Berichte

Nehammer: „Keine Toleranz den Terroristen“

Neue Bereitschaftseinheit füllt eine Lücke: Innenminister Karl Nehammer; Foto: Karl Schober/BMI

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat im Moment alle Hände voll zu tun: Medienberichte bestätigen, dass sich die Corona-Leugner immer mehr radikalisieren. Zusätzlich verschärft sich der Israel-Palästina Konflikt auch in Österreich. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ließ als Solidarität die Israel-Fahne auf dem Bundeskanzleramt hissen, Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bekräftigte die Linie des Bundeskanzlers. Dem gegenüber stehen junge Palästinenser, die in Österreich lautstark pro-Palästina auf Österreichs Straßen skandieren. Zur-Sache traf Innenminister Nehammer und sprach mit ihm über die aktuellen Herausforderungen im Sicherheitsresort. 

 

Wenn man die Medienberichte der letzten Tage verfolgt hat, bekommt man den Eindruck, dass das Vorgehen und Agieren der Corona-Leugner in Österreich immer brutaler wird. So hat etwa eine hochrangige Beamtin des Verfassungsschutzes gegenüber dem Kurier selbst Terroranschläge nicht mehr ausgeschlossen. Wie konnte es zu solchen Entwicklungen kommen? Wie werden Sie als Innenminister konkret gegen die Radikalisierung dieser Corona-Leugner vorgehen? 

Bereits zu Beginn dieses Jahres konnten wir wahrnehmen, dass diese Szene von rechtsradikalen Gruppierungen gekapert wird. Amtsbekannte und verurteilte Neonazis traten hier in Erscheinung, neben den sogenannten neuen Rechten und Menschen aus der Szene der Staatsverweigerer. Diese Entwicklungen sind kein österreichisches Spezifikum – ähnliche Entwicklungen sehen wir auch in Deutschland und in anderen Staaten Europas. Die Pandemie hat an den Rändern der Gesellschaft zu einer Radikalisierung geführt, nicht nur rechts sondern auch links – wie Versammlungen in Wien an den ersten beiden Maiwochenenden gezeigt haben.

 

Bekommt man diese Gruppe überhaupt noch unter Kontrolle?

Der Verfassungsschutz hat die Szene in permanenter Beobachtung. Deshalb war auch die Ausforschung der Tatverdächtigen letzte Woche möglich, die sich über Telegram zu Straftaten verabredet haben. Die Reform des Verfassungsschutzes und der Umbau zur Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst laufen auf vollen Touren – die gesetzlichen Grundlagen werden noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen. Die faktischen Maßnahmen laufen aber bereits begleitend – deren Notwendigkeit sieht man am jüngsten Beispiel sehr eindringlich.

Foto: ÖVP/Florian Schrötter

 

Laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sollen sich radikale Corona-Leugner via eines Online-Nachrichtendienstes etwa über den Bau von Splitter-Bomben und das Werfen von Molotowcocktails unterhalten haben. Laut Staatsanwaltschaft reichen aber die bisherigen Erkenntnisse nicht einmal für eine Untersuchungshaft. Wie kann das sein?

Es sei angemerkt das alle Tatverdächtigen geständig waren und über einen festen Wohnsitz in Österreich verfügen. Die Ermittler haben akribisch gearbeitet und bestens mit anderen betroffenen Behörden zusammengearbeitet. Die Verhängung der Untersuchungshaft ist immer eine Einzelfallprüfung der zuständigen Staatsanwaltschaft.

 

Foto: Arno Melicharek

Foto: Arno Melicharek

 

Kommen wir zum Thema Israel: Seit Tagen wurden Raketen der Terrorgruppe Hamas auf den Staat Israel abgefeuert. Bundeskanzler Kurz ließ als Zeichen der Solidarität mit Israel die Fahne des Landes auf dem Bundeskanzleramt hissen. Dennoch erleben wir auch in Österreich radikale Gruppen, die durch Wiens Straßen ziehen und offen gegen den Staat Israel skandieren. Was bedeutet diese außenpolitische Thematik für die österreichische Innenpolitik, namentlich für die innere Sicherheit?

Wir stehen Seite an Seite mit Israel im Kampf gegen den Terror. Das ist unser gemeinsames Bestreben – keine Toleranz den Terroristen – weder in Israel, noch in Österreich oder einem anderen Staat Europas. Im Rahmen der Versammlungen der Corona-Leugner haben wir auch antisemitische Handlungen unterschiedlichster Art wahrgenommen. Das Tragen von gelben Judensternen ist eine klar antisemitische Handlung. Hier wird eine ganz perfide Täter-Opfer Umkehr suggeriert und eine nicht tolerierbare Verharmlosung des Holocaust.  Es ist mir daher besonders wichtig, dass alle Polizistinnen und Polizisten auch über diese Form des Antisemitismus Bescheid wissen und sensibilisiert sind. Daher auch die Entwicklung eines Ausbildungsmoduls – gemeinsam mit dem Bildungsexperten Daniel Landau.

 

Foto: Karl Schober/BMI

Foto: Karl Schober/BMI

 

Unter dem Motto „Gemeinsam sicher“ haben Sie vergangene Woche ein Maßnahmenpaket für die öffentliche Sicherheit auf kommunaler Ebene vorgestellt. Wieso gerade jetzt diese Initiative?

Wir stehen in Fragen der Sicherheit vor großen Herausforderungen nach der Pandemie. Diese Probleme kann man nur gemeinsam angehen – daher die enge Zusammenarbeit mit Präsident Alfred Riedl und dem österreichischen Gemeindebund. Die Schwerpunkte liegen im Bereich der Information über die Corona – Maßnahmen, aber auch im Kampf gegen Gewalt in der Privatsphäre und gegen Verschwörungstheorien, bzw. Radikalisierung.

Wir möchten daher die Zivilcourage bei den Menschen forcieren, zusammengefasst unter dem Motto „hinschauen statt wegschauen“. Sicherheit in einem modernen Verständnis braucht die Beteiligung der Menschen und das können wir durch die Initiative Gemeinsam.Sicher gewährleisten.