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Leitkultur: „Debatte sinnvoll und notwendig“

Die Sicherheit ist eines der wesentlichen Themen für die Wahlen zum Nationalrat am 29. September 2024. Für die ÖVP präsentierten Bundeskanzler Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Innenminister Gerhard Karner die Leitlinien, Eckpunkte und Koalitionsbedingungen. Foto: Paul Ott

Die Debatte zur Leitkultur „ist sinnvoll und notwendig“, erklärt der renommierte Sozialwissenschaftler Rainer Münz. Im Ö1-Interview begründete er, warum.

 

Wertvorstellungen – für die meisten

Es gibt Wertvorstellungen in Österreich, so Münz, die die meisten Menschen teilen, aber nicht alle. Zu Leitkultur und nationaler Identität brauche es eine Selbstverständigung der einheimischen Bevölkerung, denn „es gibt nicht etwas, worauf sich alle geeinigt hätten“. Münz wörtlich: „Wir haben nicht so eine gemeinsame Erzählung, auf die sich alle beziehen.“

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Leitkultur braucht einen Kanon

Da es also „keinen gemeinsamen Wertekanon“ gebe, der anderen präsentiert werden können, „muss die Debatte unter Österreichern zuerst geführt werden“, erklärt Münz im Ö1-Interview. Liege der Kanon vor, „können wir zu dem anderen Teil der Bevölkerung gehen, der nicht österreichischer Herkunft ist, und sagen, das sind unsere Vorstellungen und Werte“.

Dann könnten auch Konflikte sichtbar werden, etwa hinsichtlich der Gleichstellung der Frau im Alltag. Auch die Covid-Jahre haben gezeigt, dass es „in bestimmten Fragen keine gemeinsamen Vorstellungen gibt“.

 

Sorge wegen Spaltung und wegen Verlusten

Die Debatte wird auch von Sorgen begleitet. Münz dazu: Ein Teil der einheimischen Bevölkerung sorgt sich wegen gesellschaftlicher Spaltung, ein Teil der zugewanderten Bevölkerung habe hingegen die Sorge, Traditionen zu verlieren und Teile der Identität aufgeben zu müssen.

 

Vielfalt erfordert gemeinsame Regeln

Doch es gibt gute und objektive Begründungen, die Debatte um die Leitkultur zu führen. Dazu sagt Rainer Münz:

„Wir leben in einer Gesellschaft, in der 27 Prozent der Bevölkerung Migrationshintergrund haben. Und das wird in Zukunft noch mehr werden. Wir haben einen eklatanten Arbeitskräftemangel. Es wird in Zukunft noch mehr Zuwanderung von Arbeitskräften geben, und insofern ist es verständlich, zu sagen, wir sollten uns verständigen, auf welcher Grundlage wir in Zukunft eben gemeinsame Regeln definieren, an die sich alle halten sollen.“

 

Debatte sinnvoll und notwendig

Die Debatte „ist notwendig und sinnvoll“, meint Münz, und ergänzt: „,Wir müssen uns zugestehen, dass nicht alle diese Regeln in Gesetzesform schriftlich festgehalten werden. Es braucht einen Common Sense, der darüber hinausgeht. Und wenn wir diese gemeinsamen Regeln haben, dann gibt es die Möglichkeit zu sagen, außerhalb dieser Regeln soll jeder nach seiner eigenen Version glücklich werden. Dann gibt es auch die Unterschiede. Wir werden auch in Zukunft in einer bunten Gesellschaft leben.“

Die Formulierung einer österreichischen Leitkultur ist Teil des Österreichplans von Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer.

Zum Wochenauftakt hatte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker eine Umfrage präsentiert, in der sich die Mehrheit klar für Maßnahmen der Integration ausspricht.

Enormes Interesse an Debatte zur Leitkultur: Medien-Info durch Ministerin Susanne Raab.

Enormes Interesse an Debatte zur Leitkultur: Medien-Info durch Ministerin Susanne Raab.

Zur Person Rainer Münz:

Univ.-Prof. Dr. Rainer Münz ist Bevölkerungswissenschaftler, war Lehrbeauftragter an den Universitäten Wien und Klagenfurt, Gastprofessor an der Universität Frankfurt a. Main, Direktor des Instituts für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie Professor der Bevölkerungswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin; Autor zahlreicher Publikationen; Münz war Mitglied der Juncker-Kommission und ist Angehöriger der von Integrationsministerin Susanne Raab einberufenen „Expertinnen- und Expertenrunde zur österreichischen Identität und Leitkultur: Werte des Zusammenlebens“.

Die Sicherheit ist eines der wesentlichen Themen für die Wahlen zum Nationalrat am 29. September 2024. Für die ÖVP präsentierten Bundeskanzler Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Innenminister Gerhard Karner die Leitlinien, Eckpunkte und Koalitionsbedingungen. Foto: Paul Ott
Die Sicherheit ist eines der wesentlichen Themen für die Wahlen zum Nationalrat am 29. September 2024. Für die ÖVP präsentierten Bundeskanzler Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Innenminister Gerhard Karner die Leitlinien, Eckpunkte und Koalitionsbedingungen. Foto: Paul Ott