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„Wüstenblume“ Waris Dirie in Wien zum Weltfrauentag

Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie zu Gast bei einem Austausch in Wien-Donaustadt. Foto: Kugler

Engagement für Frauen: Am Sonntag luden Nationalratsabgeordnete und ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler sowie Floridsdorfer Bezirksvorsteherstellvertreter Christian Klar zu einer Filmvorführung mit anschließendem Austausch mit Waris Dirie. Gezeigt wurde der Film „Wüstenblume“, der die Lebensgeschichte Diries erzählt. Die ehemalige UN-Sonderbotschafterin kämpft unter anderem gegen weibliche Genitalverstümmelung.

 

Dirie: Österreich ist schönster Fleck Europas

Das ehemalige Model Waris Dirie ist vielfach ausgezeichnete Menschenrechtsaktivistin, Beststeller-Autorin und ehemalige UN-Sonderbotschafterin gegen weibliche Genitalbeschneidung. Sie war anlässlich des Weltfrauentags zu Gast bei einem Austausch in der Donaustadt, Wien. Zuerst wurde der Film „Wüstenblume“ gezeigt, anschließend gab es ein Podiumsgespräch mit Waris Dirie, Christian Klar, Gudrun Kugler und Walter Lutschinger von der Desert Flower Foundation.

Dirie wurde in Somalia geboren und dort genitalverstümmelt. Ihre Flucht vor einer Zwangsverheiratung als Elfjährige brachte sie nach London, wo sie als Opfer von Kinderhandel zur Arbeit in der somalischen Botschaft ausgebeutet wurde. Der Film „Wüstenblume“ zeigt ihren bewegenden Lebensweg hin zum engagierten Superstar. Dirie fühle sich in Österreich zuhause: „In meinen Augen ist es der schönste Fleck in Europa“, erklärt sie.

 

Weibliche Genitalverstümmelung auch noch in Österreich

Leider ist das Phänomen der weiblichen Genitalverstümmelung (female genital mutilation – FGM) auch in Österreich ein Problem, Beschneidungen werden – obwohl illegal – teils sogar in Österreich durchgeführt: „Weibliche Genitalverstümmelung passiert auf der ganzen Welt. Diese grausame Tradition hat auch Österreich schon seit einiger Zeit erreicht. Eine Studie aus dem Jahr 2006 hat ergeben, dass 8000 verstümmelte Mädchen in Österreich leben. Momentan steigen die Zahlen wieder, unter anderem aufgrund der Einwanderungswelle, die Österreich erlebt hat,“ so Dirie.

 

Hilfe für Betroffene

Walter Lutschinger beschrieb die Arbeit der Desert Flower Foundation: „Den betroffenen Frauen kann geholfen werden – die Stiftung „Desert Flower“ hat Ärzte in vier Zentren: Berlin, Amsterdam, Stockholm und Paris. Diese Spitäler bemühen sich um Wiederherstellung von dem, was den Mädchen genommen wurde. Es gibt bereits eine Operationstechnik, bei der die Klitoris so gut es geht wiederhergestellt wird: „Ärzte in unseren Zentren haben bereits einige Rückoperationen durchgeführt. Frauen leiden aber auch unter vielen verschiedenen Leiden, sowohl physisch und psychisch. Wir wollen daher auf eine ganzheitliche Behandlung setzen, das beinhaltet auch Selbsthilfegruppen, mit denen wir sehr positive Erfahrungen gemacht haben.“ Auch in Österreich gibt es spezialisiert Ambulanzen.

 

Kugler: Mehr Präventionsarbeit nötig

Abgeordnete Kugler sprach sich für mehr Präventionsarbeit aus: „Wir müssen mehr Aufmerksamkeit auf das Thema lenken, um zu verhindern, dass Mädchen in den Ferien in ihren Ursprungsländern beschnitten werden. Dazu müssen wir die Communities und die Berufsgruppen, die mit Betroffenen zu tun haben, sensibilisieren. Beratungsstellen wurden bereits eingerichtet. FGM wird bereits in der Entwicklungszusammenarbeit besonders berücksichtigt“.

"Um gegen Kinder- und Zwangsehen vorzugehen, müssen wir das Ehealter auf ausnahmslos 18 Jahre anheben", erklärt Kugler. Foto: Kugler

„Um gegen Kinder- und Zwangsehen vorzugehen, müssen wir das Ehealter auf ausnahmslos 18 Jahre anheben“, erklärt Kugler. Foto: Kugler

Wesentlich ist die Rolle der Entwicklungs-Zusammenarbeit (EZA): Walter Lutschinger erklärte, dass „die Länder mit der höchsten Analphabetenrate ident sind mit den ärmsten Ländern, und mit jenen, die auch Genitalverstümmelung praktizieren. Das Engagement zeigt Wirkung: In Afrika sind die Zahlen der Genitalverstümmelung stark rückläufig, während sie in Europa – wanderungsbedingt – leider steigen.“

 

Schuldirektor: Leider immer noch Alltag

Christian Klar, Direktor einer Mittelschule ist, erzählte aus dem Schulalltag: „Die Schwester einer unserer Schülerinnen sollte nach Ägypten fliegen, um verstümmelt zu werden, weil sie ansonsten keinen richtigen Ehemann finden würde. Das war der erste Fall, der uns bekannt wurde, und das ist kein Einzelfall in Österreich. Wir müssen bei Bildung und an Schulen präventiv tätig werden!“ Und weiter: „Auch Zwangsehen gibt es bei uns: Ich hatte einen Fall vorliegen, wo ein Mädchen vergewaltigt, geschlagen und zwangsverheiratet wurde. Mitten in Wien: Diese Menschenrechtsverletzungen sind also weder abstrakt noch Einzelfälle!“

 

Fokus auf Erziehung und Aufklärungsarbeit

Waris Dirie bestätigte die Erzählungen des Schuldirektors und meinte: „Es braucht mehr und bessere Aufklärung im Sexualbereich. Die Kinder müssen lernen, sich gegenseitig zu respektieren. Im speziellen müssen die Buben lernen, Mädchen zu respektieren. Wahrheit, Respekt und Regeln sind unerlässlich. Ich glaube nicht, dass sie wissen, was es braucht, um einer Frau den richtigen Respekt zu zollen. Als ich Buben dazu befragte, konnte keiner antworten. Eltern sollten sich auch verantwortlich fühlen – Erziehung beginnt nicht erst in der Schule.“

Gudrun Kugler und Christian Klar kündigten an, die aufgezeigten Themen – FGM, Zwangsehe und Menschenhandel – weiterhin auf der Agende ihrer politischen Arbeit zu haben.