb am 60-jährig am 20. Oktober 2023 in Niederösterreich.

In Untersuchungsausschüssen des Nationalrats war Pilnacek als Auskunftsperson geladen und hatte unter Wahrheitspflicht auszusagen.

Dabei antwortete er auf Fragen nach Interventionen oder Kontakten mit Beschuldigten, „es gab sicher keine Interventionen oder verfahrensbezogene Gespräche“ (Eurofighter-Ausschuss, 2020). Und er hatte „keine Wahrnehmung über politische Beeinflussungen“, es gab keine politische Einflussnahme oder Behinderung von Ermittlungen (Untersuchungsausschuss, 2022).

 

Heimliche Tonaufnahme

Nun kursiert die heimlich hergestellte Tonaufnahme eines Gespräches mit Pilnacek am 28. Juli in einem Restaurant in Wien. Dabei soll sich Pilnacek gegenüber zwei Bekannten dahingehend geäußert haben, ÖVP-Vertreter hätten von ihm gewünscht, Verfahren einzustellen. Er habe allerdings nicht eingegriffen.

Die Vorgangsweise, solcherart einen Widerspruch herzustellen, bezeichnete Stocker als „einzigartige Pietätlosigkeit“: „Es macht mich sprachlos, dass eine vor wenigen Wochen unter tragischen Umständen zu Tode gekommene Person dafür herhalten muss, politisches Kleingeld zu schlagen.“

 

Aussagen unter Wahrheitspflicht

Die Aussagen Pilnaceks 2020 und 2022 seien vor Untersuchungsausschüssen des Nationalrats unter Wahrheitspflicht getroffen worden, so Stocker: „Pilnacek hat ganz genau gewusst, was es heißt, unter Wahrheitspflicht auszusagen, also auch nichts wegzulassen“, sagte Stocker in der ZiB2 des ORF. Und weiter: „Wenn es eine Intervention gegeben hätte, dann hätte er es gesagt.“

 

Es gab keine Interventionen

Auch der Verfahrensrichter habe festgestellt, es habe keine Interventionen gegeben. Die Protokolle der Einvernahmen Pilnaceks in den beiden Ausschüssen umfassen 133 Seiten, so Stocker, doch „nirgends lässt sich ableiten, dass irgendjemand interveniert hätte“. Ganz im Gegenteil: „Es ist nachzulesen, dass nicht interveniert wurde“, erklärte Stocker unter Verweis auf die Protokolle.

„Das Perfide“ an diesem Vorgang – also der Tonaufnahme und dem behaupteten Widerspruch der Aussagen – sei, dass man dann den Betroffene zu fragen hätte: „Doch das geht in diesem Fall nicht. Daher ist das moralisch und politisch völlig verwerflich.“

 

Stocker in Zitaten:

„Pilnacek kann sich nicht mehr erklären. Ihm ist mit dieser geheimen Aufnahme einmal mehr übel mitgespielt worden.“

„Ich halte mich an das, was Pilnacek im Untersuchungsausschuss gesagt hat.“

Stocker wörtlich in der ZiB2: „Wo kommen wir hin, wenn eine Tonaufnahme aus einem Wirtshaus mehr Gewicht erhält als eine Aussage unter Wahrheitspflicht.“

 

Gefahr für den Rechtsstaat

Eine derartige Vorgangsweise gefährdet den Rechtsstaat und die Demokratie: „Wenn wir nicht mehr akzeptieren, dass Auskunftspersonen unter Wahrheitspflicht antworten, dann untergräbt das unseren Rechtsstaat.“

Die Methode der heimlichen Aufnahme erinnere zudem an die Methoden des Geheimdienstes in der Sowjetunion (1922-1991), den KGB.

 

Sobotka: Nie über Verfahren gesprochen

In dem heimlich aufgenommenen Gespräch soll Pilnacek zudem von Interventionsversuchen durch Wolfang Sobotka, Präsident des Nationalrats, berichtet haben. Dessen Büro wies die Behauptungen umgehend zurück: Sobotka habe nie mit Pilnacek über laufende Verfahren, Ermittlungen oder Anordnungen für Sicherstellungen gesprochen.

Vor diesem Hintergrund habe Sobotka weiterhin das Vertrauen der Fraktion, sagte dazu Stocker im ZiB2-Interview.