Europa- & Aussenpolitik
Afghanistan: Wenn „der erste Dominostein“ fällt
Seit der Machtübernahme in Afghanistan durch die radikalislamischen Taliban ist die Lage in der Region äußerst angespannt. Um einen Einblick in die Lage vor Ort zu bekommen, besuchte Außenminister Michael Linhart in den vergangenen Tagen Zentralasien. Neben der Situation in Afghanistan waren auch die bilateralen Handelsbeziehungen ein Thema der Reise.
Linhart traf sich mit Regierungsvertretern der direkten Nachbarländer Afghanistans, nämlich Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Außerdem besuchte Linhart Kirgisistan, wo seine sechstägige Reise begann.
Afghanistan könnte „der erste Dominostein sein“
Hilfe vor Ort lautet die Strategie, die die Bundesregierung verfolgt, um zur Bewältigung der Krise in Afghanistan beizutragen. Dazu schnürte die Bundesregierung mit 20 Millionen Euro Soforthilfe das größte derartige Paket überhaupt. Die Hilfe und Zusammenarbeit solle aber über diese finanzielle Unterstützung hinausgehen.
Denn die Dimension der Krise in Afghanistan müsse ganz klar sein, denn es bestünde laut Linhart „die reale Gefahr, dass dieses Land der erste Dominostein in der Region ist, der fällt“. Zahlreiche Experten warnten angesichts des Machtgewinns der radikalislamischen Taliban davor, dass der Terrorismus in der Region wieder erstarkt. Die Auswirkungen einer Krise in der Region, so Linhart, werde man „bis nach Europa deutlich spüren.“
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Unter anderem mit seinem turkmenischen Amtskollegen sprach Linhart zur Situation in Afghanistan.
Kampf zwischen Terrororganisationen
So herrscht in Afghanistan selbst eine Rivalität zwischen islamistischen Terrorgruppen, die vor dem Hintergrund der kritischen Zustände im Land um Macht ringen. Besonders zwischen dem ISIS-K, einem Ableger des IS, und den Taliban. Es gibt immer wieder Anschläge mit zahlreichen Todesopfern und Anschlagsdrohungen des ISIS-K.
Zur ständigen Bedrohung durch den Terrorismus kommt hinzu, dass sich Afghanistan in einer schweren humanitären Krise befindet, wie jüngst wieder ein Bericht des Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) zeigte.
Österreich stärkt der Region den Rücken
Für Linhart sei es aufgrund dieser Situation wichtig, den Nachbarländern und den Ländern in der Region „den Rücken zu stärken“. Die vielen Gespräche mit Regierungsvertretern in der Region um Afghanistan und die allgemeine Außenpolitik Österreichs sollen „signalisieren“, dass man die Länder „nicht alleine lasse“.
Zum einen handle es sich bei den Ländern in der Region um „wichtige Partner“ bei der humanitären Hilfe vor Ort, die Österreich unterstützt. Aber auch für den „Kampf gegen internationalen Terrorismus, die organisierte Kriminalität und den Menschenhandel“, braucht es strategische Partner in der Region.
Zur Hilfe für die Region gehören nicht nur die 20 Millionen Euro an Soforthilfe für die Menschen in Afghanistan, sondern auch die Unterstützung beim Kampf gegen die Corona-Pandemie. So spendete Österreich anlässlich Linharts Besuch in Zentralasien insgesamt 450.000 Impfdosen an Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan (jeweils 150.000 Dosen)
Aufstrebende Wirtschaftsländer mit Österreich vernetzen
Begleitet wurde Linhart auf seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation – so sollen die Treffen in den einzelnen Ländern zu wirtschaftlichem Austausch und Kooperationen führen. Für Österreichs Wirtschaft biete Zentralasien „großes Potential“, so Linhart.
Da dieses wirtschaftliche Potential „noch nicht annähernd ausgeschöpft“ sei, band man seitens des Außenministeriums die Initative ReFocus Austria in die Zentralasien-Reise ein. Die Initiative stelle einen wesentlichen Teil des wirtschaftlichen Comebacks Österreichs nach der Corona-Krise dar – „Made in Austria“ soll in der Welt noch wertvoller werden und die Außenwirtschaft stärken.
Somit sollen für die österreichische Wirtschaft in Zentralasien „Türen geöffnet“ werden, ergänzt Linhart. So heißt es am Dienstag seitens der Wirtschaftskammer Österreich, die Reise habe gezeigt, wie hoch das Interesse an österreichischen Produkten sei, gerade im Bereich Nachhaltigkeit. Die Gespräche in Zentralasien im Rahmen der Reis wertete die Wirtschaftskammer als „sehr positiv“.