Berichte
Maßnahmenpaket gegen Gewalt: Alle Punkte auf einen Blick
Die Bundesregierung hat am Montag nach einem Sicherheitsgipfel ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Gewalt in der Privatsphäre, gegen Frauen und Kinder vorgestellt. Diese Maßnahmen werden zusätzlich zu einem bereits auf 14,6 Millionen Euro aufgestockten Frauenbudget von der Bundesregierung umgesetzt. Zur-Sache.at hat alle Punkte und Maßnahmen auf einen Blick:
„Frauenmorde Spitze eines Eisberges“
Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) erklärt dazu: „Frauenmorde sind die Spitze eines Eisbergs. Gewalt gegen Frauen hat viele Facetten und umfasst auch psychische Gewalt, sexuelle Gewalt, ehrkulturelle Gewalt oder Gewalt im Internet, die letztlich auch bis zum Mord führen können. Es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mit allen Mitteln gegen alle Formen von Gewalt an Frauen und Mädchen anzukämpfen.“
„Am Geld werde es nicht scheitern“
„Gewaltschutz geht uns alle an. Es braucht noch mehr Vernetzung durch die Weiterentwicklung der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen, mehr finanzielle Mittel und einen ständigen Informationsaustausch auf allen Ebenen“, betont der ÖVP-Sicherheitssprecher Abg. Karl Mahrer. Dabei begrüßt Mahrer die von Bundeskanzler Sebastian Kurz im Rahmen einer Pressekonferenz getätigte Zusage, dass es beim Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt „am Geld nicht scheitern“ werde.
Maßnahmen
Präventionsbeamte in jeder Polizeiinspektion
In jeder Polizeiinspektion sollen künftig speziell geschulte Polizistinnen als Sicherheitsbeauftragte und Ansprechpartnerinnen für Frauen zur Verfügung stehen. Sie sollen vor allem im Bereich Gewalt und Gewaltschutz zur Verfügung stehen und proaktiv mit den Opferschutzeinrichtungen vernetzt sein. Diese rund 800 Beamtinnen und Beamten verfügen über eine spezifische Ausbildung im Bereich der Gewaltprävention. Die Aufstockung hat bereits begonnen und soll so rasch wie möglich umgesetzt werden.
Runder Tisch zum Thema Gewaltschutz
Auf Initiative von Frauenministerin Raab und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) soll nächste Woche mit Expertinnen und Experten der Gewaltschutzeinrichtungen und den Ministern der zuständigen Ressorts Soziales, Inneres, Frauen und Justiz ein Runder Tisch im Bundeskanzleramt stattfinden, um über die Maßnahmen zu beraten und die Zusammenarbeit zu intensivieren.
Wiedereinführung der proaktiven Datenübermittlung bei Stalkingfällen
Bei Stalkingvorfällen sollen nach einer Anzeige die Opfer proaktiv von Gewaltschutzeinrichtungen kontaktiert werden können. Die notwendige gesetzliche Anpassung soll so rasch wie möglich umgesetzt werden.
Fallkonferenzen verstärken
Seit 1.1.2020 sind die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen gesetzlich verankert. Die Umsetzung soll nun durch entsprechende Dienstanweisungen an die Landespolizeidirektoren in ganz Österreich verstärkt werden.
Motivforschung zu Frauenmorden
Das Frauenministerium und das Bundeskriminalamt geben gemeinsam eine qualitative Untersuchung aller Tötungsdelikte an Frauen in den vergangenen zehn Jahren in Auftrag. Damit sollen wichtige Erkenntnisse über polizeiliche Maßnahmen vor Tötungsdelikten, über die Täter (Staatsbürgerschaft, Herkunft) und über die Motivlage gewonnen werden. Es geht auch darum, festzustellen, welche Rolle das Phänomen der kulturell bedingten Gewalt für die Morde gespielt hat.
Intensivierung der Sensibilisierungskampagne zu Gewalt an Frauen und Mädchen
Bereits während des ersten Lockdowns starteten Frauenministerin Raab und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) eine umfassende Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagne gegen häusliche Gewalt, damit jede Frau weiß, dass sie einen Zufluchtsort hat, wo sie bereits bei den ersten Anzeichen von Gewalt Schutz findet. Diese Informationskampagne gegen Gewalt in der Privatsphäre von Bundeskanzleramt und Innenministerium wird nun intensiviert.
Beweise bestmöglich sichern und Verurteilungswahrscheinlichkeit erhöhen
Beweise in einem Verfahren sollen bestmöglich gesichert und so die Verurteilungswahrscheinlichkeit erhöht werden. Um das zu erreichen, werden u.a. Maßnahmen zur Sicherung von Beweismitteln angeregt. So soll etwa erhoben werden, ob und wann der Beschuldigte bereits früher mit Vorfällen familiärer Gewalt im Zusammenhang stand bzw. ob gegen diesen bereits ältere Anzeigen vorliegen. Dabei sollen auch allfällige Informationen von Opferschutzeinrichtungen herangezogen und erhoben werden, ob es schon im Vorfeld Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen gegeben hat und ob bzw. wie diese befolgt worden sind.
Möglichst schonender Umgang mit den betroffenen Frauen
Forcierung der kontradiktorischen Einvernahme in der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungstätigkeit. Bei einer solchen wird die Einvernahme der Betroffenen vor der Verhandlung per Video aufgezeichnet. Dadurch kann ein Zusammentreffen der Betroffenen und des Beschuldigten bei Gericht vermieden werden.
Stärkung der psychosozialen Prozessbegleitung
Staatsanwaltschaften werden noch gezielter auf die Möglichkeit zur psychosozialen Prozessbegleitung hinweisen um diese zu weiter zu forcieren.
Checklist für den staatsanwaltschaftlichen Journaldienst
Eine Checklist für die Behandlung von Fällen häuslicher Gewalt im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Journaldienstes wird den Staatsanwält*innen die strukturierte und vollständige Sachverhaltserhebung bei dringenden Fällen erleichtern.
Qualitative Evaluierung der Frauenmorde seit 2016
Um genauer zu erheben, unter welchen Umständen die Femizide der letzten Jahre begangen wurden und welche Informationen die Justiz vor der Tat erhalten hat, wird nun eine qualitative Evaluierung durchgeführt. Diese wird den Zeitraum seit 2016 erheben.
Stärkere Berücksichtigung des Themas „Gewalt gegen Frauen“ bei Ausbildung der RichterInnen und StaatsanwältInnen
Angehende RichterInnen und StaatsanwältInnen machen im Rahmen ihrer Ausbildung eine Schulung bei Opferschutz- oder Fürsorgeeinrichtungen. Sie können dort auch über geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen, Traumatisierung und Täterstrategien lernen. Das Justizministerium wird darüber hinaus prüfen, wie das Aus- und Fortbildungsprogramm noch verbessert werden kann, so sollen in der Ausbildungsverordnung von RichterInnen und StaatsanwältInnen verstärkt Inhalte zur Sensibilisierung für Gewalt gegen Gewalt und häusliche Gewalt verankert werden.