News

Polaschek auf Reformkurs: Neue Fächer, neue Studien, weniger Bürokratie

Wissenschaftsminister Martin Polaschek: Neue Form der Abschlussarbeit. Foto: Bka/Christopher Dunker

Bilanz und Ausblick in der Bildungspolitik zeigen den Reformkurs: Im Interview mit Zur-Sache erklärt Wissenschafts- und Bildungsminister Martin Polaschek welche neue Fächer an Schulen eingeführt werden und wie für ausreichend Lehrerinnen und Lehrer gesorgt wird. Zudem: Laptops für alle in der fünften Schulstufe trägt zu mehr Chancengerechtigkeit bei.

Neuer Schultyp: Pflegeschulen

Zur Sache: Was ist im akademischen Jahr 2022/2023 aus der Sicht des Ressortverantwortlichen für Schulen sowie für Schülerinnen und Schüler erreicht worden?

Martin Polaschek: Es ist sehr viel gelungen. Wir haben mit der Ethik und mit der digitalen Grundbildung zwei neue Unterrichtsfächer eingeführt. Wir haben mit den höheren berufsbildenden Pflegeschulen einen völlig neuen Schultyp geschaffen und werden in einiger Zeit bis zu 8.000 Schulplätze anbieten.

Junge Menschen wollen in die Pflege gehen. Deshalb haben wir die Pflegelehre eingeführt. Hierbei wollen wir vor allem aber das Angebot ausbauen: So wird es in Zukunft möglich sein mit Matura in der Pflege zu arbeiten. Zudem haben sie auch noch die Möglichkeit ein Studium zu machen. Wir öffnen das Berufsfeld also.

 

Neues Unterrichtsfach Digitalisierung

Zu den neuen Fächern gehört auch die Digitalisierung?

Mit der digitalen Grundbildung haben wir ein völlig neues Unterrichtsfach in die Stundentafel gebracht. Ein derartiger Schritt wurde seit Jahren nicht mehr gesetzt.

Dieses Fach wird in der vierten bis der achten Schulstufe angeboten. Es soll Schülerinnen und Schüler mit allen Aspekten der Digitalisierung vertraut machen. Mit ihrer Technik, mit den vermittelten Inhalten, mit den Gefahren, vor allem aber auch mit den Chancen.

Schule auf der Höhe der Zeit: PC-Räume, Laptops, Digitale Grundbildung. Bild: Dieter Schütz

Schule auf der Höhe der Zeit: PC-Räume, Laptops, Digitale Grundbildung. Bild: Dieter Schütz

Mehr Gerechtigkeit in der Bildung

Wie steht es um die Ausstattung mit Laptops und dergleichen an den Schulen?

Das Ganze geht Hand in Hand mit der Geräteinitiative, die sich im zweiten Jahr befindet. Alle Schülerinnen und Schüler der fünften Schulstufe erhalten ihr eigenes digitales Endgerät.

Der Unterricht und das Lernen können entsprechend gestaltet werden, wir vermeiden eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.

In den 70er-Jahren war das Schulbuch für alle der große Wurf, jetzt ist es das digitale Endgerät für alle Schülerinnen und Schüler. Wir haben hier also wirklich auch einen entscheidenden Schritt in Richtung Chancengleichheit im Bildungsbereich gesetzt.

 

Neue Lehrpläne für 6- bis 14-Jährige

Mit den Umständen unserer Zeit ändert sich wohl auch der Unterricht an Volksschulen?

Wir haben völlig neue Lehrpläne für die Primarstufe (6- bis 10-Jährige) und für die Sekundarstufe eins 10- bis 14-Jährige). Nun wird mehr Augenmerk auf fächerübergreifende Themen gelegt. Zudem können Themen fächerübergreifend bearbeitet werden.

Die Lehrpläne werden noch flexibler, auch hinsichtlich der Kompetenzen, die erworben werden. Das bisherige System langfristiger Änderungen wird von einem schnelleren System abgelöst. Wenn punktuelle Änderungen notwendig sind, dann können wir diese auch vornehmen. Das hat es bislang in der Form noch nicht gegeben.

