Regierung
(Finanz-)Polizei gelingt Schlag gegen Schleppermafia
Eine besondere Form der Schlepperei wurde nun durch einen gemeinsamen Ermittlungserfolg der Polizei und der Finanzpolizei bekannt. Konkret geht es um 36 marokkanische Staatsbürger, die als Stallarbeiter an Reiterhöfen nach Österreich angeworben und ausgebeutet wurden. Der Fall zeigt exemplarisch Menschenhandel und Ausbeutung auf, belegt andererseits Bedeutung behördlicher Kontrollen und Ermittlungen.
Drahtzieher ein Grazer mit marokkanischer Herkunft
Ein in Graz lebender 29-jähriger österreichischer Staatsbürger marokkanischer Herkunft, sowie zwei weitere in Marokko befindliche Mittäter haben seit dem März 2021 bis dato, in Marokko zumindest 36 marokkanische Staatsbürger als Arbeitskräfte angeworben. Diese wurden nach Erlangung von entsprechenden Visa über die österreichische Botschaft in Rabat in der Folge im Bundesgebiet in verschiedensten Betrieben formell als Stallarbeiter vermittelt, untergebracht und zum Teil ausgebeutet. Das Landeskriminalamt Kärnten ermittelte in enger Kooperation und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen Verdacht des Menschenhandels und der Schlepperei gegen eine marokkanische Tätergruppierung. Wie Bildmaterial belegt, waren die Stallarbeiter zum Teil in desolaten Unterkünften untergebracht.
180 Beamte bei 35 Durchsuchungen im Einsatz
In einer groß angelegten Aktion, an der mehr als 90 Polizisten und mehr als 90 Finanzbeamte im Einsatz waren, erfolgten in 35 Reitställen in ganz Österreich Durchsuchungen. Bisher konnten 36 Opfer aus Marokko einvernommen werden sowie erfolgte die Festnahme des Haupttäters in Graz, wie das Innenministerium gegenüber Zur-Sache mitteilte.
„Durch die akribische Arbeit der Ermittler konnte einer skrupellosen Schlepperbande das Handwerk gelegt und ein wichtiger Schlag gegen diese abscheuliche Form der organisierten Kriminalität geführt werden. „Die Bekämpfung der Schlepperei gehört zu den aktuellen Schwerpunkten der Arbeit der österreichischen Polizei – vor allem auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit“, so Innenminister Gerhard Karner.
Vorgehensweise der Täter in diesem Fall
- Anwerbung marokkanischer Arbeiter im Hinterland von Marokko durch marokkanische Mittäter.
- Überweisung von 6.000,- bis 8.000,- Euro durch die Familie des marokkanischen Arbeiters auf ein Konto der Mittäter (für Kosten des Visums, Flugkosten, etc.).
- Übermittlung der Personalien des marokkanischen Arbeiters an den Mittäter in Graz.
- Der Mittäter in Österreich nimmt Kontakt zu Pferdehofbetreibern auf und vermittelt den marokkanischen Arbeiter als Stallarbeiter
- Der Pferdehofbetreiber sucht mit den erhaltenen Personendaten beim jeweiligen AMS um eine Arbeitsgenehmigung an und erhält im positiven Fall einen gültigen Bescheid für die Person mit einer bestimmten befristeten Arbeitsdauer (Zeitraum max. 9 Monate pro Jahr) sowie Arbeitszeiten, Arbeitsort, Bruttolohn (lt. Kollektivvertrag) und genaue Verwendung.
- Nach Erhalt des Bescheides übermittelt der Arbeitgeber diesen an die österreichische Botschaft in Rabat (Marokko) und ersucht um Ausstellung eines D-Visums für den Marokkaner zur Arbeitsaufnahme in Österreich.
- Der Arbeiter in Marokko erhält von der österreichischen Botschaft in Rabat einen persönlichen Termin zur Erledigung der Formalitäten
- Der marokkanische Arbeiter wird von den Mittätern in Rabat zur österreichischen Botschaft gebracht (Hilfe bei der Befüllung der Formulare, etc.)
- Nach Ausstellung des D-Visums für den marokkanischen Arbeiter werden die überwiesenen 6.000,- bis 8.000,- Euro an die Mittäter in Rabat und Österreich freigegeben. (Anmerkung: der Flug kostet ca. 400,- Euro, das Visum 150,- Euro)
- Der marokkanische Arbeiter wird mit einem Flugticket Rabat – Wien ausgestattet und nach Ankunft in Wien vom Mittäter oder Arbeitgeber abgeholt und zum Arbeitsplatz gebracht.
- Nach einer bestimmten Zeit in den Reitställen nutzte ein Teil der Marokkaner ihr temporäres Aufenthaltsrecht zur Weiterreise in andere Staaten um sich dort widerrechtlich und dauerhaft aufzuhalten (dies wurde ihnen auch durch die Täter in Aussicht gestellt – Stichwort Schlepperei).
- Die Marokkaner lebten teils unter desolaten Zuständen
Kampf gegen illegale Praktiken
Unterstützt wurden die Ermittlungen auch von der Finanzpolizei, die für Delikte wie Sozialbetrug, illegale Ausländerbeschäftigung oder den Schutz der redlichen Wirtschaft zuständig ist.
„Eine der Kernaufgaben der Finanzpolizei ist die Ermittlung und Kontrolle im Bereich des Sozialbetruges und der organisierten Schattenwirtschaft. Es geht dabei einerseits um den Schutz der finanziellen Interessen der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und andererseits um den Schutz der redlichen Wirtschaft in unserem Land“, erklärte Finanzminister Magnus Brunner.
Die enge Kooperation der Ermittlungsbehörden führte jedenfalls zu einem erfolgreichen Schlag gegen die Schlepperei sowie die mutmaßliche illegale Ausländerbeschäftigung, die Ausnützung von Fremden und den Verdacht der illegalen Gewerbeausübung.
„Die Finanzpolizei konnte hier durch arbeits- und beschäftigungsrechtliche Kontrollen aufdecken, dass die Pferdepfleger unter teilweise schlechten Bedingungen und schlechter Bezahlung ausgebeutet wurden. Durch derartige Ermittlungserfolge gelingt es uns, redliche heimische Unternehmerinnen und Unternehmer vor jenen zu schützen, die sich durch illegale Praktiken einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen“, so Finanzminister Magnus Brunner.