Berichte
Regierung schließt Lücken in der Sozialhilfe
In der Sozialhilfe werden Lücken für Härtefälle geschlossen. Klubobmann August Wöginger (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) präsentierten einen Initiativantrag der Koalitionsparteien, der am Mittwoch in Nationalrat beschlossen werden soll. Kern der Sache: Regeln werden so geändert, dass einige Bezieher von Sozialhilfe mehr an finanzieller Unterstützung erhalten.
Sozialhilfe als Auffangnetz
Die Sozialhilfe – in einigen Bundesländern noch Mindestsicherung – ist das soziale Auffangnetz für Menschen mit keinem oder sehr geringem Einkommen und ohne eigenes Vermögen. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz aus dem Jahr 2019 hat die Bedingungen neu geregelt. Es legt einen verbindlichen Rahmen für die Bundesländer fest, die die Sozialhilfe jeweils in eigenen Gesetzen regeln. Derzeit beziehen rund 207.000 Menschen in Österreich Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung.
Sozialpolitische Verantwortung wahrnehmen
Die Erfahrungen bei der Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes haben eine Reihe von Problemen gezeigt, die von Armut betroffene Menschen aus der Sozialhilfe teils ganz ausgeschlossen haben. Hier werden aus „sozialpolitischer Verantwortung“, wie Wöginger sagte, Veränderungen vorgenommen: Die Regierungsparteien haben das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz überarbeitet und ermöglichen den Bundesländern mehr Flexibilität.
Im Einzelnen betrifft dies folgend Regeln und Umstände:
- Härtefallklausel: Personen, die bisher vom Bezug von Sozialhilfe ausgeschlossen waren, können Sozialhilfeleistungen erhalten und wieder krankenversichert werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Menschen mit humanitärem Bleiberecht, die ihre Arbeit verloren haben. Schätzungsweise waren bisher über 1.000 Menschen von der Sozialhilfe ausgeschlossen, die nun wieder Sozialhilfe-Leistungen bekommen können.
- Betreute Wohngemeinschaften (zum Beispiel Frauenhäuser, Einrichtungen für obdachlose Menschen oder für Menschen mit Behinderungen) müssen nicht mehr wie ein gemeinsamer Haushalt behandelt werden. Die Bewohner:innen können damit die vollen Leistungen erhalten anstatt wie bisher nur maximal 70 % pro Person. So können z.B von Gewalt betroffene Frauen den vollen Richtsatz von 977,94 Euro erhalten, statt bisher 685,56 Euro oder 440,07.
- Lockerungen für die Einkommensanrechnung:
- Keine Anrechnung des 13. und 14. Monatsbezugs – das ist eine Verbesserung für Menschen, die arbeiten, aber ein so geringes Einkommen haben, dass sie Sozialhilfe bekommen. Für sie bedeutet es eine Erhöhung bis zu 18% ihres Einkommens. Davon profitieren rund 14.000 Menschen.
- Krisenzuwendungen des Bundes– zum Beispiel im Rahmen der Covid-Hilfen – werden automatisch nicht mehr auf die Sozialhilfe angerechnet.
- Es wird sichergestellt, dass das Pflegegeld nicht mehr nur bei der pflegebedürftigen Person, sondern auch bei deren Angehörigen nicht angerechnet wird.
Der entsprechende Initiativantrag wird am Mittwoch (27. April) im Nationalrat eingebracht. Die Änderungen müssen (bezüglich Pflegegeld oder Krisenzuwendungen) bzw. können nach dem Beschluss des Bundesgesetzes in die Landesgesetze übernommen werden. Für die Änderungen oder Anpassung der Landesgesetze ist nach dem Inkrafttreten dieser neuen bundesgesetzlichen Regelung zur Sozialhilfe eine Frist von sechs Monaten vorgesehen.
Sozialpolitische Verantwortung wahrnehmen
Die Bevölkerung soll weiterhin in die Sozialhilfe haben, erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger. „Mit sechs Änderungen im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz kann dieses Vertrauen weiter gestärkt werden“, so Wöginger. Die Bundesregierung habe bereits mit zahlreichen Maßnahmen ihre sozialpolitische Verantwortung wahrgenommen.
Übereinstimmend betonten Rauch und Wöginger, dass die Vollziehung des Sozialhilfe-Gesetzes zu kritischen Rückmeldungen aus den Bundesländern geführt habe. Darauf sei nun reagiert worden. Zudem soll das System der Sozialhilfe über diese Anpassungen hinaus überprüft werden.