Europa- & Aussenpolitik

Berliner strafen Scholz & Co ab, CDU gewinnt

Das Berliner Rathaus verliert an rotem Glanz. Die CDU geht mit plus 10 Prozent als Wahlsieger der Berliner Wahl hervor und stellt den Führungsanspruch. Foto: istock/cbies

Die Berlinerinnen und Berliner waren am Sonntag zu den Wahlurnen aufgerufen. Das Ergebnis brachte für die rot-grün-linke Stadtregierung, aber besonders für die Ampelkoalition im Bund, eine herbe Niederlage. Gewinner des Abends ist die CDU.

Die Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses und der Bezirksparlamente musste wiederholt werden, da beim Urnengang im Herbst 2021 derart grobe Unregelmäßigkeiten und Mängel im Wahlablauf festgestellt wurden, dass der Berliner Verfassungsgerichtshof die gesamte Wahl für ungültig erklärte.

 

CDU mit plus 10 Prozent Wahlsieger

SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey regierte in diesem knapp mehr als einem Jahr mit einem linken Bündnis aus SPD, Grüne und den Linken. Alle drei Parteien wurden am Sonntag für ihre Arbeit abgestraft. Der Wahlausgang im Detail: nach Auszählung aller 3.764 Wahlgebiete geht die CDU mit Spitzenkandidat Kai Wegner als klarer Wahlsieger hervor.

Die CDU konnte bei der Wiederholungswahl rund zehn Prozentpunkte zulegen und kommt auf 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent).

Die SPD verliert drei Prozentpunkte und kommt auf  18,4 Prozent (21,4).

Die Grünen kommen mit einem Minus von 0,5 Prozent ebenfalls auf 18,4 Prozent (18,9) und liegen in absoluten Stimmen um nur 105 Stimmen hinter der SPD.

Die in Berlin traditionell starke Linke muss ebenfalls Verluste hinnehmen und verliert 1,9 Prozentpunkte und kommt auf 12,2 Prozent (14,1).

Die AfD konnte 1,1 Prozent zulegen liegt nach dem Wahlsonntag bei 9,1 Prozent der Wählerstimmen (8,0).

Die FDP verlor deutlich und schaffte mit 4,6 Prozent nicht einmal mehr die Fünf-Prozent-Hürde (2021: 7,1).

 

Strafe für Stadt- und Bundesregierung

Das Ergebnis der Berlin-Wahl hat Symbolwirkung. Die Menschen straften mit ihrem klaren Votum nicht nur die regierende Berliner Regierung ab, sondern setzten auch ein deutliches Zeichen an die Bundesregierung und das Bundeskanzleramt in Berlin. Die SPD verliert an Zustimmung, die Grünen auch und die FDP fliegt sogar (schon wieder) aus einem Landesparlament. So kann Kanzler Olaf Scholz auch nicht zur Tagesordnung übergehen. Immerhin hat er im Berliner Wahlkampf Franziska Giffey massiv unterstützt. „Franziska, du bist die Richtige“, meinte Scholz beim Wahlkampfauftakt im Jänner. Das sehen die Berlinerinnen und Berliner spätestens seit Sonntag anders.

Kai Wegner (CDU): Wahlsieger in Berlin. Screenshot F.A.Z. 12.2.2023

CDU stellt Führungsanspruch

Die Wählerinnen und Wähler katapultierten Kai Wegner und die CDU mit einem Stimmenzuwachs von 10 Prozent an die Spitze. Dieser stellte noch am Sonntagabend den Führungsanspruch im (roten) Berliner Rathaus. „Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden“, so der Wahlsieger. Rückendeckung bekommt er von der Bundes-CDU.

Deren Vorsitzender Friedrich Merz meinte auf Twitter: „Der klare Regierungsauftrag für die CDU ist der erste Schritt hin zu unserem Ziel, dass die Bundeshauptstadt besser funktioniert.“ Ob Wegner auch tatsächlich Bürgermeister von Berlin Wird und eine CDU-geführte Regierung anführt ist allerdings offen. Trotz herber Verluste ist immer noch eine Neuauflage des linken Bündnisses möglich, eine Regierung der Verlierer. Sowohl SPD-Spitzenkandidatin Giffey als auch die Grüne Listenerste Bettina Jarasch haben am Wahlabend noch keine Einsicht gezeigt und versuchen mit aller Kraft, den Führungsanspruch zu stellen.

 

FDP mit Auflösungserscheinungen

Nach diesem Wahlabend ist aber nicht nur bei SPD und Grüne Katerstimmung angesagt, sondern besonders bei der FDP. Der liberale Koalitionspartner im Bund flog in Berlin aus dem Landesparlament. Das ist nun die vierte Landtagswahl, seit Bestehen der Ampel-Koalition, wo die liberale FDP Stimmenverluste und Niederlagen hinnehmen musste und zum Teil sogar mangels Erreichen der Hürde aus dem Parlament flog (Zur-Sache berichtete). Nach Saarland und Niedersachsen ist nun auch in Berlin die FDP nicht mehr im Landesparlament vertreten. Hier wird mit parteiinternen Debatten in den kommenden Wochen zu rechnen sein. Insbesondere was den Kurs der FDP in der Bundesregierung betrifft. Hier hatte bereits der einflussreiche FDP-Parteivize und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki massive Kritik geübt.

 

Riss in Deutschlands Ampelkoalition wegen Panzer-Lieferung. (Screenshot, ZEIT, 7/2023)

Richtungsstreit in der SPD

Aber auch in der SPD werden früher oder später die Diskussionen an Fahrt gewinnen. Das Panzer-Fiasko ist nur ein Thema, das bei näherer Betrachtung nichts anderes als ein heftiger Richtungsstreit innerhalb der SPD und innerhalb der Koalition ist. Der Kampf lautet: USA-getreue SPD-ler gegen den Russland-freundlichen Flügel der Deutschen Sozialdemokraten. Und die SPD mit Olaf Scholz gerät in Widerspruch zu den aus der Friedensbewegung hervorgegangenen Grünen mit Außenministerin Annalena Baerbok.

Aber auch innenpolitisch steht Scholz immer mehr unter Druck. Die Wirtschaft kommt nicht aus dem Stottern, Unternehmer zeigen sich unzufrieden und generell will sich die Stimmung in der Bevölkerung nicht bessern. Der Wind gegen Scholz und seine Regierung wird auch in den kommenden Wochen und Monaten noch rauer werden.