Europa- & Aussenpolitik

Kanzler kündigt Afrikastrategie an

Bundeskanzler Karl Nehammer wurde zum Auftakt seiner Afrika-Reise von Angolas Außenminister Téte António empfangen. Foto: BKA/Dragan Tatic

Die Beziehungen zu den afrikanischen Staaten will Bundeskanzler Karl Nehammer intensiver ausbauen. Neben seiner derzeitigen Reise nach Angola, Ghana und Ägypten, arbeitet das Bundeskanzleramt gemeinsam mit dem Außenministerium bereits seit geraumer Zeit an einer Afrikastrategie. Die im Regierungsprogram vorgesehene Strategie soll die Leitlinien für die außenpolitische Öffnung der diplomatischen Kanäle nach Afrika und den Auf- und Ausbau der bilateralen Beziehungen festlegen.

 

Partner für Frieden und Sicherheit

Österreich begreift den afrikanischen Kontinent als wichtigen Partner auf Augenhöhe und ist bestrebt, mit der Afrikastrategie die sicherheitsstrategische Bedeutung von Stabilität in Afrika für mehr Frieden und Sicherheit zu unterstreichen.

Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Afrika-Reise des Bundeskanzlers sollen in die weitere Arbeit an der Afrikastrategie einfließen.  Darüber hinaus fließt die Expertise der 2018 im Zusammenhang mit der Organisation des EU-Afrika Forums unter österreichischem EU-Vorsitz gegründeten Task Force Afrika ebenso ein wie die Erkenntnisse aus der Abstimmung mit den in Wien ansässigen Botschaften der afrikanischen Staaten.

Im Rahmen der Afrikastrategie soll auch ein Afrikabeauftragter der Bundesregierung ernannt werden, um Österreichs Aktivitäten sichtbar mehr Gewicht zu verleihen und eine umfassende Vernetzung und Koordinierung sicherzustellen, wie es am Dienstag aus dem Bundeskanzleramt heißt.

Darüber hinaus soll ein Afrikatag eingerichtet werden, der jährlich abgehalten wird und alle relevanten Stakeholder in der Umsetzung der Afrikastrategie zusammenführt. Des Weiteren ist geplant, das österreichische Vertretungsnetzwerk in Afrika zu überprüfen und gegebenenfalls zu erweitern.

Kanzler Nehammer: „Süden vernachlässigt“

“Gerade die geopolitischen Veränderungen in der Welt müssen uns nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Warnung sein. Denn nicht in allen Teilen der Welt werden dieselben Ansichten vertreten wie in Europa und im “Westen”, sondern in weiten Teilen der Erde ist die vorherrschende Meinung eine gänzlich andere“, erklärt der Bundeskanzler die Ausgangslage.

Als neutrales Land sei es für Österreich umso wichtiger, den Dialog zu suchen, die österreichische Position zu erklären und jene der Partner zu verstehen, so Nehammer. Und auch die Partnerschaften verändern sich.

„Wir haben es als Europa und generell im Westen vernachlässigt, den globalen Süden in den Fokus unserer Außenpolitik zu stellen. Wir müssen unsere diplomatischen Türen daher endlich völlig öffnen und die Zusammenarbeit in wichtigen Zukunftsbereichen, wie Energie, Sicherheit, grüne Transformation und vielen weiteren Bereichen ausbauen und unsere Beziehungen auf eine neue Ebene heben.“

„Das muss auch heißen, Partnerschaften auf Augenhöhe zu leben. Die Erarbeitung der Österreichischen Afrika-Strategie soll genau dazu dienen”, erklärt Nehammer

Die österreichische Afrikastrategie wird sechs Schwerpunkte verfolgen, zu denen konkrete Maßnahmen und Aktivitäten gesetzt werden sollen:

  1. Frieden und Sicherheit: zB. Fokus auf einen gesamtstaatlichen Ansatz, Österreich als neutrales Land als Vermittler zur Friedensförderung, abgestimmtes Vorgehen von staatlichen Institutionen, Stabilitätspartnerschaften als maßgeschneiderte Abkommen mit ausgewählten Afrikanischen Partnerländern.
  2. Wirtschaftliche Beziehungen und Kooperationen: zB. durch mehr Präsenz in den Wachstumsmärkten in Afrika und einen höheren wirtschaftlichen Austausch, der u.a. durch bilaterale Abkommen und strategische Besuchsdiplomatie und gezielte Wirtschaftsinitiativen erreicht werden soll
  3. Bildung und Wissenschaftskooperation: als Basis für eine stabile wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Bildung ist wesentlicher Faktor zur Armutsminderung und nachhaltigen Entwicklung. Hier soll die Zusammenarbeit zwischen österreichische und afrikanischen Institutionen weiter gestärkt werden. Auch das österreichische Modell der dualen Ausbildung könnte einen wichtigen Beitrag leisten.
  4. Grüne Transformation und Klimaschutz: Afrika leidet unverhältnismäßig stark unter den Auswirkungen des Klimawandels. Derzeit haben mehr al seine halbe Milliarde Menschen keinen Zugang zu Strom – gleichzeitig hat Afrika die besten Solarressourcen der Welt. Daraus ergibt sich ein großes Potential an Zusammenarbeit und für Investitionen in erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Wasserstoff.
  5. Resilienz und Krisenvorsorge: Von Temperaturanstiegen, bis hin zur Covid-10-Pandemie – es ist dringend notwendig, die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu stärken. Dazu braucht es verlässliche humanitäre Hilfe vor Ort, insbesondere zur Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit.
  6. Migration: Österreich will mit einem umfassenden systemischen Ansatzbeitragen, Perspektiven vor Ort zu schaffen, insbesondere in Form von Arbeitsplätzen. Durch den Fokus auf Mobilitätsabkommen, die Win-Win Situationen schaffen, sollen sowohl Optionen für Ausbildung und Arbeit in Österreich geöffnet werden, aber auch alle Möglichkeiten für effektive Rückführung von illegalen Migranten mit Rückübernahme-Vereinbarungen ausgeschöpft werden.

Parlamentarische Kooperationen

Im Rahmen der Parlamentarischen Nord-Süd-Kooperation strebt das österreichische Parlament Partnerschaften mit ausgewählten Ländern in Sub-Sahara-Afrika an. Aktuell steht Österreich im Austausch mit der Nationalversammlung von Sambia. Weitere Kooperationen mit Ländern der Sub-Sahara-Region sind geplant, hieß es dazu im Jänner im Hohen Haus am Ring.

Eine Afrikastrategie der Europäischen Union hatte das Europäische Parlament erst im März 2021 verabschiedet. Mit 460 Ja-Stimmen, 64 Nein-Stimmen und 163 Enthaltungen beschlossen die Abgeordneten eine umfangreiche Strategie für eine neue EU-Afrika-Partnerschaft.

Bundeskanzler Karl Nehammer war einer der Teilnehmer am 6. EU-Afrika-Gipfel im Februar 2022 in Brüssel, der dem Brückenschlag von Europa nach Afrika diente.