Innenpolitik

SPÖ-Wahlempfehlung im ORF? „Dann halte ich ihnen sozusagen die Daumen!“

Jörg Leichtfried (SPÖ) war am Montag im OE1 Morgenjournal. Dabei beschimpfte Leichtfried die ÖVP-Regierungspartei. Am Ende des Gesprächs wünschte die OE1-Moderatorin Agathe Zupan dem SPÖler mit den Worten „Dann halte ich Ihnen sozusagen die Daumen“ viel Erfolg für die nächste Wahl. Zur-Sache stellt diese Aussagen dem ORF-Redakteursstatut und Verhaltenskodex gegenüber. Die ORF-Journale spricht von missglückter Ironie. 

 

Wahlempfehlung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Live-Interviews sind stets etwas riskant. Aber was am Montag um 7:21 im ORF Morgenjournal zu hören war, war quasi eine Wahlempfehlung durch die Moderatorin. Das ist eine doch etwas erstaunliche Offenlegung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die von dessen Regeln her nicht vorgesehen ist, die aber durch den stellvertretenden SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried als Gast zum Interview erreicht wurde. Leichtfried zog erst gegen die ÖVP vom Leder. Dann wurde von der Moderatorin nachgefragt, doch zu sagen, ob es aus den letzten an den Ibiza-U-Ausschuss gelieferten Akten etwas Neues gibt. Das ist offenbar nicht der Fall. Leichtfried ging darauf auch nicht ein, sondern konzentrierte sich darauf, der ÖVP eine Politik zugunsten der Reichen zu unterstellen und auf Stimmengewinne für die SPÖ zu hoffen. Hier die Sätze aus dem Interview:

 

Screenshot/Transkript OE1 Morgenjournal/Zur-Sache

Screenshot/Transkript OE1 Morgenjournal/Zur-Sache

 

Die Originalaufnahme:

„Natürlich wollen wir wiedergewählt werden“

Leichtfried: „Ich möchte nicht, dass Österreich noch lange von derart abgehobenen, arroganten Menschen geführt wird, die das Wohl der Menschen in unserem Land nicht im Aug haben, sondern nur das Wohl der Superreichen. Und das ist etwas, für das arbeite ich, für das arbeiten wir gemeinsam und wir werden das so lange tun, bis wir endlich wieder ein lebenswertes Österreich haben.“

Moderatorin: „Und auch wieder gewählt werden, nehme ich an?“

Leichtfried: „Natürlich wieder gewählt werden und in größerem Ausmaß gewählt werden.“

Moderatorin: „Dann halte ich Ihnen sozusagen die Daumen.“

 

„Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit von existenzieller Bedeutung“

Das Redakteursstatut des ORF, sowie der Verhaltenskodex des ORF nehmen deutlich Stellung um politische Äußerungen von ORF-Mitarbeitern. Denn für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind „Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit von existenzieller Bedeutung“.

Gemäß dem Redakteursstatut sei „Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht.“ Diese Unabhängigkeit bedeutet demnach „Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss.“

 

„Keine demonstrativ öffentliche politische Sympathieerklärung“

Weiter sind für laut dem Verhaltenskodex des ORF unvereinbar mit der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die „Ausübung politischer Funktion oder Kandidatur dafür“, sowie ein aktives Wahlengagement, also auch „Mitwirkung an Wahlwerbung aller Art.“ Zudem schließt der ORF-Verhaltenskodex „Demonstrativ öffentliche politische Sympathieerklärung mit Bild, Name bzw. Unterschrift“ als unvereinbar mit der Unabhängigkeit aus.

 

Ö1 Journale entschuldigt sich für „die missglückte und missverständliche Formulierung“

Auf Zur-Sache Anfrage erklärte die Leiterin der Ö1 Journale, dass es sich bei der Aussage der Moderatorin, sie würde einem Politiker für die nächste Wahl „sozusagen die Daumen halten“, um Ironie handelte. Deswegen entschuldigt man sich in einer Beantwortung „für die missglückte und missverständliche Formulierung“.

Die Aussagen der Moderatorin seien „selbstverständlich nicht unterstützend, sondern ironisch gemeint“ gewesen. Dies „bestätigt leider die alte Weisheit, dass Ironie im Radio einfach nicht funktioniert. Schon gar nicht in einer Informationssendung.“