Innenpolitik
Weitere Strafrechtsexperten bestätigen Kritik an WKStA
Renommierte Strafrechtler bestätigen gegenüber der Wiener Zeitung die Kritik der Rechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher an der Vorgangsweise der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Aicher sah durch das Vorgehen der WKStA bei ihren Ermittlungen „eine rote Linie des Rechtsstaats“ überschritten. Zur-Sache zitiert die Kritikpunkte der Strafrechtsexperten.
„Zweck heiligt nicht alle Mittel“
Die WKStA versuche laufend, Grenzen in ihrer Arbeit zu überschreiten. Zu diesem Befund kam Prof. Dr. Gabriele Aicher. In ihrer Funktion als Rechtsschutzbeauftragte handelt Gabriele Aicher weisungsfrei und unabhängig. Die Funktion des Rechtsschutzbeauftragten dient der Wahrnehmung des besonderen Rechtsschutzes in Strafverfahren.
Dr. Aicher stellte in ihrer Kritik an der WKStA fest, dass diese mit ihren Ermittlungsmethoden versuche „Grenzen zu verschieben“: „Wer den Rechtsstaat vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaates zu halten. Der Zweck heiligt nicht die Mittel“, wird Aicher in der Tageszeitung „Kurier“ zitiert. Zur-Sache berichtete über die Kritik der Rechtsschutzbeauftragten.
Strafrechtler sehen „Verstoß gegen Strafprozessordnung“
Einen „Verstoß gegen die Strafprozessordnung“ stellen die beiden Strafrechtsexperten Klaus Schwaighofer (Universität Wien) und Robert Kert (Wirtschaftsuniversität Wien) bei der WKStA fest.
Konkret gehe es darum, dass die WKStA eine Handy-Peilung zuvor bei einem Haft- oder Rechtsschutzrichter (HR-Richter) beantragen muss. Dieser Richter muss die entsprechende Maßnahme dann der Staatsanwaltschaft bewilligen.
Wie bereits Prof. Aicher feststellte, war diese Ermächtigung zur Peilung von zwei Handys nicht bei ihr eingeholt worden. Dennoch wurde die Maßnahme von der WKStA dann aber angeordnet und von einem Richter genehmigt.
WKStA erklärt, Fehler sei „Irrtum“ gewesen
Die WKStA selbst erklärte, dass man „irrtümlich“ die Ermächtigung nicht eingeholt habe. Die Strafrechtler Schwaighofer und Kert sehen hier aber dennoch einen Verstoß gegen die Strafprozessordnung.
Schwaighofer erklärte gegenüber der Wiener Zeitung, dass man „bereits bei der Anordnung durch die WKStA und der Bewilligung durch den HR-Richter aufgrund der fehlenden Ermächtigung nicht gesetzmäßig vorgegangen“ sei.
Nun wird sich das Oberlandesgericht Wien den Fall ansehen und feststellen, ob eine Rechtsverletzung vorliegt.
Kritik auch an Razzia
Ein weiterer Kritikpunkt, der von den Strafrechtlern in der Wiener Zeitung aufgegriffen wurde, ist die Razzia bei einem österreichischen Medienhaus. So müsse für eine Razzia bei Journalisten ein „dringender Tatverdacht“ vorliegen.
Laut Prof. Dr. Aicher war dieser Tatverdacht gegen die Medienmacher nicht gegeben. Auch Schwaighofer erklärt, dass ein dringender Tatverdacht „schon sehr stark sein müsse“.
Aicher hätte eine Ermächtigung zur Online-Peilung daher nicht erteilt.
Bedenken bei Daten-Sicherstellung
Dass „dutzende Personen Einsicht in einen Akt haben“, ist laut Kert und Schwaighofer „keine zufriedenstellende Rechtslage“. Gegenüber der Wiener Zeitung erklärten die Strafrechtsexperten, dass das im Hinblick auf Leaks „danach schreie“, dass „da Sachen rausgehen“. Zudem sei es auch aus Sicht des Rechtsschutzes „nicht optimal“, dass alles über den gleichen Richter läuft.
Dabei fordert Schwaighofer auch strengere Regeln für die Sicherstellung von Kommunikationsinhalten, etwa wie sie bei der laufenden Überwachung von Telefongesprächen bereits gelte. Bis jetzt reiche eine Anordnung der Staatsanwaltschaft und der einfache Verdacht einer Straftat für die Sicherstellung eines Geräts, wie einem Handy oder einem Laptop.