Innenpolitik
Karl Nehammer „stolz und dankbar“: 100 Prozent der Delegierten für neuen VP-Parteiobmann
In einer engagierten, teils von prägenden Erlebnissen unterlegten Rede nannte Bundeskanzler Karl Nehammer die Herausforderungen Österreichs, die Projekte seiner Regierung und Leitlinien für die Politik der Volkspartei. Die Leitbegriffe waren Sicherheit, Veränderung und Entlastung. Der Applaus und die Wahl beim ÖVP-Bundesparteitag in Graz bestätigten seine Positionen: Karl Nehammer wurde mit 100 % der 524 Delegiertenstimmen zum Bundesparteiobmann gewählt.
Pandemie und Krieg ändern Weltlage
Zu den von außen kommenden Herausforderungen zählten – neben anderen – die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Klimawandel, jeweils mit ihren Folgen. Dazu kämen erforderliche Reformen, etwa im Sozialwesen und in der Bildung sowie Maßnahmen gegen die Teuerung und für eine Entlastung.
Die Regierung arbeite aufgrund der Geschehnisse zwar ständig im Modus der Krisenbewältigung, sie erledige ihre Aufgaben und die erforderlichen Arbeiten und Reformen.
Wirtschaft stabilisiert
In der Bekämpfung der Pandemie sei das Menschenmögliche geleistet worden, so Nehammer. Rund 42 Milliarden Euro seien für Unternehmen und für Arbeitnehmer aufgewendet worden, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Arbeitsplätze zu sichern. Die unentgeltlich angebotenen Tests und Impfungen seien ein als selbstverständlich wahrgenommenes Angebot.
Alles für Waffenstillstand
Als absolut richtig rief Nehammer nochmals seinen Besuch in der von Russland angegriffenen Ukraine in Erinnerung. Als er in Butscha am Rande eines Massengrabes für Opfer russischer Raketeneinschläge gestanden sei und mit einer der Mütter gesprochen habe, sei dies für ein prägendes Erlebnis gewesen, sagte Nehammer zu den Delegierten: „Dann spürst Du, alles ist richtig, was zu einem Waffenstillstand führt. Alles ist besser, als man tut nichts und schaut nur zu.“ – Einmal mehr applaudierte der Parteitag.
Er werde daher weiterhin Position beziehen, bekräftigte Nehammer: „Österreich ist militärisch neutral, aber wir haben eine Meinung und dürfen sie sagen: Wir werden den Völkerrechtsbruch benennen.“ In diesem Krieg müsse es zu Gesprächen kommen, „es braucht einen Waffenstillstand“.
Ja zu Nachbarschaftshilfe
Österreich werde für die Ukraine und für die Vertriebenen aus der Ukraine weiterhin aktiv Nachbarschaftshilfe leiste. So wie in den Jahren 1956 und 1968, als russische Panzer zuerst in Ungarn einrollten und dann in der – damaligen – Tschechoslowakei.
Maßnahmen gegen illegale Migration
Allerdings werde er in der EU weiterhin auf Maßnahmen gegen die illegale Migration drängen, sagte Nehammer, denn diese sei von den Vertreibungen zu unterscheiden. Es sei für Österreich nicht zumutbar – und rechtswidrig – wenn Asylwerber aus Drittstaaten ihren ersten Asylantrag hier stellen. Eine Person, die so nach Österreich gelange, habe zuerst die EU-Außengrenze überquert und dann einen, eher zwei EU-Staaten durchquert, ehe sie nach Österreich gelange.
Mehr Mittel für das Bundesheer
Zum Thema Sicherheit bekräftigte Nehammer den Beschluss der Bundesregierung, für das Bundesheer mehr Mittel aufzuwenden. Diese Entscheidung sei für den grünen Koalitionspartner „ein Paradigmenswechsel“. Im Nationalen Sicherheitsrat sei mit allen Parlamentsparteien einstimmig beschlossen worden, dem Heer mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
Agenden neu geordnet
Vor dem Hintergrund der personellen Wechsel in der Bundesregierung sei es ihm daher wichtig gewesen, die Agenden einiger Ressorts neu zu ordnen.
Sicherheit in der Ernährung
Das Ressort Landwirtschaft sei jetzt wieder klarer fokussiert, denn, so Nehammer: „Wann, wenn nicht jetzt ist die Sicherheit in der Versorgung mit Lebensmitteln ein wesentliches Thema?“ Damit sei auch die – von der ÖVP stets betonte – Regionalität wieder aktuell.
Vorräte an Gas anlegen
„Mit Hochdruck“ werde an der Gasbevorratung gearbeitet, erläuterte Nehammer. Das sei zwar für die Grünen „eine artfremde Materie“, aber die Problematik sei erkannt worden. Es gelte, Abhängigkeiten zu vermindern, und zwar von Energieformen wie von Energielieferanten.
Im Finanzministerium werde die Digitalisierung ressortmäßig angesiedelt und von einem Staatssekretär Florian Tursky betreut.
Am Arbeitsmarkt werden man sich der paradoxen Stellen, dass die offenen Stellen nicht mit den Qualifikationen der arbeitssuchenden Personen zusammenpassen. Doch Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher arbeite an Lösungen, unterstützt durch die Expertise der Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler.