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70 Jahre Staatsvertrag: Die neutrale Republik feiert ihre Geburtsurkunde

Das Parlament feierte 70 Jahre Staatsvertrag, musikalisch begleitet von den Wiener Sängerknaben. Foto: Thomas Topf

Die Verhandlungen waren äußerst langwierig, doch die Einheit und Freiheit Österreichs konnten gesichert werden: Am 15. Mai 1955 unterzeichneten die Allierten in Wien den Staatsvertrag für Österreich. Die Sieger von 1945 standen 1955 einander im Kalten Krieg gegenüber, haben Österreich jedoch nicht – wie Deutschland – aufgeteilt. Das Parlament gedachte würdig der Geburtsstunde des heutigen souveränen Österreich. Das sei bedeutsam für die Zukunft, sagte ÖPVP-Klubobmann August Wöginger beim Festakt.

 

Staatsvertrag bleibt lebendiges Bekenntnis

„Wer die Geschichte nicht kennt, kann die Zukunft nicht gestalten“, sagte Wöginger in der Runde der Klubobmänner der fünf Parlamentsfraktionen. Der Staatsvertrag von 1955 „hat auch heute noch Bedeutung für das politische Handeln“, bekräftigte Wöginger: „Der Staatsvertrag ist kein Relikt der Vergangenheit sondern ein lebendiges Bekenntnis zu Österreichs Identität und Unabhängigkeit“. Erst dadurch wurde Österreich zu einem souveränen Staat der Demokratie, der Neutralität und der Menschenrechte.

August Wöginger: Staatsvertrag als lebendiges Bekenntnis zu Identität und Unabhängigkeit Österreichs.

August Wöginger: Staatsvertrag als lebendiges Bekenntnis zu Identität und Unabhängigkeit.

Wie alle Rednerinnen und Redner des Festaktes am heurigen 15. Mai sprach auch Wöginger „mit großem Respekt“ von den Persönlichkeiten der Nachkriegszeit: Die Verhandlungen hätten letztlich neun Jahre gedauert und „leicht war’s nicht“: Daher sollte die Erinnerung daran gepflegt werden. Dabei votierte Wöginger für einen weiterhin lebendigen Parlamentarismus. Das Parlament ist der Austragungsort für die Debatte politischer Ideen, damit den besten davon zum Durchbruch verholfen werde: „Ich bin stolz, dass es diesen Diskurs gibt“.

 

Nationalratspräsidium eröffnete Gedenken

Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, Zweiter Nationalratspräsident Peter Haubner und Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures erinnerten in ihren Eröffnungsworten an den langen Weg zum Staatsvertrag und die Leistung der damaligen Politiker. Der ehemalige Bundespräsident und Nationalratspräsident Heinz Fischer und der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol schilderten ihre persönlichen Erinnerungen an den Mai 1955. Anschließend debattierten die fünf Klubobleute Inhalt und aktuelle Bedeutung der wesentlichen Bestimmungen zu Unabhängigkeit, Demokratie, Neutralität und Menschenrechten, namentlich den Minderheitenschutz, und die Entnazifizierung.

Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs begeisterten Andreas Khol.

Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs begeisterten Andreas Khol.

Begeisterung über „Österreich ist frei“

Klar wurde auch, warum die Wort des damaligen Außenministers Leopold Figl, „Österreich ist frei“ auf enorme und anhaltende Begeisterung trafen: Die Alliierten konnten teils einzeln, teils gemeinsam jeglichen Beschluss des Parlaments und der Regierung beeinspruchen oder aufheben. Zeitungen unterlagen der Aufsicht, Artikel unterlagen der Zensur. Alles bis zur Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 und dem bis 25. Oktober 1955 abgeschlossenen Abzug der Truppen der vier Siegermächte aus Österreich, der in der Bevölkerung große Erleichterung auslöste.