Innenpolitik
Wieviel sollen Arbeitslose bekommen?
Wieviel Unterstützung sollen Arbeitslose erhalten? Die Arbeitslosenversicherung steht in Österreich vor einer umfassenden Reform. Nachdem Arbeitsminister Martin Kocher im Herbst einen Diskussionsprozess aufgesetzt hat, lud er nun zu einer Enquete mit Experten.
Arbeitslosigkeit auf tiefstem Niveau seit 2011
Wie stehts um Österreichs Arbeitslosenversicherung? Seit Jahren wird über eine Reform diskutiert. Im aktuellen türkis-grünen Regierung steht ein Bekenntnis im Koalitionsabkommen die Arbeitslosenversicherung in Angriff zu nehmen und zu modernisieren. Der Zeitpunkt dafür könnte im Moment nicht besser sein.
Nach der Corona-bedingten Rekordarbeitslosigkeit und einer noch nie dagewesenen Ausschöpfung der Kurzarbeit, stabilisiert sich nun wieder der Arbeitsmarkt. Arbeitsminister Martin Kocher ist derzeit in der angenehmen Situation, Woche für Woche immer besser werdende Arbeitsmarktdaten verkünden zu können. Mittlerweile liegt die Arbeitslosigkeit auf dem tiefsten Niveau wie zuletzt im Jahr 2011. Corona zeigt nur noch wenige Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. Grund genug für Zufriedenheit, aber keinesfalls sich zurückzulehnen.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass einer Krise meist die nächste folgt. Die aktuellen geopolitischen Ereignisse sind erste Vorboten. Es geht um die Frage: Ist österreichs Arbeitsmarkt auch in Zukunft krisenresistent und wie schafft man es, die Arbeitslosigkeit einzelner so kurz wie möglich zu halten. Über diese Fragen und viele andere, vor allem die Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung, beschäftigt sich am Montag eine Enquete auf einladung des Arbeitsministerd.
Arbeit als beste Absicherung gegen Armutsgefährdung
„Das österreichische System der Arbeitslosenversicherung funktioniert sehr gut und beinhaltet Elemente, die sich über die Jahre bewährt haben. Das Niveau an Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit ist glücklicherweise im internationalen Vergleich sehr hoch. Das soll auch so bleiben und idealerweise noch weiter ausgebaut werden. Wir müssen es schaffen, Menschen rascher in Beschäftigung zu bringen. Beschäftigung ist die beste Absicherung gegen Armutsgefährdung“, so der Befund von Arbeitsminister Martin Kocher in seinen Eröffnungsworten.
Schon vergangenen Herbst hat Kocher einen breit angelegten Diskussionsprozess zur Arbeitslosenversicherung NEU gestartet, Zur-Sache berichtete. Dieser Diskussionsprozess findet nun in der Enquete seinen Höhepunkt. „Das Ziel ist ein Reformprozess, der zu mehr Beschäftigung, kürzeren Arbeitslosigkeitsphasen und besserer Einkommenssicherung führt“, erklärt Kocher weiter.
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Breiter Diskussionsprozess
Das große Interesse bestätige laut Kocher den Weg und die Notwendigkeit einer Debatte. Ein Diskurs, der vor allem weiterhin über die Parteigrenzen hinweg offen, kontrovers, evidenzbasiert und ohne ideologische Scheuklappen inhaltlich über die Reformnotwendigkeiten geführt wird. Dies, so Kocher, habe sein Ressort bereits über mehrere Monate getan: Gespräche führen mit vielen Expertinnen und Experten im In- und Ausland, Vertreterinnen der Sozialpartner, Vertreterinnen des AMS, Unternehmen, arbeitssuchenden Menschen und ihren Vertreterinnen, den Bundesländern, den Sozialsprecherinnen im Parlament, den verschiedensten Stakeholder und wichtigen Partnerinnen und Partnern, denen Kocher für ihre Beiträge und Expertisen dankte.
Internationale Expertise
Wichtig für Kocher: über den Tellerrand zu blicken und sich jene Beispiele genauer anzuschauen, die auch für Österreich praktikabel sind. Denn Arbeitsmarktpolitik ist längst kein „Binnenthema“ mehr. Die Globalisierung, die Digitalisierung und internationale Vernetzung, sowie die hohe Exportorientierung Österreichs verlangen nach einer umfassenderen Betrachtung des heimischen Arbeitsmarktes als bisher.
Daher setzt der Arbeitsminister auch auf breite internationale Expertise. Mit Professorin Veronika Grimm, Mitglied des deutschen Sachverständigenrats und Professorin an der FAU Nürnberg, Professor Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen und Prof. an der LMU München, Professor Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg und Prof. an der FAU Nürnberg, und Professor Herwig Immervoll, Leiter der Abteilung für Beschäftigung und Soziales in der OECD in Paris, wurden auch vier international renommierte Ökonominnen und Ökonomen eingebunden, die auch an der Enquete teilnehmen. „Sie werden ihre Einschätzungen und Empfehlungen zum Thema mit uns teilen und ihre Expertise und Sicht von außen in die Debatte einbringen“, betont Kocher, dem insgesamt der parteiübergreifende Austausch über Möglichkeiten der Reform der österreichischen Arbeitslosenversicherung persönlich sehr wichtig ist.
Wöginger für degressives Modell
Unterstützung für Kochers Reformpläne kommen von ÖVP-Klubobmann August Wöginger. In Bezug auf die Reform des Arbeitslosengeldes sprach sich Wöginger erneut für ein degressives Modell aus. Dieses sieht eine stufenweise Anpassung des Arbeitslosengeldes vor. Der Betrag wäre also zu Beginn höher ausfallen und nach einiger Zeit abnehmen.
Wichtig im Kampf gegen den wachsenden Arbeits-und Fachkräftemangel sei es zudem, internationale Fachkräfte für Österreich zu gewinnen, begrüßte Wögingerin diesem Zusammenhang den vom Arbeitsminister für das erste Halbjahr 2022 angekündigten Gesetzesentwurf zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte: „Für internationale Fachkräfte soll dabei der Zugang unbürokratischer und damit schneller gestaltet werden.“
Parallel dazu sei es auch notwendig, eine Abwanderung österreichischer Fachkräfte ins Ausland zu vermeiden, indem man den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine gute Perspektive bietet.
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Zusätzlich sprach sich Wöginger für Kombilohn-Modelle als Arbeitsanreize aus, wie sie auch bereits im Programm „Sprungbrett“ angewendet werden. Derartige Instrumente seien vor allem für Langzeitarbeitslose eine wichtige Hilfe beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.
Die Enquete bildet für Arbeitsminister Kocher die Grundbasis für die Ausarbeitung eines balancierten, austarierten und zielgerichteten Entwurfs einer Arbeitslosenversicherung Neu. Sich selbst sieht er dabei als „Anwalt aller arbeitenden und arbeitssuchenden Menschen in Österreich.“