 

„Klasse Job“ bringt Quereinsteiger in die Klassen

Schulen brauchen Lehrerinnen und Lehrer, doch Österreich hat zu wenige davon. Was tun?

Wir haben einen hohen Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern, deswegen habe ich die Initiative „Klasse Job“ gestartet.

Wir holen weiterhin Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in das System, bieten ihnen aber statt der bisherigen Sonderverträge ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis an.

Das spricht viel mehr Personen an, die Anzahl der Interessenten hat sich auf 600 Personen verdoppelt. Sie müssen ein Auswahlverfahren und mehr an Aus- und Fortbildung absolvieren, aber das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis gibt ihnen die gewünschte Rechtssicherheit, weil es die jederzeit kündbaren Sonderverträge ablöst.

 

Weniger Bürokratie, mehr Effizienz

Das ist aber nur ein Teil der getroffenen Maßnahmen. Wir haben Bedarf an sehr vielen engagierten, guten Lehrerinnen und Lehrern, und haben daher im Personalmanagement weitere Schritte gesetzt.

Das System der Stellenbewerbung wurde für alle Bundesschulen vereinfacht und vereinheitlicht, zudem digitalisiert, die Dokumente werden von Bewerbern hochgeladen.

Das Ministerium und die Bildungsdirektionen erhalten rasch einen Überblick über Bewerbungen, die Direktorinnen und Direktoren eine umgehende Information, wer sich für eine Stelle an ihrer Schule interessiert. Qualifikationen werden sofort erkannt, ebenso möglicher zusätzlicher Bedarf. Das ist für die österreichische Schulverwaltung eine grundlegende Neuerung.

Zudem arbeiten wir intensiv daran, die Lehrerinnen und Lehrer noch besser zu unterstützen.. So sollen die Bildungsdirektionen noch mehr zu ihren Servicestellen werden, damit die Lehrkräfte rasch alle Informationen über die jeweilige Schule, Stundenpläne, Lehrverpflichtungen und so weiter erhalten. Hier bestand durchaus Verbesserungsbedarf.

 

Lehrerausbildung neu aufgesetzt

Reformen in der Lehrerausbildung stehen weiter auf der Agenda des Ressorts?

Wir brauchen bestens ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die über ein klassisches Studium kommen. Dieses Studium wurde nach zehn Jahren durch den Qualitätssicherungsrat evaluiert. Nach sehr intensiven Gesprächen mit Vertretern der Universitäten und der Pädagogischen Hochschulen habe ich mich entschieden, das Lehramtsstudium für die Sekundarstufe um ein Jahr zu verkürzen.

Auf der Grundlage der Vorarbeiten von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen auch in ihren Entwicklungsverbünden haben wir einen ersten Entwurf erstellt und dem Koalitionspartner übermittelt.

Wie geht es weiter?

 Wir führen jetzt intensive Verhandlungen. Es ist mein Ziel, im Herbst einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.

Was ändert sich an den Studien?

 Wir werden für die Sekundarstufe, Mittelschulen und Unterstufe AHS, wieder einen dreijährigen Bachelor und einen zweijährigen Master erstellen, keinen vierjährigen Bachelor.

Und in der Primarstufe gab es bislang einen vierjährigen Bachelor und einen einjährigen Master. Hier sollen ein dreijähriger Bachelor und zweijähriger Master die Struktur bilden.

Die Lehrerbildung soll der klassische Bologna-Architektur folgen: drei Jahre Bachelor, zwei Jahre Master. Und nicht vier Jahre Bachelor, denn diese Studiendauer hat junge Leute abgeschreckt.

Wir erhoffen uns durch die Änderung der Studienarchitektur in Verbindung mit einer Entrümpelung des Studiums und mit mehr Praxisanteilen einen weiteren Schub, um mehr interessierte junge Leute dafür zu gewinnen können, Lehrerin oder Lehrer zu werden.