Innenpolitik

Justizministerium bekräftigt Argumente für Einvernahme durch Richter

Foto: iStock/eliahinsomnia

Das Justizministerium erklärt in einer Aussendung, dass es zu einer Anwendung von Sonderbestimmungen bei der Ermittlung gegen den Bundeskanzler kommt. Das bedeutet, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz von einem Richter einvernommen wird und nicht von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Konkret geht es um die Klärung des Vorwurfes der Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss, den der Kanzler jeher vehement bestreitet.

 

Voraussetzungen für Einvernahme durch Richter

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat an die zuständige Sektion für Einzelstrafsachen des Justizministeriums die Rechtsfrage herangetragen, ob im Verfahren gegen den Bundeskanzler Sebastian Kurz die rechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung der Bestimmung § 101 Abs 2 Strafprozessordnung (StPO), das ist die Beschuldigtenvernehmung durch eine Richterin oder einen Richter, vorliegen.

 

Für die Anwendbarkeit müssen laut Justizministerium folgende Voraussetzungen gemeinsam vorliegen:

  1. eine besondere Bedeutung des Beschuldigten und
  2. eine besondere Bedeutung der Straftat und daher
  3. bestehendes öffentliches Interesse an der gerichtlichen Beweisaufnahme

 

„Entscheidung ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen“

Laut Justizministerium haben sowohl der Bundeskanzler als auch der Verfahrensgegenstand eine „besondere Bedeutung“. Aus diesem Grund ist die Anwendung der Bestimmung – also die Einvernahme durch einen Richter – aus rechtlicher Sicht gegeben.

Zudem erklärt das Justizministerium, dass aufgrund dieser „besonderen Konstellation“ die zuständige Sektion des Justizministeriums das Vorliegen aller drei Voraussetzungen bejaht.

Weiters wird in der Aussendung betont, dass die Entscheidung „ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen aufgrund der besonderen Bedeutung der Straftat und des Beschuldigten“ getroffen wurde. Politische Motive für dieses Vorgehen werden somit kategorisch ausgeschlossen, denn für solche Fälle sieht das Gesetz vor, dass die Vernehmung durch eine Person, die außerhalb der regulären Weisungshierarchie steht, erfolgt.

 

Oberstaatsanwaltschaft & Weisungsrat bestätigen Ministeriums-Entscheid

Die Rechtsansicht des Ministeriums und der zuständigen Sektion wird sowohl vom Weisungsrat als auch von der zuständigen Oberstaatsanwaltschaft Wien geteilt. Damit ist die vollständige Prüfung des weiteren Vorgehens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bezüglich der Vernehmung des Bundeskanzlers abgeschlossen.

 

Die WKStA wird daher beim Landesgericht für Strafsachen Wien einen Antrag stellen, dass der Bundeskanzler bezüglich des Verdachts der falschen Beweisaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss durch eine Richterin oder einen Richter vernommen wird. Dabei handelt es sich laut Aussendung um eine gerichtliche Beweisaufnahme.

Zudem betont das Ministerium, dass es bei ihrem Entscheid zur gerichtlichen Beweisaufnahme ausschließlich um die Einvernahme des Bundeskanzlers geht. Auf den weiteren Ablauf eines Verfahrens lassen sich dadurch keine Schlüsse ziehen.

 

„Auch die WKStA steht nicht über dem Gesetz“

Klare Worte zur Entscheidung des Justizministeriums findet auch VP-Generalsekretär Axel Melchior. „Auch die WKStA steht nicht über dem Gesetz, wie die notwendig gewordene Weisung des Justizministeriums, wonach Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht von der WKStA, sondern einem unabhängigen Richter befragt werden soll, verdeutlicht“.

Für Melchior ist klar, dass trotz der „rechtlich vollkommen eindeutigen Sachlage“, einzelne Staatsanwälte in ihrem Bestreben, den Bundeskanzler selbst zu befragen, sich „offenbar derart verrannt haben, dass diese das geltende Recht nicht anerkennen wollten“.

Hätte die WKStA die „eindeutige Rechtslage respektiert“, hätte sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft „diese Niederlage leicht ersparen können“, so Melchior weiter.

 

Generalsekretär Axel Melchior bei der Kampagnen-Vorstellung. Foto: ÖVP/ Jakob Glaser

Generalsekretär Axel Melchior – Foto: ÖVP/ Jakob Glaser

 

„Opposition akzeptiert Justiz offenbar nur, wenn sie in ihrem Sinn agiert“

Für den ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, Andreas Hanger, ist klar, dass die Opposition die Justiz offenbar nur akzeptiere, wenn sie dem Sinn ihrer Politik entspreche.

So rücken „SPÖ, FPÖ und Neos immer dann zum Generalangriff gegen diese Säule unserer Demokratie aus“ – gemeint ist die Justiz – „wenn Entscheidungen in Rechtsfragen nicht ihrem politischen Kalkül entsprechen“, so Hanger.

Der Fraktionsführer erklärt weiter: „Wenn es einmal eine Entscheidung pro Sebastian Kurz gibt, dann zerplatzt der oppositionelle Slogan ‚keine Angriffe gegen die unabhängige Justiz‘ schneller als eine Seifenblase.“

Das sei vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen BMJ-Weisung, der zufolge Bundeskanzler Sebastian Kurz nun von einem Richter – und nicht von der WKStA – einvernommen wird, alarmierend. „Denn: Hier war eine Rechtsfrage zu entscheiden, keine politische Frage“, so Hanger via Aussendung. Dass SPÖ und FPÖ aus ihrer Geschichte heraus mit Polit-Justiz liebäugeln, ist auch kein Geheimnis – die Neos opfern den letzten Lacksplitter angeblicher Liberalität nun gerade auf dem Altar der Hetze gegen die Eckpfeiler unserer Republik“, schließt Hanger.

 

Andreas Hanger fordert eine Reform der Verfahrensordnung; Foto: Elias Pargan

Andreas Hanger – Foto: Elias Pargan

Auch Experten bestätigen rechtliche Entscheidung des Ministeriums

Wie aus den Medien zu entnehmen ist, bekräftigen auch zahlreiche Rechts-Experten die Entscheidung des Ministeriums. So befindet etwa der Verfassungsrechtler Heinz Mayer zur Entscheidung, den Kanzler durch einen Richter einvernehmen zu lassen in der Kleinen Zeitung als vom Ministerium „kluge Entscheidung“.

Laut Mayer gibt es „gute Gründe, das so zu entscheiden“, schließlich sei es auch „genau so in der Strafprozessordnung vorgesehen“.