Innenpolitik

Edtstadler: „Das ist wie eine zivile Todesstrafe“

Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler im Kurier-Interview mit Richard Grasl und Martin Gebhart. Foto: Kurier/Jeff Mangione

Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und für Verfassung im Bundeskanzleramt, hat sich wiederholt für den Schutz der Rechte von Beschuldigten eingesetzt. In einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Kurier bekräftigte und erläuterte sie ihre Haltung.

So fragten die leitenden Kurier-Redakteure Richard Grasl und Martin Gebhart Edtstadler:

Kurier: Menschen, gegen die die Justiz ermittelt, werden in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien oft so dargestellt, als ob sie bereits verurteilt wären. Sie haben dafür in einem Interview den dramatischen Vergleich ‚zivile Todesstrafe‘ gewählt. Was meinen Sie damit?

Karoline Edtstadler: Ich habe hier bewusst mit dem Begriff „zivile Todesstrafe“ zugespitzt, um deutlich zu machen, was es bedeutet, ewig lang als Beschuldigter zu gelten. Als ehemalige Richterin liegt mir natürlich etwas daran, dass Straftaten aufgeklärt werden. Aber es kann nicht sein, dass sich Ermittlungen über Jahre hinausziehen, dass Betroffene deswegen Nachteile haben, etwa keinen Kredit bekommen und auch noch geächtet sind. Und dann kommt noch dazu, dass ein Handy beschlagnahmt wird, das auch noch in einem Untersuchungsausschuss landet und alles medial breitgetreten wird.

Da sage ich, wir müssen die Beschuldigtenrechte stärken. Wir müssen schauen, dass es kürzere Verfahren gibt. Die schöne Unschuldsvermutung ist zwar in der Verfassung und in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt, sie muss aber auch gelebt werden. Das geht nur, wenn wir Ermittlungsverfahren nicht öffentlich führen.

Kurier: Ob damit auch Verfahren gegen frühere ÖVP-Politiker gemeint sind?

Edtstadler: Ich meine alle, die in so etwas verfangen sind. Das Gesetz macht da keinen Unterschied, ob jemand berühmt ist oder nicht. Jeder muss eine Chance haben, aus einem Verfahren schnell wieder herauszukommen.

Kurier: Ist das eine Retourkutsche gegen die WKStA, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft?

Edtstadler: Als ehemalige Richterin geht es mir darum, dass Fairness vorherrscht. Wir haben Artikel 6 in der Europäischen Menschenrechtskonvention, der von fairen Verfahren spricht.

 

Info: Das Interview Ministerin Edtstadler ist am Samstag, 6. August um 19.30 auf schauTV, Kurier.at zu sehen.

Die Vorschläge der Ministerin zu einer möglichen Justizreform könnt ihr HIER nachlesen.